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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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der AK-47 . Ein schwarzes Mädchen trat mit einem Baby auf dem Arm aus einem Zimmer. Versuchte etwas zu sagen, trotz des Blutes im Mund. Konnte nicht. Brach zusammen. Das Baby fiel auf den steinernen Fußboden, lag auf dem Rücken und strampelte mit seinen gelbbraunen Gliedmaßen. Heulte.
    Goodbread brüllte: »Wartet! Nicht schießen!« Beugte sich hinunter zu dem nackten, plärrenden Säugling.
    Doch einer der Zulus war schneller. Hob das Baby an einem Bein hoch und schwang es herum, schlug ihm den Kopf an der Wand zu Brei. Goodbread schoss dem Mann in seinen lachenden Mund.
    Chaos. Eine Horde Fotografen und Nachrichtenteams drang in das Haus ein. Blitzlichter explodierten in Goodbreads Gesicht, als er und die Zulus in einem Pick-up ohne Nummernschilder flüchteten.
    Goodbread kämpfte, starke Hände umklammerten seine Handgelenke. »Psssst, Großvater. Sei still.« Spürte kühles Wasser auf der Stirn.
    Aber immer noch im Jahr 1994 . Ein paar Monate vor den südafrikanischen Wahlen. Die letzten Zuckungen des Apartheid-Systems. Gesichtslose Afrikaner arbeiteten im Geheimen – als Politiker, Polizisten, Militärs – an der Destabilisierung des Landes. Wussten, dass ihre Tage gezählt waren, wenn Mandela an die Macht kam. Verschworen sich mit den Zulu, die schon lange Zeit mit ihnen kollaboriert hatten. Ein Trupp Männer, aus einem weit entfernten Tal nach Johannesburg gebracht. Männer, die in Blut geboren waren. Goodbread führte sie in dem Angriff auf ein Haus voller Jugendleiter und Genossen. Der alte Feind.
    Aber kein Feind. Nur Frauen. Und ein Baby. Ein gottverdammter Hinterhalt der Medien. Nachher wussten die Afrikaner und ihre Zulu-Verbündeten, dass es ein Bauernopfer geben musste. Um die Medien zum Schweigen zu bringen. Goodbread hatte einen seiner eigenen Männer erschossen, und zum Teufel auch, er war ein Ausländer. Also warfen sie ihn den Wölfen vor.
    Die Staatsanwälte, die neue Garde – Schwarze und Juden –, boten ihm einen Deal an, wenn er die Namen seiner Vorgesetzten preisgab. Er lehnte ab, und sie schickten ihn lebenslänglich ins Gefängnis. Ein pickliger Junge aus dem amerikanischen Konsulat kam ihn im Gefängnis in Pretoria besuchen. Sagte ihm, er sei eine Schande für sein Land. Goodbread lachte ihm ins Gesicht und verlangte, in seine Zelle zurückgebracht zu werden. Hielt es für richtig und gerecht, dass er den Rest seiner gottgegebenen Tage vor sich hin rottete.
    Goodbread hörte eine Stimme, die seinen Namen rief. Die Stimme seines Sohns. Goodbread hustete. Kämpfte sich aus der Vergangenheit heraus. Spürte, wie seine Lungen zerrissen und brannten, als stünden sie in Flammen. Erbrach warmes Blut. Alter Mann. Nutzloser gottverfluchter alter Mann.
    Hörte wieder seinen Sohn. Eindringlich. Verängstigt. »Scheinwerfer. Kommen in unsere Richtung.«

Kapitel 60
    Zondi saß auf einem Felsgrat inmitten der Ebene, den Ford hatte er weiter unten hinter einer Felsnase versteckt. Der Mond hing träge über der leeren Landschaft. Die Fahrrinne, der Injas Konvoi zu dem Schäfer gefolgt war, lag wie eine fahle Narbe im Mondschein.
    Wieder wartete Zondi. Er hatte das Gebrüll des Verhörs und die Schüsse und die Schreie der Schafe gehört. Wusste, dass Inja und seine Männer auf diesem Weg zurückkehren mussten, es gab keine andere Möglichkeit, die Berge zu überqueren. Also wartete er. Beklommen. Die Gespenster der Vergangenheit viel zu nah. Er rieb sich die Kinnstoppeln, roch die Sunlight-Seife, deren Duft noch immer an seiner Haut haftete.
    Dachte an seine Mutter. Nach seiner Flucht aus dem Tal hatte er sie nicht mehr lebend gesehen, und das wenige Geld, das er ihr aus Jo’burg geschickt hatte, hatte nicht verhindern können, dass Tuberkulose und Armut sie dahinrafften. Sie lag nicht weit von der Stelle entfernt begraben, wo er jetzt saß. Direkt auf der anderen Seite der niedrigen Hügelkette, die vor ihm kauerte. Beschissene gottverlassene Gegend.
    Zondi hörte das tiefe Brummen von Motoren. Scheinwerfer zerschnitten die Dunkelheit, Staub tanzte in den Lichtstrahlen. Er beobachtete, wie die Fahrzeuge langsamer wurden. Der Pajero blieb stehen, die beiden anderen Pick-ups hielten daneben. Das Aufheulen von Motoren, Fetzen von Zulu-Gebrüll, und dann setzten sich die Fahrzeuge wieder in Bewegung, in Richtung des Berges genau gegenüber. Der

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