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StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
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Am Anfang bäumt sie sich auf, die Füße zucken, man hört, wie sie versucht mit ihrem zu geklebten Mund zu schreien, schließlich liegt sie still. Dieser Hurensohn hat da gesessen und in der Financial Times geblättert während sie um ihr Leben kämpfte.“ Er geriet wieder aus der Fassung.
    „Was sagt die Polizei?“
    „Sie wollten natürlich zuerst wissen, ob ich den Kerl kenne. Woher sollte ich?“
    „Was glauben Sie, wo er her kam?“
    „Keine Ahnung. Sheila hat recht gehabt. Die paar Sätze von ihm klangen auch für mich nach Ausland. Nur so ein Gefühl. Auf jeden Fall war er kein typischer Killer.“
    Vincent fragte sich, woran man einen typischen Killer erkannte.
    „Irgendwann hat er die Zeitung zur Seite gelegt und nach Sheila geschaut“, sagte Tire. „Wahrscheinlich wollte er überprüfen, wie´s ihr ging. Als er feststellte, dass sie tot war, ist er in Null Komma Nix abgehauen. Panik, wenn Sie mich fragen. Ist alles auf dem Film.“
    „Genug Material für die Polizei also.“
    „Die Fahndung ist schon raus. Porträt, Fingerabdrücke, alles. Der Kerl hat nicht mal Handschuhe getragen.“
    „Sie haben Glück gehabt, Tire.“
    „Ich weiß. Und Sheila hatte verdammtes Pech.“ Es klang resigniert. „Sie kam aus ´ner Polizistenfamilie. Ihr alter Herr war stocksauer, dass sie ständig mit mir zusammen hing. Hat den Kontakt abgebrochen. Aber ihr hat unser Job Spaß gemacht. Sie war schwer in Ordnung, das können Sie mir glauben.“
    „Wie alt war sie ?“ Besser, Vincent ließ ihn den Nachruf zu Ende bringen.
    „Neunundzwanzig. Ihr Alter wollte, dass sie auch zur Polizei geht. Hat aber nicht geklappt. In ihrer Jugend war sie ein ziemlich wildes Mädchen. Immer die fa lschen Jungens, auf die sie abfuhr. Dann hatte sie irgendwann die große Krise, und dann kam ich.“ Seine Stimme wurde lebhafter. „Wir waren ein Team, Mann. Sie hätten sie sehen müssen, wenn wir einen geilen alten Bock fest nagelten, der mit Firmengeld für seine Weiber um sich schmiss. Ich hab ihr zugesehen, wie sie diese Typen nach allen Regeln der Kunst fertig machte; anschließend wollte sie Champagner.“
    Das reichte. Sheila hatte es also den Männern zurückgezahlt. „Sie haben ein K opie des Films“, fragte Vincent.
    „Auf meiner Festplatte. Ich kann alles auf eine Scheibe brennen, wenn Sie wo llen.“
    „Später. Ich bin ein paar Tage unterwegs. Faxen Sie mir nur ein Foto des Kerls.“ Vi ncent gab ihm die Nummer.
    „Mach´ ich“, Tire zögerte. „Ich hätt´ auf Sie hören sollen.“
    „Hinterher weiß man es immer besser“, was sollte Vincent schon sagen. Seine dummen Sprüche machten Sheila nicht wieder lebendig. „Früher oder später kriegen wir den Kerl, der hinter allem steckt. Wenn ich zurück bin, sehen wir weiter.“
    „Ist gut.“ Tire legte auf.
    Vincent stieg aus dem Bett, stiefelte hinunter ins Büro und zog Tires Fax aus dem Apparat. Das Foto zeigte einen schlanken  Mann, etwa Mitte dreißig, Business Dress, glattes schwarzes Haar, faltiges Gesicht. Ein Typ, dem es egal ist, ob jemand bei einem Job drauf geht. Völlig unbekannt. Es würde interessant sein, später seine Stimme zu hören. Vielleicht gab sein Englischakzent was her. Vielleicht sollte sich auch Baranowski bei Gelegenheit das Bild mal ansehen.
    Am Ende doch ein t rauriger Abend. Er ging schlafen.

28
     
    In Florida hatte er sich zum ersten Mal in den Achtzigern herum getrieben. D amals ging ihm Fort Lauderdale mit seiner klinischen Fleckenlosigkeit schnell auf den Nerv. Heute wirkte die Stadt billiger, aber die Enklaven der Reichen unten am Las Olas waren noch genau so gepflegt und keimfrei wie früher. Er vermisste nur die agilen Großmütter, die damals bizarr frisiert in riesigen amerikanischen Cabrios durch die menschenleeren Villenviertel kreuzten. Inzwischen waren die alten Frauen glattwangig und blond, ihre offenen Autos handlich und europäisch, und ihre Marotte, die Haare hellblau, violett oder rosa zu färben, hatten jüngere Leute übernommen.
    Clayton Globalbrokers steckten in einem glasverspiegelten achtstöckigen Klotz nördlich des Broward. Vincent fuhr einmal um den Block und sah sich um. Hinter dem Gebäude ein a sphaltierter Parkplatz. Zwei Dutzend Fahrzeuge. Bis auf drei oder vier teure Schlitten nur gängiges Mittelklasseblech. Ansonsten ein wenig Grün ums Haus, Oleander und die üblichen vier Palmen entlang des Gehsteigs. Ziemlich hausbacken das Ganze, nicht unbedingt der Sitz einer Firma, die darauf aus ist,

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