Steam & Magic 01 - Feuerspiel
Caroline Sally die Aufsicht über die Jungen, während sie in die Bibliothek ging und sich etwas zum Lesen holte. Sie hatte gerade einen Roman von Sir Walter Scott ausgesucht und war in den Flur getreten, als das laute Klappern des Messingklopfers die Haustür erbeben ließ. Mit dem Buch in der Hand sah Caroline zu, wie Mountjoy einem eleganten jungen Mann in grauem Nadelstreifenanzug die Tür öffnete. Sein dunkelrotes Haar war äußerst gepflegt und seine Augen leuchteten hellblau.
»Es ist niemand zu Hause, Mr. MacKay. Darf ich Ihre Karte nehmen?«
Der Besucher ignorierte den Butler und kam herein. Seine Augen funkelten freundlich in Carolines Richtung und sein Lächeln war warm. Kleine Fältchen um die Augenpartie verrieten, dass er älter war, als sie gedacht hatte – vielleicht ein, zwei Jahre älter als sie selbst.
»Wer ist denn das? Merrick wird doch nicht etwa eine bezaubernde junge Verwandte verstecken und dem Rest von uns vorenthalten?«
Caroline knickste. »Es tut mir leid, aber Sir Merrick und Miss Hadrian sind beide unterwegs. Vielleicht kann ich etwas ausrichten?« Nachdem sie am Vorabend davon gesprochen hatten, Dinge vertraulich zu behandeln, würde Caroline keine weiteren Details gegenüber diesem Fremden preisgeben, egal wie freundlich er zu sein schien.
»Aber nein, ich warte.« Er reichte Zylinder und Spazierstock einem verschnupften Mountjoy, sah Caroline an und zwinkerte. Dann kam er auf sie zu, nahm ihre Hand und beugte sich darüber. »Ich bin mir sicher, diese reizende junge Dame wird mir Gesellschaft leisten. Ich bin Gideon MacKay, ein guter alter Freund der Familie. Wir nehmen unseren Tee im Gesellschaftszimmer, Monty, alter Junge.«
Monty? Caroline fragte sich einen Moment, ob der steife Butler Mr. MacKay mit seinem eigenen drachenköpfigen Spazierstock enthaupten würde.
»Es tut mir leid, Mr. MacKay, aber ich bin kein Gast. Ich bin hier angestellt und sollte mich wirklich wieder meinen Pflichten widmen.« Sie entzog ihm ihre Hand und tat einen langsamen Schritt rückwärts auf die Treppe zu.
»Sie müssen die Gouvernante sein. Mutter erzählte mir, dass Merrick ein paar Waisen von einer entfernten Verwandten oder Bediensteten der Familie geerbt hat. Sie kann kaum erwarten, Sie bald kennenzulernen.«
Das also war die Geschichte, die ihr Dienstherr in seinem Bekanntenkreis erzählte. Es war eine gute Erklärung.
Mr. MacKay kam ein paar Schritte weiter ins Foyer und streckte ihr erneut die Hand entgegen. »Bitte? Ich hasse es, allein zu warten. Wollen Sie mir nicht Gesellschaft leisten und mir alles über sich erzählen, Miss …«
»Bristol«, antwortete Caroline mit einem automatischen Knicks. Es war durchaus verlockend, mit so einem freundlichen jungen Mann zu plaudern, der keine Anstalten machte, sich auf sie zu stürzen. »Aber ich sollte wirklich in die Kinderstube zurück, Mr. MacKay. Ich bin mir sicher, Miss Hadrian oder Sir Merrick werden bald da sein.«
»Unsinn. Das kann Stunden dauern. Und in der Zwischenzeit habe ich das Vergnügen, mit einer reizenden jungen Dame zu plaudern. Ich verspreche, ich werde mich benehmen. Meine Mutter ist eine gute Freundin von Dorothy und gemeinsam würden sie mir den Kopf abreißen, wenn ich mich unschicklich verhalte.« Seine Schmeicheleien klangen so ehrlich, dass Caroline entgegen besseren Wissens bezaubert war. »Also, wo kommen Sie her, Miss Bristol? Aus der Nähe von Hadrian Hall?«
»Nein, ich komme aus Somerset.« Mehr als ihre Geburtsgrafschaft verriet sie nie, damit Leute nicht anfingen, Fragen zu stellen. »Ein kleines, unbedeutendes Dorf – Sie haben sicher nie davon gehört.«
Wie die meisten Leute hielt sich Mr. MacKay nicht länger mit ihrer Geschichte auf. Im Salon führte er sie zu einem Sessel vor dem Kamin, setzte sich ihr gegenüber und erzählte ihr alles über das Stück, das er am Vorabend im Drury Lane gesehen hatte.
Der Teewagen kam, geschoben von Mountjoy persönlich, der im Raum verblieb, als Caroline den Tee eingoss und sich an all ihr früh erlerntes damenhaftes Benehmen erinnerte, während sie den Freund von Sir Merrick unterhielt. Obwohl ihr Blick immer wieder zur Standuhr in der Ecke schweifte und sie sich fragte, was die Jungen wohl so trieben, sprach sie mit Mr. MacKay über das Wetter, Literatur und andere unverfängliche Themen. Er war charmant und sah gut aus, aber Caroline verspürte in seiner Gegenwart nicht annähernd die Nervosität, die sie beim Anblick von Sir Merrick befiel. Was für
Weitere Kostenlose Bücher