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SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

Titel: SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
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teilweise an der Aufgabe beteiligen können. Allerdings einigten wir uns schnell darauf, dass die Bearbeitung der neuzeitlichen Werke keine große Priorität hatte. Charles wollte den morgigen Tag deshalb darauf verwenden, Fifi mit einem Öl- und Polierprogramm wieder in Bestform zu bringen.
    Ich machte eine große Show daraus, dass mir das sehr entgegen kam. Ab dem kommenden Tag würde ich absolute Ruhe benötigen, um die komplizierten Texte aus dem Lateinischen zu übersetzen. Da ich Latein beinahe wie meine Muttersprache beherrschte, war das natürlich glatt gelogen. Aber diesen Flecken auf meiner Ehre war ich gerne bereit hinzunehmen, um Charles wenigstens einen Teil meiner Schuld zurückzuzahlen. Wann ergab sich schon einmal die Gelegenheit für ihn, mit Rachel allein zu sein? Ihr Vater würde nicht ewig im Krankenhaus bleiben. 
    Also setzte ich durch, dass die beiden für ein paar Tage in Charles’ Haus zogen, damit ich hier „in Ruhe arbeiten“ konnte. Mein Freund durchschaute mich, als hätten wir eine telepathische Verbindung und hatte mir zum Abschied dankbar zugezwinkert. Rachel schien die Aussicht, allein unter dem Dach eines anderen Mannes als ihrem Vater zu nächtigen, in regelrechte Aufregung zu versetzen. Ihre Wangen glühten beim Abschied. Die Einzige, die ganz und gar nicht mit dem Arrangement einverstanden war, war Fifi. Die Kleine schien einen Narren an mir gefressen zu haben. Wie sich später herausstellte, traf diese Formulierung den Nagel auf den Kopf – nur das Fifi mich niemals essen würde.
    So kam es jedenfalls, dass ich das erste Mal in meinem Leben ein Haus ganz für mich alleine hatte. Ich bin wirklich niemand, der gern allein ist, doch an diesem Tag durchströmte mich ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Auch Kinkin schien die Situation zu gefallen. Als müsse sie etwas beweisen, schien sie alles noch vorsichtiger als nötig zu tun. Mit Bedacht ließ ich mir von ihr nur Dinge zum Frühstück bringen, die nicht kaputtgehen konnten und machte mir meinen Tee selbst. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten zelebrierte ich beinahe drei Stunden meinen Morgen und las dabei die Times vom Vortag fast vollständig durch. 
    Ja, ich gestehe, die Situation weidlich ausgenutzt zu haben, doch dann stürzte ich mich mit umso größerem Schwung in die Arbeit. Dass dieser Schwung auch bitter nötig war werden Sie vielleicht verstehen, wenn Sie sich die Größenverhältnisse vergegenwärtigen. Die Buchrücken waren mindestens drei Mal so hoch wie ich. Für jeden Handgriff benötigte ich Kinkins Hilfe. Dennoch war ich schon bald so tief in meine Aufgabe versunken, dass ich die Zeit fast völlig vergaß.
    Als es am frühen Nachmittag plötzlich an der Tür schellte, fuhr ich so sehr zusammen, dass ich einen riesigen Tintenklecks auf meinen Notizen hinterließ. Der langsam schwerhörig werdende Fiddlebury hatte in jedem wichtigeren Raum seines Heims das infernalische Gegenstück einer Türglocke installiert. In diesem Haus konnte auch einem Toten nicht entgehen, wenn draußen jemand am Klingelseil zog. Hier im Salon hatte er aber das mit Abstand lauteste Läutwerk aufgehängt. 
    Vielleicht war ich mittlerweile zu sehr an die Bequemlichkeit gewöhnt. Statt auf meinen eigenen Füßen den Flur zu überwinden und auf ein Fensterbrett neben der Tür zu klettern, ließ mich von Kinkin an die Tür tragen und vor den Spion halten. Während ich noch damit beschäftigt war, Kinkins Hand mit leisen Kommandos so vor dem Spion zu positionieren, dass ich ihn auch benutzen konnte, klingelte es erneut. Wer war denn da so ungeduldig? Als ich endlich sah, wer vor der Tür stand, sprang das Gefühl augenblicklich auf mich über. Julie! Julie war gekommen! Und noch dazu ohne Aufpasser!
    „Mach die Tür auf, Kinkin!“ Ich war so aufgeregt, dass die Worte aus mir heraussprudelten, bevor ich meinen Kopf einschalten konnte. Und leider nahm sich auch Kinkin diesmal nicht die Pause, die sie vor der Ausführung der meisten Anweisungen einlegt.
    „Kinkin“, sagte sie fröhlich und griff ohne zu zögern nach der Klinke. Da ich auf ihrer Handfläche saß, ließ mir das nur wenig Zeit, um mich mit einem beherzten Sprung in Sicherheit zu bringen. Ich erwischte Kinkins Unterarm, konnte mich aber an dem glatten Metall kaum festhalten. Wie in Zeitlupe rutschte ich auf ihr Handgelenk zu. Als Kinkin die Türklinke bis zum Anschlag nach unten gedrückt hatte, endete die Abwärtsbewegung so ruckartig, dass ich völlig den Halt

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