Stauffenbergs Gefaehrten
Frau.
Es hat Dich mit aller Innigkeit, der ein Männerherz fähig ist, treu und unendlich geliebt
Dein Georg
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V.
Nach dem Krieg bringt Jutta sich und die Kinder zunächst mit der Heimproduktion von bunten Quasten für Pantoffeln durch. Sie ist darin sehr geschickt. Erst Mitte der fünfziger Jahre erhält sie durch das Hilfskomitee für die Hinterbliebenen des 20. Juli eine Unterstützung und kann mit dessen Vermittlung für Jobst einen Internatsplatz auf einer Hermann-Lietz-Schule bekommen. Zu den Gedenkfeiern vom 20. Juli in Berlin geht sie nicht. Die Erinnerung tut zu weh. Aber die zehn glücklichen Jahre im Leben ihrer Mutter sind für die Kinder ein Begriff, wenn sie auch eine gewisse Scheu haben, genauer nachzufragen. Sie lernen, stolz auf den Vater zu sein, aber nicht mit anderen darüber zu reden.
Beide Söhne gehen später â wohl dem Vorbild des Vaters folgend â zur Bundeswehr und werden Berufsoffiziere. Georg wird Kommandeur eines Panzerbataillons, ist fünf Jahre lang Leiter des Heeresverbindungsstabes zum US Army Armor Center in Fort Knox (Bundesstaat Kentucky, USA ) und leitet danach als Kommandant den gröÃten NATO -Truppenübungsplatz Mittel- und Westeuropas in Bergen. Während seiner Zeit in den USA hat er auch gelegentlich über den militärischen Widerstand des 20. Juli gesprochen. Er trifft dabei â bei völliger Unkenntnis seiner Zuhörer â auf erstauntes Interesse.
Auch Jobst beginnt als Offizier in einem Panzerbataillon, ist zeitweise im Protokollreferat des Bundesministeriums der Verteidigung und wird ebenfalls Kommandeur eines Panzerbataillons in Koblenz. In dieser Funktion hilft er mit bei der Auflösung und Neueingliederung eines Panzerbataillons der Nationalen Volksarmee nach der Wiedervereinigung.
Innerhalb und auÃerhalb der Bundeswehr werden die beiden Söhne selten auf die Person des Vaters, fast nie auf sein Schicksal im Zusammenhang mit dem 20. Juli angesprochen, auch nicht von Generälen wie Adolf Heusinger, Erich von Manstein, Ulrich de Maizière, die noch in der Wehrmacht gedient haben und das Engagement des Vaters im Widerstand eigentlich kennen müssten. Das Persönliche war kein Thema, für die Bundeswehr als Ganzes wird der 20. Juli ein offizielles Gedenkdatum.
Einmal â es muss 1981 gewesen sein â sitzt Jobst in einer Runde junger Ausbildungsoffiziere. Es wird, mehr pflichtgemäÃ, über den Widerstand geredet. Da äuÃert sich einer der Kollegen spöttisch und abfällig: »Das waren alles Verräter.« â »Das war für mich der Augenblick, an dem ich begann, offen über meinen Vater und seine Freunde zu reden«, sagt Jobst Schulze-Büttger. Er empfand es wie eine Befreiung. »Dabei wusste ich doch selbst noch so wenig, aber es wurde plötzlich ganz, ganz still, und man hätte eine Stecknadel fallen hören können.«
Der Jahrgangskollege hat sich später bei ihm entschuldigt. Jobst selbst, der mit seinem ersten selbstverdienten Geld zum ersten Mal auf persönlicher Spurensuche zu den Gedächtnisfeiern im Bendlerblock gefahren war, engagiert sich seit diesem Tag intensiver in der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944. Der Mutter, die nie mitkam, hat er ausführlich von den Begegnungen dort berichtet. Das hat ihr gefallen.
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Antje Vollmer
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Randolph Freiherr von Breidbach-Bürresheim (1912â1945)
»Ihr müÃt nicht bitter gegen das Schicksal werden â
alles geht wie es vorgezeichnet ist«
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I.
Die Frage, inwieweit der eigene Widerstand gegen das NS -Regime schriftlich festgehalten werden sollte, trieb die Organisatoren des Staatsstreichs immer wieder um. Im Wesentlichen gab es zwei Denkrichtungen: Henning von Tresckow und seine Mitstreiter in der Heeresgruppe Mitte wollten möglichst wenig aufschreiben, um zu verhindern, dass die Niederschriften bei einem Scheitern der Pläne gegen sie verwendet werden konnten. Das Vernichten belastender Papiere stand daher ganz oben auf der Liste der SchutzmaÃnahmen â was nach dem 20. Juli Mitverschwörern aus der Tresckow-Gruppe das Leben gerettet hat, obwohl sie aktiv am Attentat beteiligt waren.
Andere, wie Hans von Dohnanyi, hielten es für unabdingbar, Material für die Zukunft zu sammeln: über die Verbrechen des NS -Regimes wie über den Widerstand. Dohnanyi, zunächst Mitarbeiter im Reichsjustizministerium, dann
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