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Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nicht, wann er zuletzt einen Impala Baujahr 63 oder 64 gesehen hat. Dass er heute einen zu Gesicht kriegt, deutet er als wichtiges Zeichen, von dem er allerdings nicht weiß, was es bedeutet. Also geht er wieder in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen. Wenn er sich noch zwanzig Minuten Zeit lässt, sind seine Ärzte bei seiner Ankunft mit Autopsien beschäftigt, und er wird mit niemandem reden müssen. Während er wartet, wird sein Puls wieder schneller, und seine Nerven sprühen Funken.
    Zuerst schiebt er sein Herzrasen und das Zittern und Zucken auf die winzige Spur Koffein im entkoffeinierten Kaffee, aber er hat doch erst ein paar Schlucke getrunken und ahnt, dass etwas anderes dahinter steckt. Je länger er den Impala auf der anderen Straßenseite beobachtet, desto nervöser und aufgeregter wird er, und er wünscht, die Haushälterin wäre nicht ausgerechnet heute hier erschienen, während er wegen der Müllabfuhr zu Hause ist. Er kehrt ins Wohnzimmer zurück, lässt sich in seinem großen Ledersessel nieder, lehnt sich zurück und versucht, sich zu entspannen. Sein Herz klopft so heftig, dass er sieht, wie die Vorderseite seines weißen Hemdes sich bewegt; er holt tief Luft und schließt die Augen.
    Seit vier Monaten wohnt er jetzt schon hier, ohne dass ihm der Impala jemals aufgefallen wäre. Er stellt sich das schmale blaue Lenkrad ohne Airbag vor. Dann das blaue Armaturenbrett auf der Beifahrerseite, das nicht gepolstert ist und ebenfalls nicht über einen Airbag verfügt. Die alten blauen Sicherheitsgurte führen nicht um die Schultern herum, sondern nur um das Becken. Als er sich das Innere des Impala ausmalt, ist es nicht mehr der Wagen auf der anderen Straßenseite, sondern der weiße mit dem blauen Streifen an der Seite, den seine Mutter gefahren hat. Der Kaffee ist vergessen und erkaltet auf dem Tisch neben dem Ledersessel, während er mit geschlossenen Augen dasitzt. Einige Male steht Dr. Marcus auf und schaut aus dem Fenster, und als er den blauen Impala nicht mehr sieht, schaltet er die Alarmanlage ein, schließt das Haus ab und geht in die Garage. Kurz schießt ihm der ängstliche Gedanke durch den Kopf, dass der Impala vielleicht gar nicht existiert und nie da war. Doch er war da, natürlich war er das.
    Einige Minuten später fährt er langsam seine Straße entlang, bleibt vor dem Haus einige Türen weiter stehen und starrt auf die leere Auffahrt, wo er gerade den blauen Impala und die alte schwarze Haushälterin mit ihren Einkaufstüten gesehen hat. Er sitzt in seinem Volvo, der bei nahezu allen Sicherheitstests als Sieger abgeschnitten hat, betrachtet die leere Auffahrt, biegt schließlich ein und steigt aus. In seinem langen grauen Mantel, dem grauen Hut und den schwarzen Handschuhen aus Schweinsleder, die er schon vor seiner Zeit in St. Louis bei kaltem Wetter getragen hat, sieht er zwar altmodisch, aber gepflegt aus. Er weiß, dass er einen seriösen Eindruck macht, als er die Klingel betätigt. Er wartet kurz, läutet noch einmal, und die Tür geht auf.
    »Ja, bitte?«, fragt die Frau, die die Tür geöffnet hat. Sie ist etwa Mitte fünfzig und trägt einen Jogginganzug und Tennisschuhe. Sie erscheint ihm vertraut, ist höflich, aber nicht unbedingt freundlich.
    »Ich bin Joel Marcus«, sagt er mit seiner verbindlichen Stimme. »Ich wohne gegenüber und habe zufällig vorhin einen sehr alten blauen Impala in Ihrer Auffahrt gesehen.« Er bereitet sich innerlich schon auf die Ausflucht vor, er habe sich vermutlich im Haus geirrt, nur für den Fall, dass sie antwortet, sie wisse nichts über einen sehr alten blauen Impala.
    »Ach, Mrs. Walker. Sie hat dieses Auto schon seit einer Ewigkeit und würde ihn niemals gegen einen nagelneuen Cadillac eintauschen«, erwidert die Nachbarin, die ihm irgendwie bekannt vorkommt, zu seiner Erleichterung lächelnd.
    »Ich verstehe«, sagt er. »Ich war nur neugierig. Ich sammle nämlich alte Autos.« Er sammelt zwar keine Autos, weder alte noch sonst welche, aber er hat sich den Impala nicht eingebildet. Gott sei Dank. Natürlich nicht.
    »Tja, auf den werden Sie in Ihrer Sammlung wohl verzichten müssen«, gibt sie fröhlich zurück. »Mrs. Walker liebt dieses Auto … Ich glaube, wir sind uns noch nicht vorgestellt worden, obwohl ich natürlich weiß, wer Sie sind. Sie sind der neue Chefpathologe und haben den Posten dieser berühmten Pathologin übernommen. Wie war noch mal ihr Name? Ich war ziemlich erschrocken und enttäuscht, dass sie Virginia den

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