Stauffenbergs Gefaehrten
Mannes kennengelernt. Potel, nach einer schweren Verletzung »frontuntauglich«, ist wie Erich Fellgiebel eine Weile im »Mauerwald« in OstpreuÃen beim OKH tätig gewesen, ohne ihm jedoch persönlich zu begegnen. Den ungewöhnlichen Zeitpunkt der Hochzeit erklärt Susanne damit, sie seien der Meinung gewesen, man finde sich in wirren Zeiten eher wieder, wenn man verheiratet und in einer Familie geschützt sei. Die Trauung zu organisieren ist schwierig: die Anreise der Gäste bei unregelmäÃigen Zugverbindungen, die Zusammenstellung des Buffets bei einem Mangel an Lebensmitteln. Eine groÃe Hilfe ist Tante Truda, die Schwester Erich Fellgiebels. Als Ort der Trauung wird die Garnisonskirche in Potsdam ausgewählt, Klaus Potel ist inzwischen im nahen Wünsdorf stationiert. Der Pfarrer sucht den Spruch aus: »Glaubt an das Licht, weil ihr es habt.« Trauzeuge ist Klaus Potels Vorgesetzter, General Wolfgang Thomale. Eine Wahl nicht ohne Brisanz: Thomale ist Chef des Stabes beim Generalinspekteur der Panzertruppe im OKH , Generaloberst Heinz Guderian, und hat in dieser Funktion am 20. Juli 1944 vom »Mauerwald« aus der Panzer-Ersatz-Brigade in Berlin den Befehl erteilt, den »Putsch« niederzuschlagen. Dabei war Thomale selbst über die Attentatspläne informiert. Im August 1943 hatte ihn Helmuth Stieff, damals Chef der Organisationsabteilung im Generalstab des Heeres, angesprochen, doch Thomale hatte Stieff erklärt, sein General »werde an keiner gegen den Führer gerichteten Handlung teilnehmen«, wie der Historiker Hoffmann berichtet. Es ist nicht vorstellbar, dass die Familie Fellgiebel zum Zeitpunkt der Hochzeit diesen Zusammenhang kennt.
Â
VI.
Den Tod von Erich und Gert Fellgiebel kann die Familie nur schwer verkraften. Das doppelte Trauma hindert sie jahrelang, offen über den Verlust zu reden. Tochter Susanne quält, dass ihr verwehrt geblieben ist, mit dem Vater wenigstens noch einmal reden zu können. Die nächste Generation rührt nicht an die alten Wunden, weil sie spürt, dass die Trauer nicht verarbeitet ist. Eine Annäherung an den GroÃvater erfolgt nur über die Fotografien, die es in der Familie gibt.
Zu dem Schmerz kommt anfangs materielle Not. Bei der Festnahme 1944 werden Cläre Fellgiebel sämtliche Wertgegenstände abgenommen. Wieder entlassen, will sie die Wohnung auflösen und lädt Interessenten ein. Die Gestapo erfährt davon, unterbindet die Aktion, konfisziert den bisherigen Erlös, setzt dann selbst den Verkauf fort und sackt auch diese Summe ein. So gehen der Familie Geld, Möbel, Wäsche und Schmuck verloren. Sie darf auch die Wohnung nicht mehr betreten.
Nach Kriegsende braucht Cläre Fellgiebel Stehvermögen, um eine Entschädigung und Versorgungsleistungen einzufordern. Am 7. September 1945 berichtet sie ihrem Neffen Fritz, wie es der Familie geht, wer sich wo aufhält und wie die ersten Wochen nach Kriegsende verlaufen sind. Ãber das Schicksal ihres jüngsten Sohnes Gert ist sie offensichtlich noch nicht informiert, sie wähnt ihn in amerikanischer Gefangenschaft. Cläre Fellgiebel schreibt, dass die Amerikaner freundlich seien, dass sie für die Besatzungsmacht dolmetsche und dass ihr persönlich jede Hilfe versprochen worden sei, als man ihren Namen hörte. Sie solle eine Pension bekommen, man wolle sich für eine Entschädigung einsetzen und ihr eine »gute Stellung« geben. Ãber eine Begegnung mit zwei US -Offizieren ist sie jedoch nicht so erfreut. Die beiden waren vor dem Krieg als Journalisten in Deutschland. Sie hätten allerlei private Fragen gestellt und ihr vorgeschlagen, für die Zeitung über ihr Schicksal und ihre Erfahrungen mit den Nazis zu berichten. Das lehnt Cläre Fellgiebel ab. »Wir Deutschen sind darin ja anders, wir schätzen es nicht, unsere persönlichen Dinge in der Zeitung laut auszurufen.«
Zu den persönlichen Dingen gehören auch zwei Jahre später noch die Mühen um den Lebensunterhalt. In einem Brief klagt die Fellgiebel-Witwe1947 , dass sie noch keine Entschädigung erhalten habe, dass sie sich mit Gelegenheitsjobs Geld verdiene, etwa als Dolmetscherin für das britische Rote Kreuz. Ihre Tochter würde sich mit Heimarbeit durchschlagen. Bis Ende der fünfziger Jahre beschäftigen sich Ãmter, Gerichte und Anwälte in Nordrhein-Westfalen und Berlin mit ihren Anträgen auf
Weitere Kostenlose Bücher