Staub Im Paradies
Vater der Familie Uruthiramoorthy schmorte weiter in Untersuchungshaft. Letzteres war Grets Ansicht nach gänzlich umsonst. Sie war sich sicher, dass der Mann von nichts wusste, was den Mord betraf. Und die traurige Geschichte der geplanten Zwangsheirat, beziehungsweise deren Verhinderung mit Bestechungsdollars, hatte Tochter Janani längst für ihn gestanden.
Fred Staub war heute Morgen zu der Familie des Ermordeten gefahren – vielleicht kam wenigstens er endlich an neue Informationen. Denn es wurde allmählich Zeit, dass sie einen Durchbruch erzielten.
Staub lernt zu lügen
Die Schritte kommen näher. Dem Hall nach zu urteilen, der sich an den Wänden bricht, ist ein ganzes Bataillon auf dem Weg zu uns.
Mir ist äußerst unwohl, auch wenn ich zu wissen glaube, wer da nächstens um die Ecke kommt.
Und richtig: Müller ist es tatsächlich nicht, stelle ich selbstzufrieden fest, als die erste Person in mein Blickfeld gerät. Allerdings handelt es sich auch nicht um Hugentobler, wie ich vermutet habe. Stattdessen schreitet uns der ordenbehängte General Premadasa mit einem halben Dutzend Soldaten entgegen, die sich sofort an der Tür aufbauen und grimmig in eine unbestimmte Ferne blicken.
Auch Premadasa schaut stur an uns vorbei und stolziert stirnrunzelnd von einer Ecke in die andere. Ab und zu schnaubt er angewidert auf wie ein Pony, dem das Gemüse nicht schmeckt, das man ihm zu essen gibt.
»Guten Tag, was liegt denn an?«, versuche ich, dem Theater ein Ende zu machen.
Der General baut sich sofort direkt vor mir auf. Seine Mütze reicht mir nur knapp bis zum Halsansatz, weswegen er sich ein Stück zurücklehnen muss, um mir besser ins Gesicht starren zu können.
»Was habe ich Ihnen gesagt?«, schnauzt er mich in enormer Lautstärke an.
Ich beschließe, mir vorerst jeglichen Kommentar zu verkneifen. Zumindest so lange, bis mir einer einfällt.
»Sie sollen Ihre schmutzigen imperialistischen Finger von der Sache lassen!«, schreit er weiter. »Nur ein bisschen Respekt vor unserem Land, ist das denn zu viel verlangt? Wofür halten Sie sich eigentlich?«
Ich blicke unbeteiligt an ihm vorbei auf die Vitrine mit den Gewehren.
»Und ihr zwei!«, wendet er sich wutschnaubend an Verasinghe und dessen hinkenden Helfer. »Was fällt euch denn eigentlich ein? Ihr Dorftrottel seid ab sofort eurer Ämter enthoben! Normalerweise sollte man euch standrechtlich erschießen lassen!«
Auch die Kollegen ziehen es vor, das Gewitter widerstandslos über sich ergehen zu lassen.
»Was glaubt ihr, wer ihr seid?«, pfeift der General sie weiter an. »Lakaien im Dienste eines ausländischen Polizisten, der offensichtlich nicht mehr ganz bei Sinnen ist!«
Verasinghe und sein Kollege blicken schuldbewusst zu Boden.
»Landesverräter!«, tobt der General weiter, während er sich zu seinen Leuten umdreht. »Führt die beiden ab, mit denen befasse ich mich später.«
Zwei der Soldaten treten entschlossen vor und schubsen Verasinghe und Kollege Steifbein unsanft in Richtung Tür.
»Ich bitte Sie!«, versuche ich einzuschreiten.
Aber Premadasa brüllt, ich solle die Klappe halten und mich nicht von der Stelle rühren.
Hilflos muss ich mit ansehen, wie meine sri-lankischen Kollegen aus der Kammer eskortiert werden. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um sie. Wird in diesem Land eigentlich gefoltert? Gelesen habe ich so etwas nirgends, aber was heißt das schon? Ich müsste Tschaggat fragen. Oder Adrienne, die wüsste das sicher.
Jetzt drückt sich auch noch Müller an den verbliebenen Soldaten vorbei in die Waffenkammer. Er betrachtet mich mit einem Ausdruck der Verzweiflung.
»Sie müssen die Sache auf sich beruhen lassen, lieber Staub!«, sagt er in fast flehendem Tonfall. »Glauben Sie mir, bitte! Sie wissen nicht, worauf Sie sich einlassen.«
»Ich will, dass meine beiden Kollegen umgehend freigelassen werden und wir drei zusammen sicher zurückfahren können«, entgegne ich störrisch.
Müller schüttelt nur verständnislos den Kopf.
»Ich könnte Sie wegen Spionage ins Gefängnis werfen lassen«, schäumt Premadasa. »Oder des Landes verweisen!«
Fast hätte ich gesagt, dass ich dieses beschissene Land ohnehin bis obenhin satt hätte. Aber ich kann es mir zum Glück verkneifen und versuche es stattdessen mit einem Appell an seine Vernunft.
»Sie müssen verstehen, dass es mich beschäftigt, wenn ein Freund meiner Tochter auf offener Straße erschossen wird.«
»Nonsens!«, schnaubt er. »Ich habe Ihnen doch erklärt,
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