Staubige Hölle
Minibus-Taxi, gelb eingefärbt im Schein der Natriumdampflampe, hart ab. Versperrte ihm den Weg. Er sah einen Mann am Steuer, während ein zweiter Mann die Seitentür aufschob und ausstieg. Zondi bewegte sich nach links, um das Taxi zu umrunden. Hörte, wie eine Waffe entsichert wurde, und spürte dann etwas Kaltes im Genick.
»Steig ein, Zondi.« Eine dieser Stimmen, die einen Fahrstuhl benötigt, von so tief unten kommt sie. Eine Stimme, die er von vor langer Zeit kannte.
Er spürte, wie ihm ein Knie gegen den Oberschenkel gerammt wurde, dann flog er nach vorn auf den Boden des Taxis. Der Bewaffnete war zu ihm hereingesprungen und knallte die Tür immer wieder gegen Zondis Beine, bis dieser sie hereinzog. Das Taxi gab Gas. Er war auf der Suche nach seiner Vergangenheit gekommen. Anscheinend hatte sie ihn gefunden.
Kapitel 27
Als Zondi versuchte, sich zu erheben, drückte der Mann ihn zurück. Filzte ihn. Zondi war unbewaffnet. Er hatte seine Kanone zusammen mit der Dienstmarke abgegeben.
»Willst du mir sagen, was zum Teufel hier los ist?«, fragte er auf Zulu.
Ein Feuerzeug flammte in der linken Hand des Mannes auf, und er hielt es an sein Gesicht. Zündete einen fetten Spliff an. »Erinnerst du dich nicht mehr an mich, Zondi?«
Im flackernden Licht sah Zondi einen glatzköpfigen Mann um die vierzig, dessen Schädel dermaÃen verschrammt und vernarbt war, dass er sein Gehirn auf der AuÃenseite zu tragen schien. Zondi brachte Gesicht und Stimme in Einklang. »Lucky«, sagte er.
Der Mann lächelte, stieà eine bittere Rauchwolke aus. Knipste das Feuerzeug aus. »Du denkst, du kannst einfach so hierher zurückkommen, ja? Als würdest du niemandem etwas schulden?«
»Wohin fahren wir?«, fragte Zondi.
»Ich bringe dich in die Berge. Ich werde dir deine verschissenen Knie zerschieÃen. Damit du nicht mehr gehen kannst. Und deine Ellbogen, damit du nicht mehr kriechen kannst. Dann werde ich dich dort liegen lassen, damit die Hyänen was zu fressen haben.« Lucky lachte, den Spliff im Mund.
Er war der Bruder von Jola, der Junge, den Zondi und Inja und die anderen als Teenager umgebracht hatten. Ein Mann, der Blutrache geschworen hatte. Als Zondi zur Beerdigung seiner Mutter in diese Stadt zurückgekehrt war, hatte Lucky in Durban im Gefängnis gesessen, saà ein Lebenslänglich wegen eines Taximordes ab. Und jetzt war er drauÃen. Bereit, sein Versprechen einzulösen.
Dies war ein Land shakespearescher Fehden. In engen Tälern einander gegenüber lebende Klans bekämpften sich bis zum Tod, aus Gründen, die im Nebel der Zeit versunken waren. Achtzig Jahre zuvor hatte ein Mann einem anderen die Kuh gestohlen. Vor fünfzig Jahren hatte ein Mann einen anderen beleidigt. Und Generationen von Männern wurden in die Sippenkämpfe hineingezogen. Zondi und seine Freunde hatten Jola vor zwanzig Jahren getötet. Praktisch gestern.
Damals in den Achtzigern hatten sich er und Inja und eine Handvoll weiterer Jungs Genossen genannt, waren jugendliche Anhänger des über Jahrzehnte unsichtbar auf dem fernen Robben Island in Haft lebenden Nelson Mandela. Sie hatten marxistische Parolen verbreitet. Gewillt, ihr Blut für das Ende der Apartheid zu vergieÃen.
Sie waren damals nur wenige gewesen. Dieser Teil des Landes, von der weiÃen Regierung bewusst in Armut gehalten, war das Land der Zulu-Häuptlinge und Stammesüberlieferungen. Die meisten Häuptlinge hatten sich mit den WeiÃen arrangiert im Tausch für ein armseliges Gehalt, eine stinkende Hütte, ein oder zwei magere Kühe und die Herrschaft über Menschen, denen es noch schlechter ging als ihnen selbst. Junge Männer, die sich trotzig widersetzten, wurden ausgepeitscht. Wenn das nicht ausreichte, wurden sie getötet. Ihre Leichen warf man vor die Hütten ihrer weinenden Mütter.
So hatten Zondi, Inja und die anderen in ständiger Angst gelebt. Und als Inja eines Tages ankam und sagte, ein Maulwurf der Regierung hätte sich bei ihnen eingeschlichen, da fragten sie nicht groà nach einem Beweis. Jola, der sich mit ihnen herumtrieb, war gesehen worden, wie er mit einem Bullen in einem Auto gesessen und eine Zigarette geraucht hatte. Sie erwischten Jola auf einem FuÃweg unten im Tal. Er bestritt alles, und seine Augen waren weià vor Panik.
Inja schlug als Erster mit einer Machete zu, wie sie zum Schneiden von Zuckerrohr
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