Staunen über den Erlöser
Frauensache.«
Oder am Arbeitsplatz:
»Erich, ich setze große Hoffnungen auf dich für unsere Firma. Bitte enttäusche mich nicht.«
»Ich weiß, dass es schon bald sechs ist, aber ich dachte, du hast nichts dagegen, wenn wir noch einen Kunden besuchen.«
»Ich weiß, dass du deinen Urlaub noch nicht genommen hast, Peter. Aber in dieser Firma ist man bereit, auch mal ein Opfer zu bringen.«
Erwartungen. Sie schaffen Liebe, die an Bedingungen geknüpft ist. »Ich liebe dich, aber ich würde dich noch mehr lieben, wenn du …«
Ich weiß schon, was Sie jetzt denken. Sollten wir denn nicht das Beste voneinander erwarten? Sollten wir einander nicht dazu anhalten, sich nur mit dem Allerbesten zufriedenzugeben?
Absolut.
Aber es ist der gekreuzigte Christus, der uns gezeigt hat, wie man richtig mit Erwartungen umgeht. Verlangt er viel? Und ob! Ist er anspruchsvoll? O ja. Hat er Erwartungen an uns? Er erwartet, dass wir alles stehen und liegen lassen, um ihm nachzufolgen.
Der Unterschied? Jesus hat seinen Erwartungen zwei wichtige Begleiter an die Seite gestellt: Vergebung und Barmherzigkeit.
Lesen Sie einmal die folgenden Worte des Paulus: »Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren« (Römer 5,8 LÜ). Wann starb Christus für uns? Als wir vollkommen geworden waren? Als wir gelernt hatten, alle Versuchungen zu überwinden? Als wir unsere Meisterprüfung im Christsein bestanden hatten? Nein, sondern er starb für uns, als wir noch Sünder waren. Sein Opfer war nicht von unserer Leistung abhängig.
Wenn wir mit Erwartungen lieben, sagen wir: »Ich liebe dich. Aber ich werde dich noch mehr lieben, wenn …«
Christi Liebe war nicht von dieser Sorte. Keine Erwartungen, keine Haken, nichts Kleingedrucktes. Seine Liebe zu uns war (und ist) ohne Wenn und Aber. Er sagt uns: »Ich liebe dich. Auch dann, wenn du mich enttäuschst, auch dann, wenn du versagt hast.«
Nur einen Schritt hinter den Erwartungen Christi kommen seine Vergebung und Barmherzigkeit. Jedes Mal, wenn wir von dem Hochseil der Erwartungen unseres Meisters herunterfallen, landen wir sicher im Auffangnetz seiner Liebe.
Erwartungen. Für sich genommen sind sie wie tödliche Gewehrkugeln, aber wenn sie von Vergebung und Barmherzigkeit gepuffert sind, können sie das Beste in uns hervorlocken. Schon bei Zehnjährigen.
Kapitel 31
Komm nach Hause
Irdische Dinge zu benutzen, um himmlische Wahrheiten zu erklären, ist keine kleine Kunst. Aber hin und wieder findet man sie, die Geschichte, Legende oder Fabel, die eine bestimmte Botschaft so exakt wie hundert Predigten, aber zehnmal anschaulicher vermittelt. Wie die folgende Geschichte, die ich zum ersten Mal von einem brasilianischen Prediger in Sao Paulo hörte. Ich habe sie schon zahllose Male weitererzählt, aber mit jedem Erzählen ergreift mich ihre Botschaft neu.
Das kleine Haus war schlicht, aber zweckmäßig. Es bestand aus einem einzigen großen Zimmer und lag an einer staubigen Straße. Sein rotes Ziegeldach sah so aus wie die anderen auch in diesem armen Viertel am Rande des brasilianischen Dorfes. Es war ein gemütliches Haus. Maria und ihre Tochter, Christina, hatten getan, was sie konnten, um die grauen Wände bunter und den harten Lehmboden wärmer zu machen: ein alter Kalender, ein vergilbtes Foto eines Verwandten, ein hölzernes Kruzifix. Die Möblierung war bescheiden: je ein Bett auf beiden Seiten des Raumes, ein Waschbecken, ein Holzofen.
Marias Mann war gestorben, als Christina noch ganz klein war. Die junge Mutter hatte sich geweigert, wieder zu heiraten, und sich stattdessen eine Arbeit besorgt und angefangen, ihre Tochter allein zu erziehen. Und jetzt, fünfzehn Jahre später, war das Schlimmste vorbei. Marias Dienstmädchenlohn erlaubte keine großen Sprünge, aber er kam regelmäßig und für Essen und Kleidung reichte er. Und jetzt war Christina alt genug, um sich selbst Arbeit zu suchen.
Manche sagen, dass Christina ihre Selbständigkeit von ihrer Mutter hatte. Wie alle anderen Frauen jung zu heiraten und einen Stall voll Kinder großzuziehen, war ihr zuwider. Nicht, dass es ihr an Heiratskandidaten gemangelt hätte. Ihre olivenfarbene Haut und die braunen Augen brachten einen nach dem anderen an ihre Tür. Und wie sie ihren Kopf zurückwerfen und den Raum mit ihrem Lachen füllen konnte! Dazu hatte sie jenes seltene gewisse Etwas, das jedem Mann, der in ihre Nähe kam, automatisch das Gefühl gab, ein König
Weitere Kostenlose Bücher