Steam & Magic 01 - Feuerspiel
auszuführen. Die okkulten Schwingungen dort sind so … so stimulierend, wenn du verstehst, was ich meine. Letzte Woche habe ich zum Beispiel mit einem echten Vampir getanzt. Ich hatte solche Angst, dass es mir komplett den Atem verschlug, aber meine Sorge war völlig unbegründet. Er war blass und hatte natürlich lange, spitze Eckzähne, aber abgesehen davon war er die Höflichkeit in Person.«
Ein Vampir? Auf einem Ball? Wohl kaum. Dennoch gab Caroline nicht länger vor, ihre Abhandlung über Erziehungstheorie zu lesen, sondern widmete sich ganz dem Lauschen, ohne auch nur den kleinsten Gewissensbiss zu verspüren. Wenn sie die Mixtur bereits erstellt hatten, nach der Merrick suchte, dann war es tatsächlich möglich.
»Nein, Deborah, du Gans. An eine Eintrittskarte zu kommen, ist die einfachste Sache der Welt. Jedes Mitglied kann dich einladen.« Die Sprecherin zählte mehrere mögliche Kandidaten auf, deren Namen Caroline eilig in ihre mitgebrachte Kladde notierte, in der sie eigentlich Ratschläge zum Erwerb von Sprachfertigkeit festgehalten hatte. Sicherlich würden Merrick und Dorothy eine dieser Säulen der Gesellschaft kennen. Je länger sie zuhörte, desto mehr wuchs in Caroline die Überzeugung, dass Merrick diesen Maskenball besuchen musste, genauso wie ihre Entschlossenheit, selbst auch dabei zu sein.
Doch Sir Merrick war schwerer zu überzeugen, als Caroline erwartet hatte.
»Das ist Unsinn«, erklärte er Caroline, als sie ihn spätabends in seiner Bibliothek ansprach, nachdem er von seinem Club heimgekehrt war – in dem Caroline mittlerweile den Treffpunkt des Ordens vermutete. »Ich sehe keinen Sinn darin, dem Tratsch eines Haufens aufgeregter Hühner zu folgen.«
»Sie haben aber ausdrücklich einen Vampir erwähnt, der wie ein Mensch aussah und sich auch so verhielt.« Caroline trommelte mit den Fingern auf seinen Schreibtisch, hörte aber wieder auf und schlang die Arme um ihren Körper. Warum hatte sie nicht mehr als Nachthemd und Morgenmantel angezogen, als sie sich zu diesem Gespräch mit ihm aufmachte?
»Setz dich, Caro.« Merrick fuhr sich mit der Hand durch eine Frisur, die so zerzaust war, als hätte er das in letzter Zeit öfter getan. »Tut mir leid. Glaubst du wirklich, es könnte mehr sein als eine alberne Veranstaltung für gelangweilte Damen?«
Caroline zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Es wäre möglich. Die meisten dieser Frauen geben sich als belesen, aber keine von ihnen ist eine echte Intellektuelle. Trotzdem wäre es doch möglich, dass jemand ihre Empfänglichkeit ausnutzt und sie für seine Zwecke missbraucht.«
Merrick nickte nachdenklich. »Jemand, der tatsächlich über magische Kräfte verfügt. Ja, es wäre möglich. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, sollte ich der Sache nachgehen. Der Himmel weiß, dass ich keine anderen Spuren habe. Und morgen soll dieses Ereignis stattfinden?«
Caroline nickte. »Die Bälle der Magiergesellschaft sind immer freitags, soweit ich gehört habe.« Sie reichte ihm ihre Kladde, in dem sie die Namen der Mitglieder und andere Details notiert hatte.
Merrick studierte die Liste. »Bingley – ihn kann ich morgen im White’s ansprechen. Er kommt täglich zum Mittagessen.«
»Ich möchte mitgehen, wenn ich darf. Bei einem Maskenball würde mich niemand erkennen. Ich könnte bei den Damen Dinge in Erfahrung bringen, die ein Mann nicht hört.« Sie vergaß, ihren Morgenmantel vorne zusammenzuhalten, und beugte sich vor, beide Hände flach auf seinem Tisch.
»Ausgeschlossen. Es könnte ein harmloser Maskenball sein, aber wie du sagst, steckt vielleicht mehr dahinter. Wenn dort wirklich Magie im Spiel ist, könnte es gefährlich für dich sein.«
»Unsinn.« Es kam nicht infrage, dass er sie zu Hause ließ. »Nicht gefährlicher als ein Spaziergang im Park, wie es scheint. Du brauchst jemanden, der dir den Rücken stärkt. Außerdem verspreche ich, mich unauffällig zu verhalten. Wenn wir beide inkognito bleiben, erfährt niemand, dass ich die Gouvernante bin.«
Er lachte rau. »Caro, du wärst wahrscheinlich nicht einmal unauffällig, wenn du von Rinde bedeckt in einem Wald stündest.«
Sie neigte den Kopf und sah ihn skeptisch an. »Soll ich das als Kompliment auffassen? Es hörte sich jedenfalls nicht wie eines an.«
»Ich weiß es auch nicht.« Er rieb sich den Nasenrücken. »Ich glaube, es war eine rein sachliche Feststellung. So sehr du dich bemühst, es zu verbergen, du bist eine bildhübsche junge Frau, und das
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