Stauffenbergs Gefaehrten
Breidbach sich vom Gebrüll der Vernehmer hat einschüchtern lassen, ist besorgt und versucht, ihm Tipps zu geben, wie er später betont. Er solle alles auf ihn schieben, weil ja nicht abzustreiten sei, dass die Berichte in der Kanzlei getippt wurden. AuÃerdem bittet er den Gefängnispfarrer, Breidbach aufzubauen, der offensichtlich glaubt, dass alles verloren sei.
Die Meinung der Anklage über seine Berichte ist eindeutig: Ihr Inhalt biete dem Ausland Stoff für übelste Propaganda, im Inland müssten sie wehrkraftzersetzend wirken. Den Nachweis, dass die Behauptungen veröffentlicht worden sind oder werden sollten, können die Ankläger jedoch nicht erbringen. Das macht den Beschuldigten Hoffnung. Zusätzlich ist es dem Abwehrchef Admiral Wilhelm Canaris gelungen, dem OKW -Chef Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel einzureden, dass es sich bei dem Verfahren um einen Versuch handele, sein Amt der Wehrmacht wegzunehmen und dem Reichssicherheitshauptamt einzuverleiben. Keitel weist Oberstkriegsgerichtsrat Manfred Roeder an, den Verdacht auf Hoch- und Landesverrat nicht weiterzuverfolgen.
Als der Termin der Verhandlung feststeht, besorgt Randolphs Vater einen Verteidiger. Seinen Sohn persönlich kann Hubert von Breidbach nicht mehr sprechen. Die Angeklagten müssen sich am 3. und 4. März 1944 nach Monaten der Ungewissheit vor dem Reichskriegsgericht »nur« wegen militärischen Ungehorsams, Wehrkraftzersetzung und Heimtücke im Zusammenhang mit den Breidbach-Berichten (Josef Müller) sowie wegen Wehrkraftzersetzung in Mittäterschaft (Randolph von Breidbach) verantworten. Das Gericht folgt ihrer Darstellung, die Berichte hätten lediglich der besonderen Arbeitsweise des Nachrichtendienstes gedient, und kommt zu dem Urteil: Die Angeklagten seien freizusprechen â »wegen erwiesener Unschuld«. Das ist angesichts vieler Haftstrafen und Todesurteile in jener Zeit bemerkenswert. Doch der Erfolg ist nur von kurzer Dauer. Keitel hat es abgelehnt, sich weiter für die Angeklagten einzusetzen, falls die Gestapo Einspruch gegen das Urteil einlegt. Das geschieht natürlich. So bleiben Müller und Breidbach in Haft. Der Jüngere betrachtet seinen Lebensweg als von Gott vorgezeichnet und versucht, daraus Stärke zu ziehen. In einem Brief schreibt er: »Ihr müÃt nicht bitter gegen das Schicksal werden â alles geht wie es vorgezeichnet ist. Ich glaube mehr und mehr, daà die Menschen nur Werkzeuge sind.«
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VIII.
Breidbachs Mutter aber will das nicht hinnehmen. Zusammen mit Müllers Frau reist sie im Frühjahr 1944 nach Berlin, um Näheres über die Situation ihres Sohnes zu erfahren. Nach ihren Erzählungen spricht sie auch mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg, dem entfernten Verwandten und Bamberger Regimentskameraden Randolphs. Stauffenberg habe sie um Geduld gebeten und sie zu trösten versucht mit der Bemerkung, es werde schon alles gut gehen. Doch das wird es nicht.
Nach dem 20. Juli verschärft sich die Lage der Inhaftierten. Im September 1944 findet die Gestapo in einem Safe der Wehrmacht in Zossen bei Berlin das »Widerstandsarchiv« Hans von Dohnanyis, das die wichtige Rolle der Abwehr an den Umsturzplänen deutlich macht. Unter den Dokumenten ist auch ein »X-Bericht« über Gespräche in Rom, der Müller zugeordnet wird. Jetzt rächt sich, dass Dohnanyi die wiederholte Aufforderung seiner Mitverschwörer ignoriert hat, die Dokumentensammlung zu vernichten. Müller wird aus dem Gefängnis in die Gestapo-Zentrale überführt. Randolph von Breidbach lässt die »Sonderkommission 20. Juli« am 6. November aus der Krankenabteilung des Gefängnisses in die Prinz-Albrecht-StraÃe bringen.
Von neuen Verhören unter verschärften Bedingungen erhofft sich die Gestapo belastende Aussagen gegen Abwehr-Offiziere. Die kann Breidbach nicht liefern, offenbar ist er tatsächlich â bis auf seine Berichte â aus anderen Aktionen herausgehalten worden. Trotzdem wird er am 20. Februar 1945 mit einem Sammeltransport in das Konzentrationslager Sachsenhausen nördlich von Berlin überstellt und erhält die Häftlingsnummer 134.555. Von da an hört die Familie nichts mehr von ihm. Sorgen macht sie sich auch um Randolphs jüngeren Bruder Goswin, der als Gefreiter in einer Meldeeinheit an der Ostfront dient. Sie müssen befürchten, dass er wegen seines Bruders ebenfalls
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