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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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was Sie über Jonathan wissen müssen.“
    „Und was, wenn er doch der Sohn Gottes ist?“
    „Tja. Dann sollten Sie zu Friedmann gehen. Vielleicht hilft er Ihnen mit Gebeten, Visionen und Wundern.“ Er legte die Hände hinter seinem Rücken zusammen und trat ans Fenster. „Es ist Ihre Entscheidung. Kabbala oder Insulin.“
    Draußen ging einer der Schädel zum Tor und öffnete es weit. Ein dunkelblauer Van fuhr ein. Als der Wagen anhielt, sprang der Beifahrer heraus, schob die Seitentür auf und zerrte aus dem Inneren eine alte Frau, barfüßig und in einen Bademantel gekleidet. Sie sank zu Boden. Der Mann zerrte sie an den Oberarmen hoch und schleifte sie auf das Haus zu.
    Willkommen, Frau Steiner, begrüßte Tilse sie in Gedanken. Hinter sich hörte er Walters herantreten.
    „In Ordnung, ich mach’, was Sie sagen.“ Der Bursche wischte sich die Nase. „Aber erst mal muss ich duschen. Ich stinke, als wäre ich bereits tot. Und ich brauche was zu futtern. Eiweiß- und phosphatarm.“ Er tippte mit dem Finger an die Scheibe, an der er einen verschmierten Abdruck hinterließ. „Wer ist das eigentlich?“
    „Ihre Nachmieterin.“

Kapitel 14
    Am Dienstag, während Mirjam und Frau Wiebke den Frühstückstisch deckten, kam Kristin vom Bäcker. Sie knallte die Eingangstür zu und baute sich mitten im Wohnzimmer auf. Bei dem Anblick ahnte Mirjam, dass ihre Stimmung nicht so verführerisch war wie der Duft der ofenfrischen Brötchen. Das blasse Gesicht, von Sommersprossen übersät, ähnelte eher einer Totenmaske als einem mensch-lichen Ausdruck.
    „Sag mal, wie bescheuert bist du eigentlich?“ Kristins Stimme klang so metallisch wie die, mit der sie gewöhnlich im Pflegeheim herumkommandierte und schüch-terne Söhne verjagte, die ihre Mütter außerhalb der Besuchszeiten sehen wollten. Mirjam stellte die Teller ab. Bei diesem Tonfall fühlte sie sich klein, nahm sich aber zusammen. Nein, vorbei mit der Duckmäuschenhaltung, das musste sie sich nicht bieten lassen.
    „Was ist denn los?“, erwiderte sie so ruhig wie möglich.
    Kristin riss die Hand mit einer zusammengerollten Zeitung hoch, als wolle sie eine Fliege zerquetschen. Die Brötchentüte raschelte.
    „Wie – bescheuert – bist du – eigentlich?“ Mirjam umklammerte das Besteck und starrte auf die Rolle. „Das nennt man Rufmord.“ Kristin schnitt mit der Zeitung durch die Luft. „Ich glaube einfach nicht, dass du das getan hast! Wie viel haben sie dir bezahlt?“
    „Was soll ich denn getan haben?“
    „Aus Max einen drogensüchtigen Psychopaten, der anderen nachstellt.“
    Das Besteck klimperte aus ihrer Hand auf den Tisch. „Aber so habe ich das doch gar nicht gesagt …“
    Kristin warf ihr das Käseblatt zu. „Du hättest überhaupt nichts sagen sollen! Ist es denn so schwer, einfach mal die Klappe zu halten?“
    Mirjam glättete die Zeitung. Von der Titelseite prangte ihr Max’ Foto entgegen, vermutlich beim Verlassen der Justizvollzugsanstalt, mit der fetten Überschrift:
Darf dieser Mann einfach gehen? Die Umstände des Todes werfen noch Rätsel auf
.
    Je weiter sie las, desto verschwommener wurden die Zeilen. Die Buchstaben schienen wie Artisten in einem Flohzirkus zu springen:
Mirjam B. erzählt von der anderen Seite des Geigers … psychische Störungen … Hat er doch in Wut getötet? … ein seltsamer Krampfanfall …
Darunter erfasste ihr Blick einen unterstrichenen Absatz:
Merkmale der Kokain-Überdosierung: erhöhte Atemfrequenz, Aggressivität, zitternde Hände und Krämpfe, Koordinationsstörungen, erhöhte Körpertemperatur
.
    „Woher haben sie von dem Anfall erfahren? Das habe ich gar nicht erzählt!“ Jeder Muskel spannte sich in ihr, als würde jemand eine Saite bis kurz vor dem Reißen aufziehen. „Ich muss mit ihm reden.“
    Kristin zog die Augenbrauen zusammen. „Meinst du im Ernst, nach all dem wird er noch mit dir reden wollen?“
    Im schlimmsten Fall auf Hebräisch, dachte Mirjam und in ihrem Geist sah sie die kaltschwarzen Augen und seine Hand, nach ihr ausgestreckt. Kether. Chochmah. Binah … Vielleicht ist das doch keine gute Idee, piepste das Duckmäuschen in ihr. „Ich werde mit ihm reden“, fauchte Mirjam Kristin und die Pieps-Stimme an, „ob er will oder nicht.“
    „Okay. Wenn du meinst.“ Kristin riss die Tüte auf, schnappte sich ein Brötchen und biss hinein. „Ich fahre dich hin“, nuschelte sie mit vollem Mund und zupfte an ihrem Pullover, um die Krümel abzuschütteln.
    Die Fahrt zur

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