Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
Vom Netzwerk:
aufgebaut hatte, um die Aktionen gegen das nationalsozialistische Deutschland zu koordinieren, eine verschlüsselte Depesche an den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt gesandt. Diese Depesche verspricht, das Scheitern des missglückten Staatsstreichs auf gesicherter Quellenbasis zu analysieren. Darin heißt es:
    Â 
    Eine weitere maßgebliche Ursache für das Scheitern waren die Differenzen, die sich in letzter Minute unter den Verschwörern auftaten. Von Stauffenberg und dessen jüngere Kollaborateure erreichten eine Entscheidung zugunsten einer östlichen Lösung, die eine sofortige Öffnung der Front für die UdSSR vorsah. Es sollte dabei nicht einmal versucht werden, mit den Sowjets zu verhandeln. Von Stauffenberg behauptete seinen Mitverschwörern gegenüber, dass er Verbindung mit General von Seydlitz und dem Nationalkomitee Freies Deutschland in Moskau aufgenommen und über Madame Kollontai, die sowjetische Botschafterin in Schweden, von Seydlitz die Zusicherung erhalten habe, dass Deutschland einen fairen Frieden erhalten und die Wehrmacht nicht gänzlich entwaffnet werden würde. Trott zu Solz (später hingerichtet), der versucht hatte, Verbindung mit den Briten in Stockholm aufzunehmen, und von dort keinerlei Unterstützung erfuhr, habe dann auch die östliche Lösung favorisiert und Stauffenberg unterstützt.
    Im Ergebnis gab es unter den Verschwörern Differenzen über die Zusammensetzung der künftigen Regierung. Die konservative, westlich orientierte Gruppe der Älteren bevorzugte eine Regierung mit Goerdeler und Beck an der Spitze. Die jüngere, prosowjetische Fraktion war zwar mit Beck als Staatschef einverstanden, wollte aber einen Kanzler vom linken Flügel, jemanden wie Hans Leuschner, der prominenter Sozialist und früher hessischer Innenminister gewesen war, oder den ehemaligen Abgeordneten des rechten Flügels der Sozialdemokratischen Partei, Dr. Julius Leber (Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die Sowjets einen von beiden akzeptiert hätten.) … Stauffenberg und Trott zu Solz sahen in der amerikanischen Politik oder Nicht-Politik keine Hoffnung für Deutschlands Zukunft und bauten deshalb auf die UdSSR . 1
    Â 
    Â 
    Schreiben von Allen Dulles mit dem Bericht über die Ankunft von Gisevius (Codenummer 512) in der Schweiz, Januar 1945. Es enthält auch einen Dank für die Unterstützung durch den britischen Geheimdienst bei der Herstellung einer gefälschten Gestapo-Marke.
    Â 
    Dieser deutlich denunziatorische Bericht verstand sich als »eine Ergänzung zu einem Memorandum vom 22. Juli 1944 und der Nachfolgememoranda über den ›Deutschen Staatsstreich‹ vom 20. Juli 1944«. Der Informant, so heißt es, »ist ein Mitglied und früherer Emissär der Verschwörergruppe und hatte maßgeblichen Anteil an der Konspiration. Er ist kürzlich nach der Schweiz geflüchtet und ist wahrscheinlich der einzige der aktiven Verschwörer, der sich in Sicherheit hat bringen können.« 2
    Ein weiteres, ebenfalls als GEHEIM bezeichnetes Memorandum an den US -Präsidenten vom selben Tag ist unterzeichnet von Charles S. Cheston, Acting Director, und nennt in Kurzfassung fünf Gründe, warum die Aktion gescheitert sei:
    Â 
–
die »nervliche Verfassung« der Verschwörer
–
General Fellgiebel habe »versäumt«, die Funkverbindung zu zerstören
–
der »Abfall« von Major Remer
–
das »Versäumnis, sich mit der effizienten Nazi-Polizei auseinanderzusetzen«
–
Differenzen innerhalb des Verschwörerkreises, welcher alliierten Macht gegenüber die Kapitulation erfolgen solle.
    Â 
    Seine ganze Brisanz erhält dieser Bericht dadurch, dass bekundet wird, er stamme von einem Mann aus dem innersten Kreis der Verschwörer, von ihrem mit zentralen Vollmachten ausgestatteten »Emissär«, der diese Analyse aus unmittelbarem eigenen Erleben am 20. Juli im Bendlerblock verbürgen könne. Dieser Mann, der vermeintlich einzige Überlebende, gilt als eine einzigartige und ungewöhnliche Spitzenquelle des OSS . Der Konfident wird unter der Kennzeichnung »Luber« oder »Nr. 512« geführt.
    Der Autor dieser »Analyse« ist Hans Bernd Gisevius. Tatsächlich hatte Gisevius, damals offiziell als Vizekonsul des deutschen Generalkonsulats in Zürich akkreditiert, sich am 11. Juli1944 , unmittelbar vor den

Weitere Kostenlose Bücher