SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
Essenzproben ins Auge fassen müssen“, meinte Charles nickend. Dankbar lächelte er Fifi an, die ihm gerade frischen Tee einschenkte. Kinkin sah ihrer Schwester mit rötlich flackernden Augen zu.
„Vielleicht wird es auch Zeit für ein wenig Theorie“, gab Rachel zu bedenken. „Zumindest diese Probe scheint gefährlich zu sein. Wir sollten erst einmal herausfinden, womit wir es zu tun haben.“
„Isch nac´ ´ause ge´en muss bald“, warf mein Lieblingsdienstmädchen ein. „Wäsche waschén. Geradé, wenn Mister Igeltón sisch mac´t dreckisch so.“ Ihr tadelnder Unterton ließ mich schmunzeln.
„Du hast Recht, Fifi.“ Charles strich ihr über die Wange. „Und wir müssen dich nach diesem Einsatz ebenfalls grundreinigen und nachpolieren.“
Fifi kicherte sichtlich verlegen und warf einen irgendwie verstohlen wirkenden Blick auf Rachel. Glaubte sie vielleicht, Neid oder etwas Ähnliches zu sehen?
„Kinkin“, kam es leise maulend aus der Ecke. Offenbar suchte Fifi an der falschen Stelle nach Eifersucht. Ich nahm mir fest vor, Charles auch um ein „Wohlfühlprogramm“ für Fifis unperfekte Schwester zu bitten.
„Die Frage ist, wie wir etwas über ein Forschungsgebiet herausfinden können, dass noch gar nicht erforscht wurde“, nahm ich unseren ursprünglichen Gesprächsfaden wieder auf.
„Das geht natürlich nur indirekt“, erklärte Rachel. „Indem wir die Geschichte des Ortes erkunden, in dem das Phänomen vorkommt.“ Charles wiegte nachdenklich den Kopf. „In diesem Fall wird es nicht einfach sein, an Informationen zu kommen. Ich nehme an, dass die Räume dort unten älter als London sind. Und ich habe noch nie von einer so alten Kultur gehört, die auch nur annähernd derartige Kunstwerke erschaffen konnte.“
„Ich glaube nicht einmal, dass man heute etwas Vergleichbares herstellen könnte“, stimmte ich ihm zu. „Aber ich denke, dass Miss Fiddlebury Recht hat. Wir sollten unbedingt nach derartigen Informationen suchen. Vielleicht finden wir über diese Recherche auch Anhaltspunkte, die uns zu neuen Untersuchungsmethoden inspirieren.“
„London hat viele Bibliotheken – unsere Chancen stehen gar nicht so schlecht“, sagte Rachel mit vor Tatendrang leuchtenden Augen. Damit hatte sie heute die zweite rekordverdächtige Untertreibung ausgesprochen.
Entweder war London weit größer, als ich es je für möglich gehalten hatte, oder es bestand in erster Linie aus Bibliotheken, Universitäten, Archiven und historischen Sammlungen. Die Menge der im Herzen Englands lagernden unersetzlichen Dokumente war ebenso unfassbar, wie das Desinteresse an ihnen. Nur in den großen Bibliotheken stießen wir auf andere Wissenshungrige. In der Regel konnten wir uns aber so frei durch die wunderbaren Schätze bewegen, dass ich mich nicht einmal unter Charles’ Hut verstecken musste. Bis zum Abend hatten wir nur einen Bruchteil aller denkbaren Anlaufstellen abgeklappert und bereits beeindruckende „Beute“ gemacht.
In einem kleinen Privatarchiv in Kew Village fanden wir zwei römische Originaltexte, die vor allem mich in helle Begeisterung versetzten. Da war zum einen der Bericht eines gewissen Lepius Ovinius, der die Bauwerke und geographischen Voraussetzungen diskutierte, die hier vor dem Entstehen Londons zu finden gewesen waren. Der zweite Text schien mir jedoch noch vielversprechender. Er stammte aus der Feder eines Scipio Saturius, der England Jahrhunderte, bevor Julius Cäsar den Namen „Britannia“ geprägt hatte, besuchte. Saturius hatte sich mit den Religionen, Traditionen und Künsten der verschiedenen englischen Stämme befasst. Schon auf den ersten Seiten unterschied er keltische Bevölkerungsgruppen von solchen, die seiner Meinung nach schon viel länger in Britannien wohnten und „mächtige Künste“ pflegten.
Erfreulicherweise hatte der Eigentümer dieser Schätze gleich nach dem Erwerb Abschriften von den unersetzlichen Stücken anfertigen lassen. Und diese hatte er uns wegen Charles’ untadeligem Ruf als genialer Erfinder sogar ausgeliehen.
Unsere restliche Ausbeute bestand aus einigen historischen Büchern, die jedoch alle innerhalb der letzten hundert Jahre geschrieben worden waren. Ich bezweifelte, dass wir hier Erhellendes zu Tage fördern würden. Da ich jedoch der Einzige in unserer Gruppe war, der die lateinische Sprache beherrschte, konnte auch nur ich an den alten Texten arbeiten. Mit Hilfe der historischen Bücher, würden sich die Anderen aber wenigstens
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