Staunen über den Erlöser
davon, passen Sie auf!
Und das Zweite: »Betet.« Beten heißt nicht, dass wir Gott etwas Neues sagen. Kein Sünder und kein Heiliger kann ihn überraschen. Sondern indem ich bete, bitte ich Gott, auf den dunklen, gefährlichen Wegen des Lebens mit mir zu gehen. Ich bitte ihn, mein Führer zu sein, der mich vor morschen Bäumen und jähen Erdrutschen warnt, und ich bitte ihn, die Nachhut zu sein, damit der Teufel mir nicht seine Giftpfeile in den Rücken schießt.
»Seid wachsam und betet.« Ein guter Rat. Ob wir ihn befolgen, kann darüber entscheiden, ob wir einen schönen Tag auf dem See verbringen oder uns eine Stange Dynamit um die Ohren fliegt.
Kapitel 30
Was hast du erwartet?
Mein erster Zusammenstoß mit der Welt der Erwartungen kam, als ich ein rothaariger, sommersprossiger Viertklässler war, und der Stein des Anstoßes war meine erste Freundin, Marlene. Mann, war ich verrückt nach Marlene! Sie war meine Herzenskönigin. Ein Blick auf Marlene, und mein Puls verdoppelte sich. Sie muss ein hypnotisches Talent gehabt haben, denn wenn ich in ihrer Nähe war, konnte ich nur noch grinsen. Keine Worte, kein Gespräch, nur ein verliebter Zehnjähriger, dem die Augen aus dem Kopf fielen.
Dann kam der Tag, wo sie sich bereit erklärte, »mit mir zu gehen«. Wow! Feuerwerk, Sterne, Applaus, Musik! »Hier bin ich, Eure Hoheit.«
Es gab nur ein kleines Problem. Ich hatte noch nie eine Freundin gehabt. Ein Kumpel, der es gut mit mir meinte, muss das geahnt haben, denn in einer Schulpause nahm er mich beiseite und sagte: »Für sein Mädchen muss man was tun.«
»Was zum Beispiel?«
»Na, sie ins Klassenzimmer bringen, du Schrumpfhirn! In der Mittagspause neben ihr sitzen. So was halt.«
Gut. Als die Mittagspause kam, wartete ich an der Tür der Schulkantine, bis sie kam. Dann nahm ich wie ein echter Gentleman ihre Bücher, bot ihr meinen Arm und ging so mit ihr zu der Schlange vor der Essenausgabe. Prince Charles und Lady Diana waren nichts dagegen.
Alles war Friede, Freude, Eierkuchen, bis zum nächsten Tag. Nach der Schule kam ihre beste Freundin zu mir und sagte: »Marlene möchte mit dir Schluss machen.« Ich war sprachlos. »W-warum?«, stotterte ich. »Weil du heute nicht beim Mittagessen bei ihr gesessen hast.«
Was hatte ich nur falsch gemacht?
Dies war der erste Tag, an dem mir Frauen ein Rätsel waren. Später lernte ich dann, dass das Problem kein spezifisch weibliches war; es war und ist ein allgemein menschliches.
Es ist das Problem der Erwartungen. Nachdem ich einmal in der Mittagspause neben ihr gesessen hatte, nahm Marlene an, dass das künftig immer so zu sein hatte. Wir hatten nichts Derartiges vereinbart, niemand hatte ein Wort gesagt, aber die Erwartung war da. Marlene erwartete, dass ich auch das nächste Mal in der Schulkantine auf sie warten würde. Ich hatte sie enttäuscht, und damit war es aus zwischen uns.
Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Was für Erfahrungen haben Sie mit Erwartungen gemacht? Erwartungen können gefährlich werden. Sie haben schon mehr zerstört als einen Schwarm im vierten Schuljahr. Scheidungen, Ärger in der Firma, Minderwertigkeitskomplexe, Familienzwist, Weltkriege, zerbrochene Freundschaften – es gibt fast nichts, was der Virus der Erwartungen nicht hervorrufen kann.
Erwartungen sind wie Gewehre. Richtig eingesetzt, sind sie wertvoll und notwendig. Aber wie schnell werden sie missbraucht. Wie schnell sind wir dabei, sie zu laden, den Abzug zu entsichern und auf unsere Lieben zu zielen. Eiskalt drücken wir ab. »Du hast mich enttäuscht.« Und die Kugel der Erwartung trifft uns beide.
Haben Sie das üble Spiel der Erwartungen auch schon gespielt? Haben Sie zum Beispiel Ihren Kindern die folgenden Sätze um die Ohren geschlagen?
»Dein großer Bruder hat eine Eins in Mathematik bekommen, da schaffst du das doch auch.«
»Als ich in deinem Alter war, war ich der beste Spieler in der Schulfußballmannschaft.«
»Nicht wahr, du wirst auch so ein guter Arzt werden wie dein Vater?«
»Nein, Junge, die Universität vergisst du mal gleich wieder! Du wirst selbstverständlich an meiner Uni studieren, die Studiengebühren finanzier’ ich dir!«
Oder wie ist das mit Ihrem Ehepartner?
»Wenn du mehr verdienen würdest, John, könnten wir uns dieses Haus leisten.«
»Schatz, ich hab Paul für nächsten Sonntag eine Golfpartie versprochen. Du hast doch sicher nichts dagegen?«
»Ist nicht meine Schuld, dass die Küche so ein Chaos ist. Hausarbeit ist
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