Staubige Hölle
Bildschirmschoner. Die Dateien ordentlich aufgeräumt, so völlig anders als das Zimmer. Zondi ging auf die Google-Seite. Die Internetverbindung war so langsam, wie die Belgierin angekündigt hatte, allerdings brauchte Zondi nicht lange, um die Steinchen des Puzzles zusammenzufügen. Wie er vermutet hatte, war der alte Mann, der das Mädchen entführt hatte, Earl Robert Goodbread. So gerade eben zu erkennen auf dem Foto, das bei dem Massaker-Prozess sechzehn Jahre zuvor geschossen worden war. Und der zweite Mann war sein Sohn. Robert Dell. Der flüchtige Mörder seiner Familie. Sah heute sehr anders aus als auf dem Polizeifoto, auf dem er noch lange Haare, einen struppigen Bart und einen irren Blick hatte.
Zondi hatte die Ermittlungen im Fall Baker verfolgt und wusste, dass Dells Frau für den fetten Mann gearbeitet hatte. Und nebenbei noch mit ihm vögelte. Es war nicht schwer, den Zusammenhang zu erkennen. Sie hatte etwas gewusst, das den Minister oder seinen Hund belasten könnte. Inja hatte die Frau und ihre Kinder getötet, indem er ihren Wagen von einer GebirgsstraÃe abgedrängt hatte. Hatte seine Arbeit allerdings nur schlampig erledigt und Dell versehentlich am Leben gelassen. Hatte dann versucht, seine Spuren zu verwischen, indem er Dell den Mord anhängte. Goodbread hatte Dell aus dem Gefängnis befreit, und jetzt waren sie hinter Inja her. Das Mädchen war ihr Köder. Kein Problem für Zondi, sich zusammenzureimen, was geschehen war. Keinen blassen Schimmer, was er als nächstes tun sollte.
Zondi klickte den Browser weg und löschte den Verlauf. Er blieb einen Moment sitzen, massierte sich die Schläfen.
Die Badezimmertür ging auf, und die belgische Ãrztin kam heraus, zog eine Dunstwolke und den Duft von Jasmin hinter sich her. Sie trug einen weiÃen Bademantel und bürstete sich im Gehen das nasse Haar zurück.
Ihr Blick fiel kurz auf die Waffe neben dem Computer. »Was sind Sie, Disaster Zondi? So was wie ein Gangster oder eher so was wie ein Bulle?«
Er griff nach der 9 mm und lieà sie unter seinem Hemd verschwinden. »Früher habe ich für die Polizei gearbeitet. Heute bin ich ein einfacher Bürger.«
»Sind Sie sicher?« Sie setzte sich aufs Bett und starrte ihn unerschrocken an.
»Ja.«
Sie fand eine Packung Gitanes neben dem Bett und steckte sich eine Zigarette an. Ihre Augen passten zum Blau der Packung. Es war sehr still in dem Raum, und er hörte, wie das Papier ihrer Zigarette verbrannte. Hörte sie inhalieren und wieder ausatmen. Bemerkte ihren Blick zur Reisetasche neben dem Stuhl. »Wo sind Sie abgestiegen?«
»Eigentlich nirgendwo.«
»Nebenan ist ein Zimmer frei. Ein Arzt ist nach Italien zurück. Sein Ersatz kommt erst in einer Woche. Ich bin sicher, es wird niemandem etwas ausmachen, wenn Sie das Zimmer für ein oder zwei Nächte benutzen.« Sie kramte in dem Durcheinander auf ihrem Nachttisch, blinzelte durch den Zigarettenrauch und fand einen Schlüssel, der an einem Stück Karton befestigt war. »Hier.«
Er stand auf und nahm den Schlüssel. »Danke.«
Die Ãrztin zuckte die Achseln. »Kein Problem.« Sie schlug ihre langen Beine übereinander, der Bademantel öffnete sich. Sah ihn mit diesen klaren blauen Augen an.
Und da warâs. Zondi spürte, wie der Raum wegkippte. Spürte, wie er auf sie zu schlitterte. Er zwang sich, sie nicht anzusehen, und umklammerte die Schreibtischkante. Um sich zu verankern.
»Ich weià Ihre Hilfe sehr zu schätzen, Martine.«
Sie zuckte wieder mit den Achseln, saugte an der Zigarette. Einatmen. Ausatmen.
Zondi warf sich die Tasche über die Schulter und ging zur Tür, öffnete sie, drehte sich zu ihr um. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt, starrte aus dem Fenster in die Sonne, die jetzt niedrig über den roten Bergen stand. Er ging hinaus und schloss die Tür.
Kapitel 58
Zondi sackte hinter dem Steuer des Fords zusammen, auf einem Kamm oberhalb von Injas Grundstück. Parkte so, dass die tiefstehende Sonne nicht in der Windschutzscheibe reflektierte. Er wedelte eine Fliege fort, die von dem Schweià angelockt wurde, der ihm übers Gesicht lief. Er spürte Nässe in den Achselhöhlen, das Hemd klebte ihm am Rücken. Sein eigener Gestank vermischte sich mit den Ausdünstungen, die aus der zerfetzten Polsterung des Fords aufstiegen.
Die belgische Ãrztin kam ihm in den
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