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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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wenn Sie sich irren?“
    Schöbel lächelte und schüttelte seinen blonden Schopf. „Ich bin zwar erst seit einem Jahr in der Kriminalabteilung, aber einen guten Instinkt habe ich trotzdem.“
    Aus dem Werkzeugkasten holte er einen Cutter und schnitt das Klebeband um ihre Handgelenke durch. Sofort schubste die Frau ihn mit ganzer Kraft. Er taumelte und packte sie an den Unterarmen, aber sie gab nicht auf. Es gelang ihr, sich von seinem Griff zu befreien und ihm mit einem blitzschnellen Hieb die Wange aufzukratzen. Die Zigarette fiel auf ihr Gesicht und rollte von der Wange ins Gras. Unbeeindruckt drückte Schöbel ihre Hände nach unten und wickelte das Klebeband um ihre Handgelenke.
    Tilse fragte sich, wozu die ganze Aktion gut war, als Schöbel sich aufrichtete und mit den Fingern über die roten Striemen an seiner Wange fuhr.
    „Mistweib. Ist genau wie ihre lausige Katze.“ Er krempelte seine Ärmel hoch und präsentierte die Kratzspuren. „Ich habe das blöde Vieh im Waschbecken ertränkt.“ Er deutete mit dem Kinn zu der Frau, die zitternd vor ihm lag. „Mitdiesem werde ich auch noch fertig.“ Aus dem Werkzeugkasten zog er eine kleine Spitzzange hervor und bewegte sie einige Male auseinander und wieder zusammen. Danach beugte er sich über die Frau, als wolle er ihr etwas sagen, winkte jedoch ab und blickte zu Tilse. „Wenn ich sie jetzt bitten würde, endlich vernünftig zu werden und uns die Nummer zu geben, wird sie eh stur bleiben. Also spar’ ich mir die Mühe.“
    Er umschloss ihren Zeigefinger mit der Faust und setzte die Zange an den Nagel. Die Frau wimmerte und begann schneller zu schnaufen. Erst jetzt begriff Tilse, wozu die Aktion vorher nötig gewesen war. Die Frau wand ihren Oberkörper, versuchte die Hände wegzuzerren, doch ihr Peiniger hielt den Finger fest. Das Klebeband dämpfte ihre Schreie. Der Nagel riss und die Zange hielt nur ein kleines blutiges Stück fest. Schöbel schnitt mit dem Cutter ins Fleisch unter dem Nagel und setzte die Zange erneut an. Blut floss auf seine Hand, er umschloss den Finger fester, der seiner Faust zu entgleiten drohte.
    Tilse floh von der Lichtung. Erst nach mehreren Metern blieb er stehen. Schwer atmend lehnte er sich gegen einen Baum und lauschte. Über ihm raschelten die Kronen und überlagerten andere Geräusche. Er schmiegte sich mit der Wange an die knorrige Rinde. Wie lange er so dastand, wusste er nicht, bis er hinter sich Schritte hörte. Schöbel.
    „Ich habe die Nummer. Es war gar nicht so schwer.“ Er drückte Tilse etwas Warmes und Glitschiges in die Hand. Ein abgeschnittener Zeigefinger ohne Nagel.
    Tilse zuckte vor Ekel zurück. Der Finger fiel auf den Boden und rollte über das Laub zu seinen Füßen.
    Schöbel klopfte ihm auf die Schulter. „Meine Güte, sind Sie heute zimperlich. Na gut, ich fahre Sie gleich zurück.“
    Tilse folgte ihm. Statt direkt zum Auto zu gehen, steuerte Schöbel zurück zur Lichtung. Am Rande blieb Tilse stehen und beobachtete, wie der Mann sich vor sein Opfer kniete. Er wischte ihr über die tränennassen Wangen und leckte sich die Finger ab. „Ich komme bald wieder. Sie werden doch auf mich warten, oder?“ Er knabberte an ihrem Ohrläppchen. „Ich finde ihre Augen so schön, mit diesen kleinen goldenen Sprenkeln. Besonders das rechte.“

Kapitel 27
    Mirjam öffnete die Lider. Verschwommene Schemen wippten vor ihr, wölbten sich, kamen näher und wichen zurück. Sie strengte sich an, bis der Nebelschleier sich etwas klärte. Mit Mühe erkannte sie Kristins Gesicht über ihr. Mirjam wollte sie rufen, brachte aber nur Gestammel zustande, das keinem menschlichen Laut ähnelte. Wo befand sie sich? Was war mit ihr passiert?
    Kristin streichelte ihren Kopf. „Scht, bleib ruhig, okay?“
    Ruhig? Sie sollte ruhig bleiben? Sie konnte sich nicht bewegen, ihre Gliedmaßen lagen da wie Klötze. Sie wollte aufschreien, stattdessen entwich ein undeutliches Geheul ihren Lippen. Würde sie jetzt für immer ans Bett gefesselt sein? Mit wachem Verstand, aber hilflos und nutzlos wie ein Baumstamm, bis ans Ende ihrer Tage? Das war nicht fair! Sie war doch erst zwanzig, sie hatte noch ihr ganzes Leben vor sich!
    Kristins Gesicht begann zu zerfließen. Der Nebel verdichtete sich. Verlor sie auch ihre Sehkraft? Nein! Bitte nicht! Bitte, bitte nicht!
    Wieder entlud sich ein Jammern ihrer Kehle. Kristin drückte ihre Hand. „Süße, du darfst dich jetzt nicht aufregen. Willst du was trinken?“
    Mirjam gelang es nicht, zu

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