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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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gelacht.»
    «Ihr habt Haus und Grundstück schon komplett durchsucht?»
    «Mehr oder weniger. Im Keller ist noch ein verschlossener Raum. Metalltür. Die haben wir beim Stürmen nicht aufgebrochen. Sie wissen ja, die müsste dann ersetzt werden, das sind alles Kosten. Ich dachte, da geht jemand von Ihnen mit dem Elektropick ran.»
    Inzwischen war auch die Spurensicherung da. Winter rief Freimann von oben zu, sie sollten sofort die verschlossene Metalltür im Keller öffnen.
    Dann ging er zurück in das Jugendzimmer.
    «Du bist Sebastian?», fragte er den Jungen in warmem Ton.
    «Ja.»
    «Ich bin Kriminalhauptkommissar Winter. Darf ich mich zu dir setzen?»
    «Ja.»
    Winter nahm sich einen orangefarbenen Plastikhocker und setzte sich ans Bett.
    «Wie geht es dir?»
    Bevor Sebastian antworten konnte, drang von unten ein spitzes, durchdringendes Kreischen herauf. Die Schreie einer Frau. Das Kreischen nahm kein Ende.
    «O Gott – Mama», sagte Sebastian und fing an zu weinen.
    Winter bezwang seine Neugierde.
    «Sebastian, hättest du jetzt gern einen Arzt oder Psychologen bei dir?» Von unten kreischte es noch immer.
    «Nee», antwortete Sebastian, «die können mir nicht helfen.» Doch sein Schluchzen klang erleichtert. Er war glücklich, dass seine Mutter lebte.
    Sein Vater verließ soeben mit mehreren Polizisten das Haus.

    Als Winter etwas später in weißem Overall und Schlappen den Keller betrat, da hatte Frau Stolze zu schreien aufgehört. Arzt und Sanitäter waren bei ihr, luden sie auf eine Trage, hängten einen Tropf an. «Verletzt?», fragte Winter. «Wohl nein», sagte der Arzt. «Aber sie hat hohes Fieber, wahrscheinlich Nierenbeckenentzündung oder Lungenentzündung durch die Unterkühlung. Sie sehen doch, in welchem Zustand sie ist. Wir bringen sie auf jeden Fall erst mal in die Uniklinik.»
    Freimann tauchte weiß gewandet in der Tür zum Nebenraum auf. «Willst du eine Überraschung erleben?», fragte er Winter. «Dann komm mal hier rein.»

    Der Raum war mit zwei Scheinwerfern grell ausgeleuchtet. Gleich vorne auf dem Boden lag ein aufgerissener Packen ineinandergesteckter Müllsäcke. Von dem blauen Plastik des innersten hob sich eine klebrige, kuchenartige schwarzbraune Masse ab, in der sich weiße Maden räkelten. Geronnenes Blut. Winter atmete mehrfach tief durch. Das konnte nur das Blut des Mainmädchens sein. Er fühlte sich dem Mädchen so nahe wie seit der Obduktion nicht mehr. War Sebastian der Täter, und Stolze wollte das vertuschen? Oder Stolze selbst? Alles war jedenfalls ganz anders gewesen, als sie die ganze Zeit gedacht hatten. Und wenn Stolze nicht durchgedreht wäre – sie hätten den wahren Täter wahrscheinlich nie überführt. Um ein Haar hätten sie sogar den Falschen vor Gericht gebracht.
    Nicht weit von den Tüten sah Winter eine mit Blutflecken beschmierte Matratze.
    «Andreas? Mann, wach auf. Die Überraschung liegt da drüben.» Freimann deutete auf einen weiteren Müllsack, der verstaubt und fast leer wirkte und ein gutes Stück weiter hinten zwischen zwei Sesseln auf dem Boden lag. Erst auf den zweiten Blick sah Winter aus der Öffnung einen menschlichen Schädel hervorragen.
    «Skelettierte Leiche», referierte Freimann. «Dürfte mehrere Jahre alt sein.»
    Winter hob die Brauen. Die These von Sebastians Täterschaft schmolz dahin. Vor «mehreren Jahren» war Sebastian noch ein Kind gewesen. Nein, Stolze selbst musste der Täter sein. War er ein Serienkiller? Winter dachte an die vor Jahren bei Nied im Main gefundene Mädchenleiche mit den vielen Misshandlungsspuren. Ging dieses erste tote Mädchen auch auf Stolzes Konto? Hielt er die Mädchen im Keller, bis er …
    Allmählich wurde es Winter mulmig im Magen. Er brauchte ein Frühstück, einen Kaffee. Schnell stieg er wieder die Treppen hoch zu Sebastian. Er sagte dem Jungen kein Wort von den Funden. (Wusste er es? Ahnte er es?) Weil man Sebastian nicht allein in diesem Haus zurücklassen konnte, fragte Winter ihn, ob er zu Verwandten wolle, Großeltern beispielsweise. Sebastian schüttelte den Kopf, nein, nicht zu den Großeltern. Er nannte den Namen der Vertrauenslehrerin seiner Schule, die er aus der Theater-AG gut kenne.
    Winter rief trotz der frühen Uhrzeit bei der Vertrauenslehrerin an. Die Stimme der älteren Frau strahlte Wärme und Leben aus. Kein Wunder, dass Sebastian zu ihr wollte. Sofort erklärte sie sich bereit, Sebastian für einige Tage aufzunehmen. Die uniformierten Kollegen wurden beauftragt, den

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