StasiPolka (German Edition)
Freiberuflern überschüssiges Schwarzgeld abzuknöpfen. Er parkte um die Ecke und beobachtete den Eingang. Niemand nahm von dem feuerroten Mitsubishi Notiz, den er in Miami gemietet hatte. Es war noch früher Vormittag. Leute kamen und gingen, normales Straßendurcheinander, Geschäftsdress aber auch Freizeithemden über kurzen Hosen. Er machte sich auf den Weg, um den Hyänen einen Köder hin zu werfen.
Der Wächter in der Eingangshalle trug eine Waffe, beachtete Vincent aber nicht weiter, als er zu den Aufzügen ging. Ein mattes Messingschild listete die Mieter auf – Anwaltskanzle ien, Werbeagenturen, Grundstücksmakler, Ärzte. Clayton besetzte die beiden oberen Etagen. Der Aufzug fuhr nur in den siebten Stock, der achte war von der Halle aus nicht erreichbar.
Ein undefinierbarer Duft stieg ihm in die Nase, als sich die Aufzugtür öffnete. Luftverbesserer kombiniert mit Klimaanlage. Den fensterlosen Empfangsraum hatte o ffenbar ein Designer mit einer Schwäche für Plüschdiscos und gehobene Kaufhausantike eingerichtet. Dunkelroter Teppich, holzgetäfelte Wände, Kopien englischer Jagdstiche und Messingleuchter mit elektrischen Tropfkerzen. Vincent ging auf die beiden Frauen zu, die schräg hintereinander an blanken Empireschreibtischen saßen und ihn wachsam musterten.
Wie so oft bei Firmen mit Kundenbetrieb war das Vorzimmer mit Drache und Jungfrau besetzt. Am vorderen Tisch thronte eine breitschultrige Fünfzigjährige. Kurz geschnittenes Silberhaar, dunkelblauer Blazer, hochgeschlossene weiße Bluse mit Ste hkragen. Die Wärme in ihrem Blick hätte einen ausgewachsenen Alligator in die Flucht geschlagen. Schlagstock und Revolver lagen sicher griffbereit in ihrer Schublade. Vielleicht verstärkte sie samstags als Linebacker die Miami Dolphins.
Schräg hinter der Alten lächelte ihn der Traum jedes Mannes jenseits der Fün fzig an, vorausgesetzt, er hatte kein Vorurteil gegen Silikon. Eine der auswechselbaren Blondinen, wie man sie auf Titelseiten von Fernsehmagazinen findet. Weiß der Himmel, wie die Redakteure die Bräute noch auseinander hielten. Bei dieser hier waren alle Details perfekte Arbeit – Nase, Schmollmund und Busen Sicherlich hatte sie dazu einen wohl geformten Hintern, trug kurze Röcke und hohe Absätze.
Vincent ging auf den Drachen zu und räusperte mich. „Ich komme unangeme ldet vorbei.“ Ein schüchterner, unsicherer Europäer.
„Ich bin Rose Morris. Gibt’s etwas, das wir für Sie tun können?“
„Ich würd´ gern mit Simon Peters sprechen“, sagte Vincent mit deutschem Akzent. „Vorgestern rief mich ein Bekannter aus Brüssel an und bat mich, ihm was auszurichten.“ Klang das umständlich genug?
„Mister Peters ist auf Reisen.“ Dass er Brüssel erwähnte, lockte sie nicht aus der Rese rve. „Sie können eine Nachricht für ihn hinterlassen.“
„Ich weiß nicht, ob ich das tun sollte“, zierte Vincent sich. „Offenbar geht es um eine delikate finanzielle Transaktion, ziemlich viel Geld, wie mir scheint. Besser ich spreche zunächst noch mal mit Walter.“ Vincent betete ihr schon den zweiten Namen vor; wann biss sie endlich an?
„Walter? Welcher Walter?“ Na endlich. „Und wer sind Sie?“ Ihr Ton wurde schärfer. Vincent war sich nicht sicher, ob die Alte ihm den Ausländertrottel abnahm, sie war aber jetzt neugierig.
„Walter Graham. Verzeihung, ich meine, mein Bekannter aus Brüssel heißt Wa lter Graham. Er ist ebenfalls auf Reisen, hält aber mit mir Kontakt.“ Die Blonde stand unvermittelt auf und verschwand hinter einer Tür. Zweifellos hörte jemand mit und hatte aufs Knöpfchen gedrückt. Mal sehen, wie sie es anstellten, ihm jetzt die Würmer aus der Nase zu ziehen.
„Ich geh dann besser“, sagte Vincent, „wenn Walter wieder anruft, frag ich ihn, was er meint. Vielleicht meldet sich Simon Peters ja zwischendurch mal. Ich hab ein Zimmer im Pier 66, unten am Wasser.“
„Sie haben noch nicht gesagt, wer Sie sind.“ Die Alte war aufgeschreckt, hielt einen Stift in der Hand.
„Felix Hausser.“ Das würde die Leute in den Hinterzimmern endgültig aus den Löchern locken, es sei denn, Peters war ein Einzelkämpfer. Vincent wandte sich zur Aufzugtür.
„Vielleicht haben Sie noch einen Augenblick Zeit?“ Die Stimme der Blonden klang leicht blechern, wie bei einer Halbwüchsigen. Er drehte sich wieder um.
Sie posierte, die Hüfte am Schreibtisch, eine Hand aufgestützt, die andere wies auf e inen Mann, der lächelnd auf Vincent
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