Staub zu Staub
Seine Worte waren leise, kaum zu verstehen. „Mehr als meinen Herrn. Und sie … sie hat sich für das Richtige entschieden.“
Ein Luftzug ließ Mirjam erzittern. Gib ihn auf. Es ist sinnlos, er wird dir niemals gehören. Nur seinem Schöpfer. Und Maria.
„Verstehe.“ Auf unsicheren Beinen erhob sie sich. Ihre Stimme bebte verräterisch. „Es ist schon spät. Ich muss ins Bett.“
„Warte.“ Er stand auf. „Ich hätte das nicht sagen dürfen. Verzeih mir.“
„Es war zumindest die Wahrheit.“ Sie wandte sich zur Tür. „Gute Nacht.“
„Geh nicht.“ Seine Hände legten sich um ihre Schultern. „Bitte, lass mich jetzt nicht allein.“
Er roch nach Blut.
Kapitel 25
Mirjam wachte auf, weil sie fror, und tastete mit geschlossenen Augen nach der Decke. Ihre Hand glitt über das kalte Laken und erreichte den Rand des Bettes. Na toll.
Über der Stuhllehne hing ordentlich zusammengefaltet Max’ Kleidung, auch wenn der Stoff an mehreren Stellen zerrissen und blutgetränkt war. Auf der Sitzfläche lagen die Wechselsachen. Ihre eigenen Klamotten entdeckte sie in einem Klumpen auf dem Boden, teilweise unter das Bett geschoben. Sie musste schleu-nigst ordentlicher werden, wenn sie länger mit Max zusammenbleiben wollte. Wo war er eigentlich? Schemenhaft erinnerte sie sich daran, die Nacht über in seinem Zimmer geblieben zu sein.
Auf der anderen Seite entdeckte sie Max auf dem Boden mit der Decke kuscheln. Sein Haar war zerzaust, das Gesicht wirkte friedlich und ausgeruht.
Mirjam kitzelte sein Ohr. „Bequem da unten?“ Er murmelte etwas und schob sich die Decke über den Kopf. Mirjam lachte und rüttelte an seiner Schulter. Verschlafen lugte er hervor. Der Teppich hatte auf seiner Wange Spuren hinterlassen.
„Du hast mich aus dem Bett geschubst.“
„Du hast meine Decke geklaut.“
„Genau genommen ist das meine Decke. Ich habe dir übrigens das Kissen dagelassen.“
„Oh, der Herr ist heute richtig gnädig.“
„Ein Engel eben.“
Keine Spur von der gestrigen Stimmung. Mirjam fragte sich, ob er die Krise wirklich überwunden hatte oder verdrängte, um ihr nicht den Tag zu verderben. Sie sah ihm in die Augen, um seine Nähe zu erlangen, sich in ihn einzufühlen, wie in diesen kurzen Momenten zuvor. Es gelang ihr nicht. Sie reckte sich und schob die Beine über die Bettkante.
„Ich muss in mein Zimmer.“
Ihr Blick schweifte zur Uhr auf der Kommode. Halb Eins.
Max zog sie zu sich auf den Boden.
„Hey, lass mich los!“ Spielerisch trommelte sie gegen seine Brust, bis sie sich an seine Schussverletzung erinnerte. Mit den Fingern fuhr sie über die rötliche Narbe. In ein paar Tagen würde vermutlich auch dieses Mal verschwunden sein.
Max drückte sie fester an sich. „Was kriege ich dafür, wenn ich dich loslasse?“
„Das ist aber ganz und gar nicht die feine engelsche Art.“
„Die Menschen haben mich verdorben.“
Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. „So, das soll erst mal reichen. Jetzt gehe ich mich in Ordnung bringen und dann stürzen wir uns zusammen auf die geheimnisvolle Schrift von RaMChaL. Bist du in einer Stunde auch so weit? Dann kannst du in mein Zimmer kommen.“
„Okay.“ Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Sie hauchte ihm einen weiteren Kuss, diesmal auf die Lippen, zog schnell ihre Kleidung über und huschte in den Flur. An ihrer Klinke hing das Schildchen ‚Bitte nicht stören’. Wie seltsam. Mirjam riss die Pappe herunter und stieß die Tür auf. Nach zwei Schritten blieb sie abrupt stehen.
Vom Bett drang ein rhythmisches Schnaufen zu ihr, das Gestell quietschte und schwankte vor und zurück.
„Was ist denn hier los?“
Das Quietschen brach ab. Daniels rotes Gesicht linste unter der Decke hervor. Er rutschte zur Seite und fiel aus dem Bett. Dabei zog er die Decke mit sich und Kristins nackter Leib kam zum Vorschein. Sie kauerte sich zusammen und versuchte, ihre Blöße mit den Händen zu bedecken.
„Mirjam, ich kann das erklären.“
„In meinem Zimmer! In meinem Bett! Mit … mit … wie konntest du nur?“
„Wir sind gestern einfach hier geblieben. Und was ist schon dabei? Er ist ja nicht minderjährig.“
Daniel klammerte sich an die Decke, atmete schwer und hustete. „Wir hätten es nicht hier tun dürfen.“
„Halt den Mund“, fauchte Mirjam ihn an. „Max hat dich gestern wohl nicht so stark verprügelt, wie du vorgespielt hast. Sonst hättest du jetzt keine Bettakrobatik betreiben können.“
Kristins grüne
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