- Steckspiele
sofort. Sollte er Zoe in das Geheimnis einweihen? Er drehte sich zu ihr um und sah sie lange an. Er beschloß, ihr zu vertrauen.
»Ich habe einen Doppelgänger«, fing er an. »Sein Name ist Bob Cantrell. Vor zwei Monaten ist er verschwunden. Hinterlassen hat er nur ein paar Fetzen Papier, die man in seinem Büro gefunden hat. Es waren Ausschnitte aus einer Sensationszeitung – Bekanntschaftsanzeigen. Du weißt doch …«
»Dieser Kram mit einsamen Herzen und so?«
»Nicht ganz. Schon ein bisschen abwegiger.« Er angelte in seiner Tasche herum. »Da, sieh sie dir doch an.«
Im Licht der Kerze, die in einer Orangenschale vor ihnen auf dem Tisch stand, überflog Zoe die Ausschnitte. Sie kicherte. »Die mit dem Schokoladenhäschen klingt ja ganz vielversprechend.« Sie warf einen argwöhnischen Blick zu Chuck herüber. »Ich vermute, du hast die Absicht, all diese exotischen Frauen aufzusuchen?« Er bemerkte einen Anflug von Eifersucht in ihrer Stimme.
»Ich erledige nur meinen Dienst.«
»Mumpitz!«
Chuck starrte sie an. Das war eine ganz neue Zoe. »Mumpitz!« wiederholte sie aggressiv. »Du kannst es gar nicht abwarten, deine Spielchen mit diesen ganzen Flittchen zu treiben.« Er legte ihr beruhigend die Hand auf den Schenkel und begann, ihre zarte Haut zu streicheln. Sie schob seine Hand beiseite. »Hau doch ab und reagiere deine makabren Gelüste an deinen übergeschnappten Briefpartnerinnen ab!« Er klemmte seine Hand zwischen ihre Schenkel.
Zoe schäumte vor Wut.
»Nimm deine Hände von mir weg, du Schwein!«
Chuck stöhnte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt – jetzt auch noch eine Szene mit Zoe!
»Wenn du dich für einen Augenblick beruhigst, erzähle ich dir den Rest.«
Zoe atmete schwer. »Okay. Aber nimm zuerst deine Hand da weg.«
Chuck zündete sich eine Zigarette an und erklärte ihr Cantrells Beziehung zu den Russen.
»… verstehst du, Zoe, wenn ich diesen Typen nicht aufstöbere, dann werde ich über kurz oder lang verhaftet, und du weißt ja, was das bedeuten würde.«
Zoe war geschmolzen. Sie nahm seine Hand und streichelte sie liebevoll.
»Entschuldige, dass ich eben explodiert bin. Aber ich dachte, du nützt einfach die Situation aus, um auf diese Weise an ein paar Gratisnummern heranzukommen.«
Feierlich schüttelte er den Kopf.
»Glaube mir, Zoe, das ist eine Frage von Leben oder Tod, und das meine ich ganz wörtlich.«
Das Mädchen rückte näher an ihn heran und legte ihm den Kopf auf die Schulter.
»Chuck?«
»Ja?«
»Ich mache mir sehr viel aus dir, weißt du.«
»Ich habe dich auch sehr gerne.«
»Und ich werde eifersüchtig, wenn ich daran denke, dass du …«
»Ich verstehe schon.«
»Aber wenn es dienstlich ist, dann liegt die Sache ja wohl anders. «
»Du wirst doch aufpassen, Chuck. Versprich mir das!«
Er küsste sie auf die Stirn.
»Ich verspreche, dass ich vorsichtig sein werde.«
Sie kuschelte sich an ihn.
»Chuck ?«
»Ja?«
»Hast du dich schon mit einer dieser Frauen in Verbindung gesetzt?«
Er zögerte.
»Ja.«
Zoe preßte sich ganz fest an ihn.
»Mit welcher?« fragte sie säuselnd.
Er tat so, als konzentrierte er sich.
»Lass mich mal überlegen. Ach ja, das Paar in Manhat- tan.«
»Das mit dem Mann, der ein fügsames Requisit ihrer kurvenreichen Autorität ist?«
Chuck war überrascht, dass sie sich so genau erinnerte.
»Ja«, sagte er kurzangebunden.
Zoe schwieg. Chuck trank aus und fragte sie mit gekünstelter Herzlichkeit: »Na, sollen wir uns nicht noch einen hinter die Binde gießen?«
»Wann triffst du sie, Chuck?«
Er schluckte.
»Morgen.«
»Um wieviel Uhr?«
»Um sechs.«
»Wo, Chuck?«
»Im Osten der Stadt. Ich habe vergessen, wo genau.«
Wieder Schweigen. Er fragte sie, ob sie noch einen Drink wollte. Sie schüttelte den Kopf. »Chuck?«
»Ja, Zoe?«
»Was wirst du tun, wenn du da hinkommst?«
Er rutschte verlegen hin und her.
»Wie zum Teufel soll ich das denn wissen? Das ist schließlich das Bier von Cantrell. Ich habe doch keine Ahnung, was diese Leute so treiben.«
Zoe zeichnete ihm imaginäre Bilder auf die Handfläche.
»Chuk?«
»Ja?«
»Du lügst.«
»Jetzt hör’ mir mal gut zu, Zoe …«
»Bitte, Chuck, ich weiß genau, dass du mir nicht alles er zählt hast.«
Chuck setzte sich auf und sah sich nach der Kellnerin um.
»Ich brauch noch einen Drink«, murmelte er wütend.
Als sie frische Drinks bekommen hatten, sagte Zoe: »Chuck, ich wünschte wirklich, dass du mir die ganze Geschichte
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