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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Einklang mit sich selbst und der Welt. Bis Sauerstoff mit einem Stoß in sie eindrang.
    Mirjam fand sich neben Max wieder und bevor sie noch einen klaren Gedanken fassen konnte, bäumte er sich in ihren Armen auf und hustete. In schnellen Zügen schnappte er nach Luft, seine Hände begannen zu zitterten und er tastete über das Gras, als suche er Halt. Seine schwarzen Augen wirkten trüb und orientierungslos.
    „Max!“, schrie sie durch die Tränen und lachte. „Du lebst. Du lebst wirklich! Mach so etwas nie wieder, hörst du?“ Stürmisch küsste sie sein Gesicht, drückte ihn an sich. „Baruch ata adonai elohejnu melech haolam, mal’bisch arumim“, flüsterte sie die ersten Zeilen des Morgengebets. Aus tiefster Dankbarkeit und schrecklicher Angst, dass Max ihr wieder genommen werden könnte. „Baruch ata adonai elohejnu melech haolam, matir asurim.“
    Sie fühlte sich schwach vor Glück. Und leicht wie eine Feder, als reiche nur eine Brise, um sie fort zu wehen. So klammerte sie sich noch fester an Max.
    Gepriesen seist du Ewiger unser Gott und König der Welt, der die Gefesselten befreit. Gepriesen seist du Ewiger unser Gott und König der Welt, der die Gebeugten aufrichtet
, wiederholte sie auf Deutsch.
    Max stieß sie von sich, nach Luft ringend. „Wer bist du?“
    Die Worte vereisten ihr Inneres. „Du erinnerst dich nicht?“
    Ein verworrener Blick suchte die Antwort in ihren Augen. „Nein.“
    „Warum?“ Mirjam sah Hilfe suchend zu Kristin. „Was … was ist mit ihm?“
    Kristin, die mit versteinertem Gesicht vor sich hin starrte, blinzelte. „Ich bin kein Arzt, aber da fällt mir eine passende Bezeichnung ein. Amnesie post mortem.“

Kapitel 20
    Mirjam berührte seine Wange, doch er zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Sie zog die Hand zurück. „Keine Angst. Es wird alles gut. Du bist wieder da und es wird alles gut“, redete sie auf ihn ein. Wie konnte sie sich nur für eine Sekunde mit seinem Tod abgefunden haben? Wie konnte sie ihn hier allein gelassen haben? Es kam ihr wie Verrat vor.
    Max versuchte sich aufzurichten, verzerrte das Gesicht und sank zurück auf den Boden. Seine Wunde begann zu bluten. Mirjam presste sein Hemd darauf. Durch knirschende Zähne sog er Luft ein. „Nein, hör auf, bitte! Das tut schon weh genug.“
    Der Typ sank neben ihm auf die Knie und faltete die Hände. „Christus, erbarme dich unser, du bist es wirklich!“ Aus seinen Augen strahlte Hoffnung und das magere Gesicht trug den Hauch von Erleuchtung und unbändiger Freude. Glaubte er tatsächlich, Jesus vor sich zu haben?
    Max rückte ein Stück von ihm fort. „Wer denn, zum Teufel …“ Er stöhnte. Mit zittrigen Fingern rieb er sich die Schläfen. „Es ist alles so durcheinander. So viele Bilder. Das will ich gar nicht wissen. Nein. Nein, das will ich nicht.“
    „Beruhige dich. Es kommt alles wieder. Ganz bestimmt.“ Mirjam zupfte einen Grashalm aus seinem Haar. Am liebsten hätte sie ihn in die Arme geschlossen und nie wieder losgelassen. Aber sein entfremdeter Blick baute eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen. Mirjam setzte sich auf die Fersen und begann zu erzählen, was sie über ihn wusste, welche Spur sie zu ihm geführt hatte und welche Umstände für seinen Gedächtnisverlust verantwortlich waren. Fast glaubte sie zu erkennen, wie ein paar Erinnerungen ein zaghaftes Lächeln auf seine Lippen zauberten.
    „Sind wir eigentlich fest zusammen?“, fragte er auf einmal, während sie ihm von der Unterhaltung mit Helmut Steiner berichtete. In seinen Augen entdeckte sie diesen Ausdruck, den sie von der Schneeinsel kannte: frech und gleichzeitig zärtlich. Mirjam stockte der Atem. Erinnerte er sich auch daran? Vielleicht war es gar kein Traum gewesen?
    „Nun ja.“ Sie wickelte den Grashalm um den Finger. „Ähm. Zusammen? Tja.“
    Er hob die Hand. „Entschuldige. Ich hatte gerade ein seltsames Bild vor Augen. Als hätten du und ich … Nein, vergiss es einfach.“
    Sie wollte ihm widersprechen, kam aber nicht dazu. Kristin zog sie am Arm hoch. „Wir müssen reden“, sagte sie in ihrem Möchtegern-Oberschwester-Ton.
    „Was soll das?“ Mirjam versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch die Finger krallten sich stärker in ihr Fleisch. „Ich kann Max jetzt nicht allein lassen!“ Immer wieder blickte sie zurück, während Kristin sie zu den Scheunen eskortierte.
    „Natürlich kannst du das.“
    „Lass mich los! Siehst du nicht, wie es ihm geht?“
    „Vor ein paar Minuten war er tot.

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