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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Ich würde sagen, es geht ihm wesentlich besser.“ Erst nachdem sie hinter einer Ecke verschwunden waren, ließ Kristin sie los. Mirjam rieb sich die schmerzende Stelle am Oberarm und wollte zurück zu Max, doch die starken Hände stellten sie wie ein unartiges Kind zurück. „Wir müssen reden, jetzt sofort.“ Je forscher Kristins Stimme wurde, desto mehr fühlte Mirjam sich an ihre ersten Wochen im Pflegeheim erinnert, wie sie herumgescheucht wurde. Es fiel ihr schwer, diesen Felsen vor ihr mit dem Bild zu vereinen, wie Kristin heute früh in einem Blümchen-Schlüpfer aus dem Bad gehastet war. „Du weißt selbst, wie viel ich von all dem Religionskram halte. Aber was gerade geschah, beunruhigt mich ein wenig. Das sollte es dich auch.“
    „Du willst ihn lieber tot sehen, was?“
    „Wie kannst du das einfach so hinnehmen? Tote sollen tot bleiben. Punkt.“
    „Ich bin froh, ihn wohlauf zu sehen.“ Trotzig machte Mirjam einen Versuch zu gehen und wurde erneut zurückgehalten.
    „Weißt du noch, was dieser Fernfahrer erzählt hat? Es passt doch alles zusam-men. Vielleicht gehört Ma… er … nicht in unsere Welt? Vielleicht ist er wirklich … der Sohn Gottes?“
    Mirjam ballte die Hände zu Fäusten. „Versuchst du mich zu missionieren? Das ist so was von typisch! Jesus war kein Gott. Höchstens ein Prophet. Und Max ist nicht Jesus. Also lass den Quatsch!“
    „Er ist kein Mensch!“ Auch Kristin hob die Stimme. „Was ist, wenn die anderen doch Recht haben? Wenn er wirklich hier ist, um uns zu vernichten? Immerhin steht das in der Bibel.“
    „Dann los, lauf zu diesem Friedmann. Wenn du ihn lieb bittest, lässt er dich vielleicht ein paar Nägel in Max’ Gelenke schlagen!“ Mirjam kickte einen Erdklumpen an die Wand der Scheune. Er zerbröselte, nicht aber ihre Wut.
    „Mirjam, du kannst doch nicht wissen, wer oder was er wirklich ist.“
    „Ich stehe zu ihm. Und auch du solltest dich entscheiden, auf wessen Seite du bist.“ Sie fuhr herum. Kristin wollte sie aufhalten, doch Mirjam schlug ihre Hände zur Seite und lief zum Auto.
    Der Schlüssel lag noch auf der Erde neben der Fahrertür. Aus dem Wagen nahm sie den Verbandskasten, eine Flasche Wasser, die Frau Wiebke ihnen eingepackt hatte, und den Karton mit Süßigkeiten. Auf dem Weg zurück sah sie Kristin noch immer an der Scheune lehnen und in den dunklen Himmel starren. Worüber grübelte sie? Glaubte sie tatsächlich, Max würde die Welt vernichten? Wollte sie zu Friedmann überlaufen?
    Schwermütig wandte sich Mirjam ab. Dem Typen den Kopf einzuschlagen würde ihr leicht fallen, aber was, wenn Kristin sich ihr in den Weg stellte?
    Max saß im Schneidersitz und befühlte seine Wunde. Seine Finger zitterten stark. Mirjam legte ihm den Karton mit den Süßigkeiten in den Schoß. „Das brauchst du, sonst macht dein Gehirn gleich Feierabend. Erinnerst du dich noch an den Zucker, den du stets mit Kaffee verdünnst?“
    Er schickte ihr ein schwaches Lächeln. Sie lächelte zurück und holte aus dem Verbandskasten Heftpflaster, Schere und Mull. „Lass mich deine Verletzung an-sehen.“
    Behutsam zog sie ihm das zerrissene, blutgetränkte Hemd und das Jackett aus. Die Kugel hatte einen Durchschuss hingelegt, die Eintrittswunde ähnelte einem fast perfekten Kreis, die Austrittsstelle im Schulterblatt wirkte dagegen zerfetzt. Etwas Blut sickerte an die Oberfläche. Mirjam schraubte die Wasserflasche auf, säuberte vorsichtig die Wunde und befestigte den Mull mit dem Heftpflaster.
    Im brennenden Haus krachte es und ein Teil des Reetdaches fiel in sich zusammen. Ein Schwall aus Funken und schwarzem Rauch strebte gen Himmel.
    Der Typ schielte zum Haus. „Leute, ich sage es noch einmal: Wir müssen uns beeilen. Bevor es hier von Feuerwehr und Polizei nur so wimmelt.“
    „Wie heißt du eigentlich?“ Max stand schwankend auf und schlüpfte in sein Jackett. Vom Boden nahm er das Foto, lächelte seiner Mutter zu und verstaute das Bild in der Innentasche. Mirjam verkniff sich die Frage, warum ihn das inter-essierte. In ihren Augen war dieser Kerl niemand, der irgendein Recht besaß, beim Namen genannt zu werden.
    „Ich? Äh - Walters.“
    „Okay, Äh-Walters, hast du auch einen Vornamen, oder konnten deine Eltern sich keinen leisten?“
    Überrascht sah er über den Rand seiner Brille. „Daniel.“ Er zögerte. „Daniel Walters-Friedmann.“ In einer automatischen Geste streckte er seine Hand aus, zog sie aber gleich wieder zurück.
    „Friedmann?“

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