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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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Breidbach am Reichskriegsgericht
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VI.
    Am 5. April 1943 werden Hans von Dohnanyi und Josef Müller festgenommen, Hans Oster unter Hausarrest gestellt. Nach den Devisenvergehen eines Abwehr-Agenten ist die Gestapo auf die Gruppe aufmerksam geworden. Entdeckt wird dabei auch ein Plan von Dohnanyi und seinem Schwager Dietrich Bonhoeffer, deutsche Juden als angebliche Agenten in die Schweiz zu schleusen und sie dort für einen Neustart mit Geld auszustatten. Den Fonds dafür verwaltet Hans Bernd Gisevius, der Vizekonsul am Generalkonsulat in Zürich. All das scheint eine günstige Gelegenheit für SS -Chef Himmler, gegen den Nachrichtendienst der Wehrmacht vorzugehen, der seine Kreise stört.
    In Gewahrsam kommt auch Müllers Frau. Die Durchsuchung seines Büros am Maximiliansplatz durch Gestapo-Beamte ist zunächst ergebnislos, offenbar hat seine Sekretärin belastendes Material vernichtet, darunter die Briefe und andere handschriftliche Papiere Randolph von Breidbach-Bürresheims. Allerdings finden die Beamten in Müllers Wohnung die drei Berichte.
    Weil er den Verfasser nicht nennen will, wird auch seine Sekretärin festgenommen, zumal schnell herauskommt, dass die Berichte auf ihrer Schreibmaschine getippt worden sind. Um die beiden Frauen zu schützen, gibt Müller schließlich den Namen preis – in der Hoffnung, Breidbach sei wieder an der Front. Doch der ist noch in Würzburg, wo er am 5. Mai 1943 von der Gestapo abgeholt wird. In seiner Wohnung wird ein Briefwechsel mit dem Bischof von Würzburg gefunden, der harmlos ist, aber den Verdacht nährt, Breidbach sei Teil eines Komplotts der Kirche.
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    Josef Müller (»Ochsensepp«) 1959 in seinem Büro. Der Freund bat Randolph von Breidbach, seine Kriegserlebnisse aufzuschreiben.
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    Die Eltern in Fronberg versuchen nach dem ersten Schock, ihrem inhaftierten Sohn nach Kräften zu helfen. Hubert von Breidbach besorgt sich Namen und Adresse eines Kriegsgerichtsrates in Berlin, den er in einem Hotel trifft. Der Richter hört sich den Vater an und erklärt, dass der Vorwurf wohl auf Hoch- und Landesverrat hinauslaufen wird, was den Vater zutiefst erschreckt. Es gelingt ihm, seinen Sohn zu sprechen, »der sehr vertrauensselig in die Zukunft blickte«, wie er in seinen Erinnerungen festhält. Er selbst habe die Lage pessimistisch gesehen, sich aber gehütet, den Sohn das spüren zu lassen, »um seine Widerstandskraft nicht zu schwächen«. Allerdings habe er ihn früher mit den Worten »N’écrivez jamais!« (sinngemäß: »Niemals etwas schriftlich hinterlassen!«) gewarnt – was darauf deutet, dass er dessen Haltung kennt. Der Sohn hat die Mahnung verstanden, wie er seiner Mutter schreibt: »Es ist doch gut, wenn man jemanden in der Familie hat, der bremst.« Aber diese Einsicht sei leider zu spät gekommen, bedauert der Vater im Nachhinein.
    In den kommenden Wochen wird Hubert von Breidbach weitere Male nach Berlin fahren, einmal reist er sogar nach Karlsbad, als er erfährt, dass der zuständige Richter dort zur Kur weilt. Doch er trifft ihn nicht an. Auch die Mutter macht sich, trotz Bombenangriffen, öfters auf den Weg zu ihrem Sohn. Der liegt im Haft-Krankenhaus, weil die alte Gelbsucht wieder ausgebrochen ist.
    Bei den Vorbereitungen für den Prozess vor dem Reichskriegsgericht spielen die Breidbach-Berichte eine wichtige Rolle. Sie enthalten nach Ansicht der Ankläger »eine Fülle unwahrer Behauptungen übelster Art« und lassen »durchweg eine scharfe deutschfeindliche Tendenz erkennen«. Originale und Kopien, die es gegeben haben soll, sind bis heute verschollen, allerdings zitiert die Anklageschrift daraus. In allen Berichten schildert Breidbach seine Erlebnisse von der Front: Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, die »furchtbare« Behandlung von Gefangenen und russischen Arbeitskräften in deutschen Betrieben, die zunehmend negative Einstellung der Soldaten zum Nationalsozialismus, die Abnahme der Kampfmoral besonders bei Offizieren sowie die Korruption in der Etappe. Breidbach analysiert aber auch die politischen Strukturen in der Sowjetunion und vergleicht sie mit dem Nationalsozialismus.
    In seinem ersten Ost-Bericht vom 9. September 1942 lobt er – im Gegensatz zur »Untermenschen-Theorie« der Nationalsozialisten – den Arbeits- und Kulturwillen sowie die ethische Grundhaltung des

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