Staubige Hölle
gesagt, wir holen uns Inja. Da bin ich voll dabei. Aber nicht irgend so ein Mädchen. Vergiss es.«
»Ich habe kein gesteigertes Bedürfnis, das Leben von wem auch immer aufs Spiel zu setzen, Sohn. Aber denkst du etwa, wir könnten einfach so vor Injas Heimstatt vorfahren und ihn dazu überreden, uns zu begleiten, aber bitte widerstandslos, ja? Er ist ein gottverdammter lokaler Machthaber, ein Warlord. Er sitzt da oben mit einem ganzen Haufen Waffen und einer Armee verrückter drogensüchtiger Zulu-Krieger. Genau so wird es gemacht.«
»ScheiÃe auch.«
Die Dächer einer Stadt durchbrachen die Zuckerrohrfelder. Dell blinkte und lenkte den Truck von der LandstraÃe auf eine schmale, mit Schlaglöchern übersäte StraÃe.
»Was tust du, Junge?«
»Ich suche eine Telefonzelle. Rufe meinen Anwalt an. Dann werde ich zur nächsten Polizeistation fahren und mich stellen.«
»Hältst du das für eine gute Idee?«
»Ja.«
»Ich nämlich ganz sicher nicht.«
Dell sagte nichts, während sie auf einer von Kiefern gesäumten StraÃe in die Stadt fuhren und abbremsten, als Fahrbahnhöcker unter ihren Reifen trommelten. Sie kamen an einer verblassten rosa Plakatwand mit dem Text STOP AIDS, LIEBE DAS LEBEN vorbei. Es war zu SchieÃübungen benutzt worden.
Dell hielt auf einen Kirchturm zu, der seinen Schatten über niedrige Gebäude aus grauen Betonblöcken warf. Sah ein Coke-Schild auf das Schaufenster eines Ladens gemalt, bremste den Truck ab und hielt an. Parkte in der zweiten Reihe neben einem Transporter, aus dessen Laderaum zwei Inder Bündel von Tageszeitungen luden.
Goodbread sah Dell scharf an. »Du wirst dich umbringen, Sohn. Und das Gesetz wird Inja Mazibuko niemals behelligen.«
Dell zog die Pistole aus dem Bund seiner Khaki-Shorts und warf sie Goodbread in den SchoÃ. Ãffnete die Tür. »Nimm den Truck und fahr weg.« Er knallte die Tür zu und ging. Hörte das Schrammen der Gänge, als der Pick-up fortfuhr. Blickte nicht zurück.
Dell betrat den Laden. Halbleere Regale mit Konserven, Toilettenpapier und Waschmittel. Ein dunkelhäutiger Mann saà zusammengesunken hinter der Theke vor einem träge kreisenden Ventilator. Eine Frau mit Schürze und Kopftuch brüllte auf Zulu etwas in den an der hinteren Wand montierten Münzfernsprecher. Die Inder packten die Tageszeitungen neben die Kasse und gingen mit den nicht verkauften Exemplaren des Vortags wieder hinaus.
Während er darauf wartete, dass das Telefon frei wurde, nahm Dell sich eine Ausgabe des Durbaner Mercury . Die Schlagzeile behauptete, dass der Tod von Ben Baker in Wahrheit ein Auftragsmord gewesen war. Was von der Polizei bestritten wurde, die es Einbruch nannte. Dell blätterte die Zeitung durch, um herauszufinden, ob es eine Meldung über den Mann gab, den sein Vater am Tag zuvor getötet hatte. Nichts.
»Hey.«
Dell blickte auf und sah, wie der Ladenbesitzer, ein Grieche oder Portugiese, ihn über die Theke hinweg beobachtete. Kaute auf einem Stück getrockneter Wurst. »Hältst du das hier vielleicht für eine beschissene Bibliothek?«
Dell griff in die Tasche, kramte zwei Münzen heraus und warf sie vor den Mann auf die Theke. Hörte, dass die Zulu-Frau immer noch am Telefonieren war. Er legte die Zeitung auf ein Regal mit Chips und Illustrierten und blätterte weiter.
Sah sein Polizeifoto auf Seite vier, darüber die Schlagzeile: REPORTER UND GESUCHTER MÃRDER IN NAMIBIA ? Er sah wild aus. Geistesgestört. Wusste genau, dass die Story überhaupt nur deshalb so viel Aufmerksamkeit erhielt, weil er Journalist gewesen war. Seine Ex-Kollegen konnten hemmungslos Schadenfreude zeigen. Dells Foto wurde flankiert von einem verschwommenen Schnappschuss von Goodbread in seinen besten Jahren. Darunter ein Farbfoto: ein Grüppchen Trauernde um drei Särge. Ein groÃer. Zwei winzige. Spürte, wie es sich in ihm zusammenkrampfte. Sah Rosies Eltern, das Gesicht der Frau an der Schulter des alten Mannes. Dell verlieà fluchtartig den Laden.
Der Pick-up stand im Leerlauf in einer Parkbucht, sein Vater am Steuer. Dell öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Goodbread sagte nichts, legte einen Gang ein, und sie setzten ihren Weg fort.
»Gib mir die Kanone«, sagte Dell.
Kapitel 48
Sunday fühlte sich wie eine dünne Scheibe Fleischwurst zwischen zwei Stücken Brot,
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