Staubige Hölle
Wagen und holte eine Plastiktüte heraus, in der sich Obst und zwei Dosen Coke befanden. Normalerweise trank er das Zeug nicht, aber er war unterwegs müde gewesen und hatte sich mit dem Koffein wach gehalten.
Er hielt dem Jungen die Tüte hin, der seinen Vater ansah. Der Mann nickte. Das Kind wischte sich die blutigen Hände an der Shorts ab und näherte sich Zondi mit gesenktem Kopf, sah ihm nicht direkt in die Augen. Der Junge streckte die rechte Hand aus, packte mit der linken Hand auf afrikanische Art seinen Ellbogen und nahm den Beutel. Er bedankte sich murmelnd und wich zurück, wobei er Zondi keine Sekunde den Rücken zeigte.
»Wann hat es das letzte Mal geregnet?«, fragte Zondi den Mann.
Der Zulu lachte. »Kann sich eine vertrocknete alte Frau an ihre Hochzeitsnacht erinnern?«
Dieses verfluchte Volk , dachte Zondi. Jeder ist ein Dichter.
»Bist du auf dem Weg nach Greytown, Bruder?«, fragte der Mann.
Zondi schüttelte den Kopf. »Bhambathaâs Rock.«
»Bist du von der Regierung?«
Zondi öffnete die Autotür. »Nein. Es ist mein Zuhause.«
Der Mann sagte nichts, aber Zondi sah den Unglauben in seinen Augen.
Zondi lieà den Motor an, dachte kurz daran, scharf zu wenden und so schnell wie möglich wieder zu verschwinden, solange er es noch konnte. Doch er löste die Handbremse und fuhr hinunter auf das ausgedehnte Gewirr kleiner Gebäude und Hütten zu, deren Eisendächer die Sonne reflektierten wie Signalspiegel.
Kapitel 18
Sunday war spät dran. Sie lief in Tennisschuhen über das harte Veld zum Museumsdorf. Die Verlobungsperlen in ihrer Tasche rasselten wie ein Fluch. Sie lief durchs Tor, unter zwei gekreuzten ElefantenstoÃzähnen und einem von der Sonne ausgebleichten Schild auf Englisch her. Vorbei an einem kleinen Bus, rot vor Staub, der Fahrer in eine Zeitung vertieft. Eine Handvoll schwitzender WeiÃer stöberte im Schatten eines Schilfpavillons in Postkarten. Sie sah Richard in Fell und Federschmuck, der sich von seinem fetten Bauch zu ihr führen lieÃ.
Sunday sank auf die Knie. »Tut mir leid, Vater. Das Taxi war spät.«
»Steh auf, Tochter, steh auf.« Sie erhob sich und wagte es, ihn kurz anzublicken. So respektvoll hatte er sie noch nie angeredet. »Ist es wahr, dass du Induna Mazibuko an diesem Wochenende heiratest?« Respekt und noch etwas anderes in seiner Stimme. Angst.
Sie nickte. »Ja, Vater.«
»Dann kannst du den Tanz der Jungfrauen nicht machen. Du wirst das Weben vorführen und bei der Bier-Zeremonie helfen. Und achte darauf, deine Verlobungsperlen zu tragen, hörst du?«
»Ja, Vater.« Sie machte einen Knicks, drehte sich um und lief fort, um sich umzuziehen.
Wie das Wort induna über Richards Lippen gekommen war. Führer. Berater des Häuptlings. Ein Mann, der in dieser Gegend gefürchtet war. Sie kannte den alten Mann unter einem anderen Namen. Inja. Hund. Das passte erheblich besser zu ihm. Wie einer dieser nach Aas suchenden Bastarde unten in Bhambathaâs Rock, heraushängende, hechelnde blaue Zungen, spindeldürr und räudig. Bei dem Gedanken an seine Hände auf ihrem Körper hätte sie sich am liebsten übergeben.
Dann sah sie etwas, das sie aufheiterte. Das kleine Auto von Sipho, dem AIDS -Aufklärer aus Durban. Parkte im Schatten des Busses. Von Sipho selbst war nichts zu sehen, doch sie wusste, dass er irgendwo in der Nähe sein musste und diese Broschüren auf Englisch verteilte, die hier niemand lesen konnte.
Sunday brachte die nächste Stunde wie in Trance hinter sich. Saà auf einer Grasmatte, die Brüste von einem Felllatz bedeckt, wie es sich für eine verlobte Frau ziemte. Die Perlen umklammerten ihren Hals. Sie webte Stoff auf einem hölzernen Webstuhl, während die WeiÃen sie fotografierten. Ihre Finger bewegten sich automatisch, flochten die bunten Stränge, während sie in Gedanken weit fort war.
Später half sie, Touristen traditionelle Kalebassen mit Bier zu servieren. Wie es die Sitte verlangte, saÃen Männer und Frauen in getrennten Gruppen. Die Frauen taten, als würden sie trinken und verzogen dann das Gesicht. Die Männer tranken das Bier und leckten sich über die Lippen, als würden sie es genieÃen, sahen aber aus, als würden sie es am liebsten sofort wieder ausspucken. Richard kippte wie gewöhnlich eine volle Kalebasse der matschfarbenen Flüssigkeit,
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