Stauffenbergs Gefaehrten
russischen Menschen, der besonders verachtend von »deutscher Kultur« spricht, wenn von den Besatzungstruppen Verurteilte öffentlich gehängt oder mit einem Genickschuss hingerichtet werden. Breidbach traut dem Bolschewismus eine führende Rolle bei der Befriedung Nachkriegseuropas zu. Presse und Rundfunk in Deutschland würden aber »in der dem Nationalsozialismus eigenen Folgerichtigkeit jeden dahingehenden Gedanken als Häresie verdammen«.
In seinem zweiten Bericht vom 31. Oktober 1942 zieht Breidbach stärker Vergleiche zwischen Sowjet-Regime und Nationalsozialismus. Er kritisiert die Sowjetunion als autoritär regiertes Land, das den Einzelnen unterdrücke und dessen Apparat jede menschliche Regung registriere. Wie die Anklageschrift vermerkt, weise Breidbach ironisch darauf hin, dass die Verwandtschaft des Bolschewismus mit der nationalsozialistischen Staatsauffassung für jeden Beobachter augenfällig sei. Er bezeichne den Nationalsozialismus als Teil »jener Kraft, die stets das Böse will«, und behaupte, dass für die europäische Intelligenz die bolschewistischen Gedanken verführerischer seien »als die rohen Ãberlegungen des Nationalsozialismus«.
In seiner dritten Abhandlung geht es um eine europäische Nachkriegsordnung. Breidbachs Ansicht nach würde ein wiederhergestelltes Polen als Bollwerk gegen den Bolschewismus gebraucht, weil es sich eher dem Westen zugehörig fühle. Aber auch bei den Polen habe der deutsche Militarismus, den Breidbach als »preuÃisch« bezeichnet, Verheerendes angerichtet, so dass der Hass auf alles Deutsche groà sei.
Â
VII.
Die Verhöre und der Prozess zeigen das typische Vorgehen der NS -Justiz; dennoch hat das Verfahren seine Besonderheiten. Jedem der Angeklagten ist klar, dass die Breidbach-Berichte Sprengstoff sind. Josef Müller hat sich deshalb eine geschickte Strategie zur Verteidigung ausgedacht. Um ihre Bedeutung herunterzuspielen, stellt er die Berichte als »Spielmaterial« dar, ein üblicher Begriff bei Geheimdiensten für Material, das für Testzwecke verwendet wird. Er habe Breidbach gebeten, seine Eindrücke an der Ostfront und vom Verhalten der deutschen Soldaten gründlich zu schildern, um analysieren zu können, ob und welche Infektionsgefahr der Bolschewismus biete. Der antipreuÃische Ton und das Betonen der bolschewistischen Gefahr im Polen-Bericht sollten als Köder dienen, um von den Gesprächspartnern in Rom Angaben über die Pläne der Westmächte zu erhalten. SchlieÃlich seien die Aufzeichnungen nie für die Ãffentlichkeit gedacht gewesen und wären nur nach vorheriger Genehmigung durch das OKW verwendet worden, argumentiert Müller weiter. Letztlich seien sie für ihren Zweck aber unbrauchbar gewesen, und er habe sie versehentlich im Schreibtisch liegengelassen.
Randolph von Breidbach versucht es zunächst ebenfalls mit Müllers Strategie. Vieles an den Berichten sei schriftstellerisch erfunden, behauptet er. Auch habe er sie bewusst antinationalsozialistisch geschrieben, damit sie nicht sofort als »deutsche Tendenzberichte« erkannt würden. Doch im Gegensatz zum erfahrenen Anwalt Müller verstrickt sich Breidbach in Widersprüche. Die Vernehmer machen ihn schnell als Schwachstelle der Gruppe aus und setzen ihn besonders unter Druck, um ihn zu verunsichern, was durch seinen labilen Gesundheitszustand erleichtert wird. Bei nahezu jeder Befragung ändere Breidbach seine Angaben, vermerken die Ankläger. Einmal habe er die Urheberschaft für sämtliche heiklen Stellen der beiden Ost-Berichte und des Polen-Berichts abgestritten, selbst bei der Gegenüberstellung mit Müller, dann aber zugegeben, die Schriften selbst verfasst zu haben. Vier Wochen später habe er diese Darstellung erneut widerrufen, dann die Autorenschaft wieder eingeräumt, aber behauptet, von Müller aufgefordert worden zu sein, den Berichten eine gewisse Tendenz zu geben.
Randolphs Neffe Hubertus von Breidbach-Bürresheim hält es für möglich, dass sein Onkel sich absichtlich in Widersprüche verwickelt hat. Als Anwalt habe er gewusst, dass er es so den Vernehmern schwerer machen könne, ihm eine konkrete Schuld nachzuweisen. Ob Unsicherheit oder Taktik: Am Ende der Verhöre raten die Ankläger, alle Einlassungen der Beschuldigten nur mit Vorsicht zu genieÃen.
Josef Müller, der erlebt hat, wie sehr
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