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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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aufgefallen.
    »Ich wiederhole: Ich habe nicht die Absicht, nach Richmond zurückzukehren«, verkündet Scarpetta. Sie sitzt mit überkreuzten Beinen im Sessel. Der Saum ihrer dunklen Hose ist mit Schlamm gesprenkelt. Ihre Schuhe sind so verschmiert, dass man sich kaum vorstellen kann, wie glänzend schwarz sie noch heute Morgen gewesen sind. »Außerdem glaubst du doch nicht im Ernst, dass ich derartige Pläne schmieden könnte, ohne es dir zu erzählen.«
    »Man kann nie wissen«, entgegnet er.
    »Natürlich weißt du es.«
    »Ich ziehe nicht wieder hierher. Vor allem jetzt nicht mehr.«
    Als es an der Tür klopft, macht Marinos Herz einen Satz, und er denkt sofort an Polizei, Gefängnis und Gerichtsverhandlung. Erleichtert schließt er die Augen, als eine Stimme jenseits der Tür »Zimmerservice« ruft.
    »Ich mache auf«, sagt Scarpetta.
    Marino blickt ihr nach, als sie das kleine Zimmer durchquert und die Tür öffnet. Wenn sie allein wäre und er sich nicht im Zimmer befände, würde sie vermutlich fragen, wer da ist, und durch den Spion schauen. Aber sie macht sich keine Sorgen, denn schließlich ist Marino ja bei ihr, der einen halbautomatischen Colt .280 im Knöchelhalfter trägt. Auch wenn das natürlich nicht heißt, dass es nötig werden könnte, zu schießen. Allerdings hätte er nichts dagegen, jemanden so richtig zu vermöbeln. Er hätte einen Heidenspaß daran, seine riesigen Fäuste gegen den Kiefer oder in den Solarplexus eines anderen Menschen zu rammen wie damals, als er noch geboxt hat.
    »Wie geht es Ihnen heute?«, fragt der picklige junge Mann in Uniform, während er den Wagen hineinrollt.
    »Ausgezeichnet«, erwidert sie und kramt einen ordentlich gefalteten Zehn-Dollar-Schein aus der Hosentasche. »Sie können den Wagen da stehen lassen. Danke.« Sie reicht ihm den gefalteten Geldschein.
    »Danke, Ma’am. Einen schönen Tag noch.« Er macht die Tür leise hinter sich zu.
    Marino, immer noch auf dem Bett, rührt sich nicht. Nur seine Augen bewegen sich, als er sie beobachtet. Er sieht zu, wie sie die Plastikfolie von dem Bagel und dem Haferbrei entfernt, ein Würfelchen Butter auswickelt, sie unter den Haferbrei mischt und Salz darauf streut. Dann öffnet sie ein weiteres Butterwürfelchen und bestreicht den Bagel. Anschließend schenkt sie zwei Tassen Tee ein. Sie gibt keinen Zucker hinein. Genau genommen ist auch gar kein Zucker da, nirgendwo auf dem Wagen ist welcher zu entdecken.
    »Hier«, sagt sie und stellt den Haferbrei und eine Tasse starken Tee auf das Nachtkästchen. »Iss.« Sie kehrt zum Wagen zurück, um den Bagel zu holen. »Je mehr du isst, desto besser. Wenn du wieder einigermaßen auf dem Damm bist, wirst du vielleicht auf wundersame Weise von deinem Gedächtnisschwund geheilt.«
    Beim Anblick des Haferbreis zieht sich sein Magen zusammen, aber er nimmt dennoch die Schale und taucht langsam den Löffel hinein. Als sich der Löffel in den Brei bohrt, muss er daran denken, wie Scarpetta mit dem Gaumenspatel im Schlamm auf dem Asphalt herumgekratzt hat. Dann fällt ihm etwas anderes ein, das ihn an Haferbrei erinnert, und er wird wieder von Widerwillen und Reue ergriffen. Wenn er nur zu betrunken gewesen wäre, um es zu tun. Aber er hat es getan. Beim Anblick des Haferbreis ist er sicher, dass er es letzte Nacht getan und die Sache zu Ende gebracht hat.
    »Ich kann das nicht essen«, sagt er.
    »Iss«, entgegnet sie. Wie eine Richterin thront sie kerzengerade auf ihrem Sessel und fixiert ihn mit Blicken.
    Er kostet den Haferbrei und stellt überrascht fest, dass er ziemlich gut schmeckt und angenehm die Kehle hinuntergleitet. Ehe er es sich versieht, hat er die ganze Schale ausgelöffelt und macht sich über den Bagel her. Währenddessen spürt er, wie sie ihn beobachtet. Sie spricht kein Wort, und er weiß genau, warum sie ihn schweigend anstarrt. Er hat ihr noch nicht die Wahrheit gesagt und hält die Einzelheiten zurück, die ganz sicher seine Phantasien zerstören werden. Sobald sie es weiß, ist seine Chance dahin, und auf einmal steckt ihm der Bagel so trocken in der Kehle, dass er ihn nicht schlucken kann.
    »Geht es dir ein bisschen besser? Trink einen Schluck Tee«, schlägt sie vor. Nun sieht sie wirklich wie eine Richterin aus, die dunkel gekleidet und aufrecht auf dem Sessel am Fenster sitzt. »Iss den Bagel auf, und trink wenigstens eine Tasse Tee. Du musst etwas in den Magen kriegen, und außerdem bist du ausgetrocknet. Ich habe Advil-Kopfschmerztabletten

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