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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Mirjam sprang auf. „Ist das jetzt ein Zufall oder ist der wirklich dein Vater?“
    Er stocherte mit der Schuhspitze in der Erde. „Man sucht sich die Eltern nicht aus.“
    Der Anblick, so wie er zerknirscht dastand, rührte in Mirjam einen Hauch von Mitleid an. Sie erstickte das Gefühl im Keim. „Ich dachte, dieser Friedmann ist ein Priester. Bist du das Ergebnis eines Lochs im Gummi oder wie?“
    „Zölibat verbietet Sex, nicht Kinder. Aber es ist eine lange Geschichte.“
    „Na so was.“ Sie sammelte die Sachen vom Boden auf, stützte Max und führte ihn zum Auto. „Soll ich fahren?“
    „Das wäre in der Tat besser.“
    Während sie die Sachen im Kofferraum verstaute, kam Kristin herbei. Mirjam erwartete, sie würde etwas sagen. Doch Kristin schob sich schweigend auf die Rückbank. Ihr Gesichtsausdruck verriet nicht, was in ihr vorging. Daniel öffnete die Hintertür, doch Mirjam schlug sie wieder zu. „Wer hat gesagt, dass du mit-kommst?“
    Er verzerrte das Gesicht, schüttelte seine Hand aus und steckte sich für einen Moment seinen Zeigefinger in den Mund. „Ich weiß, wir haben uns unter schlechten Umständen kennen gelernt. Aber ich kann euch helfen. Wer sonst wird euch von der Organisation und ihren Plänen erzählen?“
    „Vergiss es! Du willst nur, dass Max dich heilt. Weil du glaubst, er sei dein Jesus.“
    „Ja, und?“ Er richtete seine Brille, die trotzdem schief saß und ihm den Ausdruck eines zerstreuten Studenten verlieh. „Ist das nicht eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?“
    Max musterte ihn einen Augenblick, nickte und setzte sich ins Auto. „Er hat Recht.“
    „Er hat dich erschossen! Schon vergessen?“ Mirjam nahm ihren Platz hinter dem Steuer ein und knallte die Tür zu. Als sie Max ansah, traf sie auf sein Lächeln.
    „Ah, danke. Jetzt fällt es mir wieder ein. Aber er hat sich bei mir entschuldigt.“
    „Verzeihst du alles so schnell, nur weil jemand sagt, es tut ihm Leid?“
    „Mirjam, wenn ich all diejenigen, die mir im Leben etwas Schlechtes angetan haben, auf einem nicht recycelten Papier aufschreiben würde, gäbe es keinen Regenwald mehr.“
    Daniel setzte sich auf die Rückbank. „In 2000 Jahren kommt ja auch was zusammen, he?“ Er fand die Brotdose zwischen sich und Kristin und lugte hinein. „Darf ich? Ich hab so einen Kohldampf.“
    Mirjam legte den Gurt an. „Bedien dich. Ich hoffe, du erstickst daran.“ Sie umschloss den Schaltknüppel und spürte Max’ Hand auf der ihren. Seine Berührung spülte den Gram für den Moment fort.
    „Sei nicht so gehässig. Das steht dir nicht. Und Daniel wird uns gleich ver-sprechen, mich nicht mehr Jesus zu nennen.“
    Mirjam fuhr den holprigen Weg entlang, fort vom Bauernhof. Hinter ihr schmatzte Daniel. Der Geruch von Käse strömte durch den Wagen und rief Übel-keit hervor. Nach dem nächsten Dorf kam ihnen eine heulende Feuerwehr entgegen. Mirjam musste den Audi fast in den Straßengraben lenken, damit der große Wagen an ihnen vorbeikam. Im Rückspiegel sah sie der Feuerwehr nach, bis Daniels Kopf sich in ihr Blickfeld schob.
    „Da sind wir aber rechtzeitig fort, was?“
    „Bist du eigentlich zu Fuß hergekommen?“
    „Mit meinem Motorrad. Ich habe es versteckt.“
    „Ah ja. Na dann los, erzähl uns von dir, deinem Vater und deiner Sekte.“
    „Es ist keine Sekte. Mein Vater war ein evangelischer Pfarrer. Die haben keine Zölibatspflicht. Geheiratet hat er kurz nach seinem Studium, eigentlich weiß ich gar nicht, warum, denn es gab nur eins, das er wirklich liebte.“ Er sah zu Max. „Dich. Den Vater. Und den Heiligen Geist.“
    „Und das nennt sich Monotheismus“, brummte Mirjam.
    „Auf jeden Fall …“, nuschelte Daniel mit vollem Mund, „hat er sich nach Jahren seines Amtes entschlossen, zum Katholizismus zu konvertieren. Er war der Meinung, nur das sei die wahre Religion und setzte sich zum Ziel, alles dafür zu tun, die Kirche wieder an die Spitze ihres früheren Glanzes zu bringen.“
    „Ach, er wollte sofort Papst werden.“
    „Nein. Er wandte sich an den Bischof und der stellte daraufhin den Zölibats-dispensantrag beim Papst. Es hat drei Jahre gedauert, bis der Papst es genehmigte. In der Zeit gründete mein Vater eine Art Orden, der Gläubigen den richtigen Weg weisen sollte. Kurz später bin ich zur Welt gekommen. Auf jeden Fall geriet bald die heile Welt aus allen Fugen. Pater Preschke hat erzählt, der Messias sei wiedergekehrt, Halleluja und rette sich, wer kann.

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