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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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fand sie keine angenehme Position, bei jeder Kopfbewegung pochte es unter ihrem Schädel.
    Es war bereits stockfinster, als sie das Hotel erreichten. Sprachlos bewunderte Mirjam das beleuchtete Gebäude im Stil des Neoklassizismus.
Vier Jahreszeiten
, verkündigten die Goldlettern.
    „Wow.“ Sie nahm Kristins Hand. Aber diese befreite sich schweigend aus dem Griff. Max holte die Süßigkeitenschachtel und den Verbandskasten und steuerte auf den Eingang zu. Mirjam entging das Zögern des Portiers nicht, bevor er die Tür öffnete. In ihren schmutzigen und zerrissenen Klamotten erweckten sie alle nicht den Eindruck, in diesem Hotel auch nur eine Besenkammer bezahlen zu können.
    Während Mirjam sich bei jedem Schritt überwinden musste, mit ihren verdreckten Turnschuhe auf den polierten Marmorboden oder den roten Teppich zu treten, marschierte Max auf die Rezeption zu. Die Dame hinter der Theke verzog leicht das Gesicht und ihr Blick klebte an Max’ durchlöchertem Jackett ohne ein Hemd drunter. Doch schon nach wenigen Worten, die er mit ihr wechselte, strahlte sie ihn mit einer roboterhaften Freundlichkeit an, die jeden menschlichen Ausdruck auf ihrem Gesicht hinwegspülte.
    Die Zimmer lagen im fünften Stock. Der Korridor war von Kronleuchtern erhellt, an den Wänden hingen Ölgemälde und ein roter Teppich zierte den Boden. Nachdem der Page die Räumlichkeiten gezeigt hatte, ließ er einen erwartungsvollen Blick durch die Runde schweifen. Max kramte in der Innentasche seines Jacketts und reichte ihm einen Geldschein. Die Zahl auf der Banknote veranlasste den Pagen dazu, den Blutfleck darauf zu übersehen und sich zu entfernen.
    „Mirjam, könntest du bitte die Vorhänge zuziehen?“
    Sie ging zum Fenster mit einem Balkon, während Daniel das Zimmer beäugte und Kristin sich stumm an den Türrahmen gelehnt hatte und Max beobachtete. Die Lichter draußen verliehen der nächtlichen Innenstadt einen mystischen Glanz und spiegelten sich in der Alster wider.
    „Es ist wunderschön.“
    „Mag sein. Aber wir sind im fünften Stock und ich habe Höhenangst. Ich krieg’ die Krise, wenn ich da runter schaue.“
    Mit einem Seufzen trennte sie sich von dem atemberaubenden Ausblick und zog die Vorhänge zu.
    Daniel stupste Max kumpelhaft an. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Du hast Höhenangst? Ich meine, ausgerechnet du?“ Sein Gekicher ging in Husten rüber.
    „Mach deine Taschen leer.“
    „Zu Befehl.“ Daniel legte die Pistole auf die Kommode, ihr folgten Schlüssel, zerknüllte Kassenbons, ein schmales Etui, eine Zigarettenpackung samt Metall-feuerzeug. Zum Schluss drehte er die Taschen um und Sand rieselte auf den Tep-pich. Max öffnete das Etui.
    Mirjam spähte hinein. „Ein Kugelschreiber?“
    „Ein Insulin-Pen.“ Max klappte den Behälter zu. „Ich soll dich von Diabetes heilen?“
    „Mein Goodpasture-Syndrom macht mir da um einiges mehr Sorgen.“
    „Dann würde ich mir an deiner Stelle das Rauchen abgewöhnen.“ Alles außer der Pistole gab er zurück. „Erzähl mir, was dein Vater plant.“
    „Ah, verstehe. Nun fängt das Verhör richtig an?“ Daniel klackte mit dem Deckel des Feuerzeuges. „Ich dachte, dein Bedarf an Reden wäre für heute gedeckt.“
    „Es wird gerade so spannend.“
    „Ich erzähl dir alles, wenn du mich heilst.“
    „Wenn ich dich heile, wozu musst du mir dann noch etwas erzählen?“
    „Wie wär’s mit Ratenzahlung?“ Daniel grinste schelmisch. „Ich erzähle dir ein wenig und du – sagen wir – machst diesen beschissenen Husten weg.“
    „Willst du jetzt Gesundheit oder kaufst du dir einen Gebrauchtwagen?“
    „Also gut. Ich vertraue dir, okay? Schließlich bist du der Du-willst-es-ja-nicht-hören. Friedmann – mein Vater also – will dich vernichten, nur diesmal nicht mit der Kreuzigung, das zieht bei dir nicht. Er hat was mit der Kabbala vor. Es gab da wohl irgendeinen alten Juden, Luzzatto oder so, der angeblich diesen Thora-Code geknackt hat. Friedmann will den Schlüssel finden und aus dem Zeug erfahren, wie er dich töten kann.“ Daniel klappte den Deckel zu und verstaute das Feuerzeug in seiner Tasche. „Gestern hat er irgendeine Schrift in die Finger bekommen, original Luzzatto, handgeschrieben und so.“
    Bei Luzzattos Erwähnung zuckte Max leicht zusammen und Sorgenfalten legten sich auf seine Stirn. „Was steht in dieser Schrift?“
    „Mein Vater hat sie keinem gezeigt, aber angeblich soll dort stehen, wo dieser Schlüssel zu finden ist. Und

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