Staub zu Staub
es?“
„Nein. Als ich klein war, war er der beste Papa der Welt. Egal was er tat, ich stand immer auf seiner Seite. Jetzt …“
Sie verstummte, als Max aus dem Bad kam. Er hob die Brille auf und drückte das Glas in das Gestell. Kristin rutschte ein Stück zur Seite und beobachtete ihn wie ein wildes Tier, das jede Sekunde über sie herfallen könnte.
„Es tut mir Leid.“ Er reichte Daniel die Brille. „Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Ehrlich, ich habe noch nie jemanden geschlagen. Es kommt nicht wieder vor. Versprochen.“
Daniel zerrte ihm das Gestell aus der Hand. „Deine Entschuldigung kannst du dir in den Dickdarm dübeln.“
Max hockte sich hin. „Es tut mir wirklich Leid. Ich schwöre, ich werde nie wieder so ausrasten. Wir brauchen dich. Und du brauchst uns.“ Er schenkte ihm ein Lächeln. „Ist das nicht eine tolle Grundlage für eine erfolgreiche Zusammen-arbeit?“
Daniel zog Rotz hoch. „In Ordnung. Aber ich übernachte nicht mehr im Sessel.“
„Abgemacht. Willst du das Bad oder den Balkon?“
„Eigentlich bist du ganz okay.“ Daniel klopfte ihm auf die Schulter. „Und du hast eine verdammt starke Linke.“
Mirjam hätte sich die Haare raufen können. War sie die Einzige hier, die diesen Typen durchschaute? Doch sie schwieg. Jetzt hätte sie sowieso keiner beachtet. Nachdem Daniel sich geduscht und umgezogen hatte, gingen sie ins Restaurant. Weiße Decken und silberne Kerzenständer zierten die Tische, die Servietten waren kunstvoll zu Blumen gefaltet. An einem Fenster saß ein älteres Paar, tuschelte und studierte Hamburg-Prospekte. Ein Mann in der Ecke las die englische Ausgabe der Financial Times. Eine Frau zwei Tische weiter stocherte in ihrem Salat und das Klacken ihrer Gabel mischte sich mit dem Rascheln der Zeitungsblätter.
Mirjam suchte sich einen Platz mit Blick zur Alster. Während die Kellnerin in einer blauen Uniform den Frühstückstisch deckte, wandte sich Max Daniel zu.
„Diese Schrift, die du gestern erwähnt hast, wo ist sie jetzt?“
„Im Kloster.“ Mit dem Daumennagel ritzte er Herzchen in die weiße Tafelkerze. Mirjam unterdrückte den Wunsch, ihm auf die Finger zu hauen.
„Okay.“ Max nahm die Kerze und stellte sie ans Fenster. „Wie kommt man da rein und wieder raus?“
Mirjam schnaubte. „Jetzt sag nicht, du willst da hingehen.“
„Ich glaube nicht, dass ich viel Auswahl habe. Entweder ich halte diesen Friedmann auf oder er tötet uns. Ich bin für die erste Option. Wer noch?“ Niemand widersprach. „Also, wie kommt man in das Kloster?“
Daniel sah zur Kerze, die nun für ihn unerreichbar war. „Du meinst eher, wie man einbricht?“ Sein Blick wanderte zur Serviette. Er faltete sie auseinander und versuchte ihr die ursprüngliche Form wiederzugeben. „Am besten nachts.“
„Gibt es eine Wache?“
„Ein paar von den Brüdern streifen durch die Gänge und den Garten. Aber es dürfte kein Problem sein.“
„Weißt du auch, wo genau diese Schrift versteckt ist?“
„Ich vermute, der Abt bewahrt sie auf, wie alles, was meinem Vater heilig ist.“ Die Serviette weigerte sich, unter Daniels Fingern wieder zu einer Blume zu werden. Er knüllte sie zusammen und warf sie auf den Tisch.
Max überlegte kurz. „Okay. Dann statten wir beide dem Kloster einen Besuch ab. Heute Nacht.“
Mirjam beugte sich über den Tisch. „Das ist doch nicht dein Ernst! Es ist bestimmt eine Falle. Du kannst da nicht hingehen!“
„Wenn wir das noch heute machen, dann können wir aufpassen, dass Daniel niemanden warnen kann. Ich nehme sein Handy und werde mich halbstündlich melden. Falls ihr nichts von mir hört“, er legte den Kopf schräg und lächelte, „dann alarmiert ihr Polizei, Bundeswehr, Sonderkommando, was auch immer nötig sein wird, um mich da rauszuholen. Aber erst mal frühstücken wir und gehen einkaufen. Wir brauchen zumindest Taschenlampen.“
Die Kellnerin brachte Kaffee und Orangensaft. Mirjam beobachtete, wie Max seelenruhig die Hälfte der Zuckerdose in seine Tasse kippte. Sie durfte ihn nicht fortlassen, nicht noch ein Mal verlieren.
Kapitel 22
Tilse stützte sich auf den Tisch und rieb sich die Schläfen. Er hatte das Gefühl, sein Schädel würde gleich zerbersten, sollte das verfluchte Telefon noch einen Laut von sich geben. Wofür bezahlte er eigentlich die Sekretärin?
Das Faxgerät piepte und spuckte ein Blatt aus, gleich darauf läutete das Handy. Hölle!
Tilse entschied sich für das Telefonat. Die
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