Staunen über den Erlöser
Kurven und Talfahrten.
Vielleicht ist das der Grund dafür, warum wir alle ein wenig an Verfolgungswahn leiden. Wir können versuchen, diese Zukunftsangst mit Schlips und Anzug zu kaschieren und in Alkohol zu ertränken, aber sie ist immer noch da. Haben wir nicht alle Angst vor dem Unbekannten? Graut es uns nicht allen vor dem Tag X, wo der dünne Vorhang, der uns von dem Bösen trennt, zurückgezogen wird? Krebs. Mord. Vergewaltigung. Tod. Es lässt uns nicht los, das bohrende Wissen darum, dass wir nicht immun sind gegen die Gefahren und Widrigkeiten des Lebens.
Es ist diese Unberechenbarkeit des Lebens, die uns alle gleichsam in ständiger Alarmbereitschaft leben lässt.
Aber inmitten dieser Unberechenbarkeit hatte Gott seine größte Stunde. Niemals ist das Schmutzige dem Heiligen so nahe gekommen wie auf Golgatha. Nirgends hat das Gute in der Welt sich so mit dem Bösen verschlungen wie am Kreuz. Nie sind Recht und Unrecht, Richtig und Falsch so auf Tuchfühlung miteinander gewesen wie damals, als Jesus zwischen Himmel und Erde hing.
Gott an einem Kreuz. Der tiefste Abgrund der Menschheit. Die höchste Höhe Gottes.
Das Kreuz sagt uns etwas über die Ungereimtheiten des Lebens. Etwas, das uns Hoffnung gibt. Etwas, das heilt. Einfach ausgedrückt: Am Kreuz kam es zur Entscheidungsschlacht zwischen dem Beständigen und dem Unbeständigen, dem Geraden und dem Verdrehten, und das Beständige und Gerade hat gewonnen.
Und das Kreuz sagt uns auch etwas über Gott selbst. Gott steht nicht hilflos vor dem Bösen in der Welt. Ihm steht nicht der Mund offen vor der Tiefe unseres Glaubens oder der Tiefe unseres Versagens. Wir können ihn nicht überraschen mit unseren Grausamkeiten. Er weiß, wie es um die Welt steht … und liebt uns dennoch. Jedes Mal, wenn wir einen Ort finden, an dem Gott unmöglich sein kann (zum Beispiel ein Kreuz), dann merken wir, wenn wir nochmals hinschauen, dass er doch da ist, als Mensch.
Kapitel 33
Der große Befehl
Die Tür ist verriegelt und verrammelt. Vielleicht haben sie zur Sicherheit noch einen Stuhl unter die Klinke geschoben. Drinnen sitzen mit schlotternden Knien zehn Männer auf dem schmalen Zaun zwischen Glauben und Angst.
Schauen Sie sie sich genau an. Sie sehen überhaupt nicht aus wie ein Kampftrupp, der kurz davorsteht, Dampf unter dem Kessel der Geschichte zu machen. Ungebildet. Verängstigt. Schwielige Hände. Provinzdialekt. Unkultiviert. Unbedarft. Kein Geld. Wer ist überhaupt der Anführer? Und so weiter und so fort.
Nein, Sie würden kaum einen Pfifferling geben für die Zukunft dieses Haufens. Aber etwas passiert mit einem Menschen, der Zeuge davon wird, wie ein anderer vom Tod auferstanden ist. Etwas tut sich in der Seele eines Menschen, der auf Tuchfühlung mit Gott gewesen ist. Etwas wird lebendig, das heißer ist als das heißeste Goldfieber und beständiger als die größte Leidenschaft.
Es begann mit zehn stotternden, stammelnden Männern. Die Tür war verriegelt, aber plötzlich stand er mitten unter ihnen. »Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich euch« (Johannes 20,21).
Und er sandte sie. Häfen. Höfe. Schiffe. Synagogen. Gefängnisse. Paläste. Überall gingen sie hin. Ihre Botschaft von dem Nazarener ging wie ein Lauffeuer durch die damals bekannte Welt. Sie waren ein ansteckendes Fieber. Sie waren ein lebendiger Organismus. Sie ließen sich nicht stoppen. Ungebildete Herumtreiber, die die Geschichte durchschüttelten, wie eine Hausfrau einen Teppich ausschüttelt.
Wäre es nicht toll, wenn wir das wieder erleben könnten?
»Geht nicht«, sagen viele. Der Boden ist zu hart. Die Welt ist zu gottlos. Wir leben in einer nachchristlichen Gesellschaft. »Dies ist das Zeitalter der Information und nicht der Bekehrung.« Und wieder verrammeln wir die Tür, vor lauter Angst vor der Welt.
Mit dem Ergebnis, dass wir die Welt nicht erreichen. Über die Hälfte der Welt hat die Geschichte vom Messias noch nie gehört, geschweige denn studiert. Die paar Christen, die hinausziehen, kommen oft müde und zerschlagen zurück, überwältigt von der Schwere der Aufgabe und der Größe der Not.
Was bräuchte es, um das Feuer wieder zu entfachen? Irgendwie schafften sie es, die Jünger in dem Abendmahlsraum. Sie sagten nicht: »Vielleicht später«, sie verschanzten sich nicht hinter Ausreden. Für sie war die Sache klar: »Ich weiß nur, dass er tot war und jetzt wieder lebendig ist.«
Etwas geschieht in einem Menschen, der Auge in Auge dem Löwen aus
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