Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
Vom Netzwerk:
weiter über das Kreuz gesagt hat. Ich bin mir sicher, da steckt noch mehr dahinter. Weißt du, wo Preschkes Dorf liegt, wo seine Kirche stand?“
    „Irgendwo bei Kiel. Ich kann das herausfinden.“
    „Morgen will ich da hin. Vielleicht erfahre ich dort mehr.“
    Kristin zwängte sich auf den Sitz und holte einen Keks aus der Tasche, den sie vor dem Weggehen noch stibitzt hatte.
    „Morgen Nachmittag habe ich meine Schicht. Dann musst du allein hin.“
    Mirjam nickte. Bevor sie einstieg, sah sie zu den Fenstern im Erdgeschoss. Ob es seine waren? „Ich mache mir Sorgen um ihn.“
    „Darf ich dir einen Rat geben?“ Kristin knusperte den Keks. „Schlag ihn dir aus dem Kopf. Es mag sein, dass er super nett und freundlich ist, aber weißt du, warum ein Star – Star heißt? Weil er Lichtjahre von Normalsterblichen wie uns entfernt ist. Abgesehen von seiner Ruggieri: Einen Kerl, der Don Quixote im Original liest, kriegt man nicht mit schmachtenden Blicken rum. Und schon gar nicht, wenn man ihn wegen seiner Religion anschnauzt.“
    Mirjam presste die Lippen aufeinander. Was sollte dieser Rat bewirken? Als ob sie vorhatte, gleich zu ihm ins Bett zu springen. Mochte seine Ruggieri ihn doch behalten. Sie ließ den Motor an. Er hustete und verstummte nach einigen Um-drehungen. Sie drehte noch einmal am Zündschlüssel, doch der VW hatte spontan beschlossen, den Geist aufzugeben.
    „Ich glaub’s einfach nicht!“ Sie stöhnte und sank über dem Steuer zusammen. Vielleicht war das die Strafe dafür, den schicken Audi verbeult zu haben.

Kapitel 6
    Durch die Gemäuer hörte er die Menschenmassen toben, als hätte sich die gesamte Stadt in ein brüllendes Ungeheuer verwandelt. So waren sie, diese Wesen, nach dem Abbild Gottes erschaffen. Ihre Überheblichkeit hatte sie an den Abgrund geführt und der Freie Wille - heruntergestoßen.
    Er bedauerte sie. Was hatte er nicht alles getan, um sie zu retten. Doch die Menschen hörten seine Worte, ohne sie zu verstehen, und sahen der Wahrheit entgegen, ohne sie zu erkennen.
    Unter den hohen Decken hallten hastige Schritte wider.
    Er wandte sich zum Bogeneingang und sah den Statthalter herbeieilen. Eine weiße Tunika umhüllte den athletischen Körper, darüber eine rot gesäumte Toga. Das kurze, braune Haar glänzte schweißnass. Hinter dem Mann kamen zwei Soldaten, die sich links und rechts an den Stützsäulen postierten.
    „Hörst du denn nicht, wie hart sie dich anklagen?“ Der Statthalter deutete zum Ausgang. „Hörst du das nicht?“
    Ob er das hörte? Der massive Stein vermochte nicht den Tumult aufzuhalten und sogar der Boden bebte darunter.
    „Antworte mir!“ Der Präfekt von Judäa tigerte nervös durch den Saal. Sein Blick irrte über den Keramikboden. „Sprich, was soll ich tun?“
    „Es ist vorbei.“ Er spürte die Verzweiflung des Römers überschlagen. Noch vor wenigen Stunden hatte dieser große Mann ihm Spott entgegen geschleudert:
Bist du der König der Juden?
Welch eine Sinneswandlung. „Ich wurde gesandt, um euch die Erlösung und die letzte Einigung mit dem Ewigen anzubieten. Gehe vor die Tür, wenn du die Antwort darauf hören möchtest. Was kann ich euch noch sagen, was ich nicht schon gesagt habe?“
    Der Mann rieb sich das Gesicht, seine Schritte wurden schneller und er stolperte über seine Tunika, die sich zwischen seinen Beinen schlängelte.
    „Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen?“, rief er und erstreckte die Hände zu den hohen Kassettendecken aus dunklem Holz. „Wie viele Gerechte muss ich versammeln, damit unser Land vom Zorn deines Herrn verschont bleibt?“
    Wie oft hatte er schon diese Frage beantwortet? Er senkte den Kopf. Sein Haar fiel ihm in die Augen und er streifte die Strähnen zurück.
    „Alle Menschen müssen den Einen anerkennen und bereit sein, ihm zu dienen. Dann werden sie gerettet. Alle. Oder keiner.“ Er streckte sein Gesicht den Sonnen-strahlen entgegen, die durch das Fenster hereinströmten. Die Wärme streichelte seine Haut. Er genoss es, auch wenn das Grölen von draußen sein Gemüt trübte. Was hinderte die Menschendaran, sich ihrer Welt zu erfreuen, dieses Lebens und des Freien Willens? Es konnte doch nicht so schwer fallen, dankbar zu sein und zum Besten, zum Glanz seines Herrn zu streben.
    Die Wärme der Sonne füllte ihn aus. Was hätte er getan, würde er wirklich eine Wahl und ein Leben haben? Er erinnerte sich an die Klänge einer Kithara und hatte das Gefühl, als kitzele eine Feder

Weitere Kostenlose Bücher