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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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hoch, direkt in Sebastians Gesicht, ausdruckslos. Wortlos ging er dann fort und holte die nächste Schaufel voller Glassplitter.
    In Sebastians Magen und Kehle breitete sich ein knebelndes Gefühl aus. Er schloss das Fenster.
    Bald darauf hörte er seinen Vater in die Garage gehen, dann kamen von dort Sägegeräusche. Später hörte er Bohren und Hämmern von der Straßenseite des Hauses. Wollte sich sein Vater vor der Polizei verbarrikadieren? Wie dumm war das denn? Gott, er musste hier raus. Der war doch verrückt. Einfach verrückt.

    Sabine hatte sich in die hinterste Ecke des Kellerraums verkrochen. Zitternd kauerte sie auf dem Boden, in einer Pfütze ihres eigenen Urins. Seit Bert an den Kellerfenstern zugange war, wagte sie keine Bewegung mehr. Sie brauchte eine Weile, bis ihr klarwurde, was er vorhatte. Er vernagelte die Fensteröffnung nun von außen. Damit sie nicht rauskonnte. Das Schlimmste war, dass er nicht mit ihr sprach. Obwohl er doch jetzt offenbar wusste, dass sie hier war.

    In der Nacht hörte Sebastian Stimmen aus dem Keller. Nur eine Stimme, um genau zu sein. Die Stimme seines Vaters. Er verstand praktisch nichts, nur immer wieder, mal lauter, mal leiser, oft klagend, anklagend, den Namen Sabine. Der Vater war verrückt, eindeutig. Er war hier in den Händen eines bewaffneten Irren.
    Und er hatte sich all die Jahre über Mama aufgeregt, weil sie Angst vor Papa hatte.

    Gegen vier fiel Sebastian ein, dass in einer der Kisten unterm Bett noch ein vorsintflutliches Handy sein musste. Vielleicht war noch ein Guthaben drauf? Oder wurde das nach soundsoviel Jahren automatisch gesperrt?
    Das Handy fand er. Bloß das Ladegerät nicht.

    Winter träumte verrückterweise von Schneehasen, als ihn sein Handy aus dem Schlaf riss. Er warf beinahe die Nachttischlampe um bei dem Versuch, es im Dunkeln zu greifen. «Winter», grunzte er verschlafen. Am anderen Ende meldete sich Aksoy, die sich auch nicht viel wacher anhörte.
    «Herr Winter, mich hat eben der Sebastian Stolze angerufen. Ich hab ihn nicht gut verstanden. Er hat geflüstert, und die Verbindung riss immer ab. Aber sein Vater hält ihn wohl in seinem Zimmer gefangen. Seine Mutter ist verschwunden, und er glaubt, sein Vater wird verrückt. Der Vater hat auch eine Pistole. Danach sagte Sebastian mir noch, dass sein Akku gleich leer ist, und das war’s.»
    «Verdammt. Das ist ja ein Ding. Haben Sie schon irgendwas angeleiert?»
    «Nein. Ich wollte erst Sie fragen. Nicht dass es wieder heißt, ich handele eigenmächtig. Für mich hört sich das nach Spezialeinsatzkommando an.»
    «Das sehe ich auch so. Ich kümmere mich um alles. Sie hören dann von mir. Warum hat der Junge Sie angerufen? Wieso hatte der Ihre Nummer?»
    «Bei der Nachbarschaftsbefragung habe ich ihm meine Karte gegeben. Ich nehme an, die hatte er noch.»

    Die Vorboten der Morgendämmerung waren am Osthimmel zu erahnen, als die Leute des SEK sich verdeckt um das Haus postierten. Das Stolze’sche Reihenendhaus war vollkommen dunkel, bis auf ein Kellerfenster, aus dem schwaches, flackerndes Licht drang. Das Fenster daneben war vernagelt. Es roch leicht nach Holzfeuer. Winter besprach mit dem Leiter des Kommandos, dass jemand sich vorsichtig dem hellen Kellerfenster nähern und hineinsehen sollte. Der Beamte mit Maske und Helm kam alsbald zurück. «Kein großer Brand», flüsterte er. «Die Zielperson ist selbst da unten, schläft leider nicht. Hat ein kleines Feuerchen auf dem Boden brennen, direkt an einer geschlossenen Metalltür. Nicht weit davon sitzt die Zielperson an die Wand gelehnt und fingert an der Waffe. Die Waffe sieht nach einer Glock aus. Von dem Raum konnte ich nur das rückwärtige Ende sehen. Ich kann nicht ausschließen, dass da noch eine andere Person ist. Hatte den Eindruck, er bewacht jemanden. Das Kellerfenster, durch das ich geguckt hab, hat kein Glas, bloß ein Gitter. Der hört dadrin jeden Ton auf dem Hof.»
    Sie entschieden sich erst dagegen zu stürmen, dann aber doch dafür: Einer der Beamten, die auf der Gartenseite des Hauses postiert waren, schickte nämlich die Nachricht, dort sei an der Terrassentür das Glas herausgeschlagen. Sie stehe also praktisch offen. Geräuschloses Eindringen von hinten wurde beschlossen. Zugleich sollte zur Ablenkung jemand vorne an der Haustür klingeln. Vielleicht würde das Klingeln Stolze nach oben treiben, fort von der Person, die er eventuell im Keller bewachte.
    Winter beobachtete die Szene von seinem Wagen aus, der

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