Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
sein Bajonett aus der Scheide und schraubte es auf die Mündung seiner Muskete. Steel robbte näher in Richtung des Hauseingangs.
»Hopkins, Miller, Tarling. Ihr und die sieben nächsten neben Euch. Mir nach.«
Auf allen vieren erreichten sie das Haus und hofften auf eine Hintertür, durch die sie auf die nächste Gasse gelangen würden. In der Stube zeugten Teller mit Essen auf dem Tisch und eine Puppe auf dem Boden von dem grausamen Ende, das die ahnungslosen Dorfbewohner gefunden hatten. Aber Steel schüttelte diese Gedanken ab. Rasch drückte er den vollkommen verschreckten Kretzmer auf einen Stuhl und bedeutete dem Kaufmann, er solle sich still verhalten und sich nicht vom Fleck rühren. Aber Steel brauchte sich keine Sorgen zu machen. Der Kaufmann, dem der Schweiß nur so vom Kopf lief, stand ohnehin noch unter dem Eindruck des Massakers. Auch jetzt hatte er wieder um sein Leben bangen müssen, sodass er keine Anstalten machte, irgendwohin zu laufen.
In der Küche fand Steel, wonach er gesucht hatte. Vorsichtig drückte er die Hintertür auf. Die Straße schien leer zu sein. Leise schnallte er sein Bandelier ab und legte es auf den Tisch, ehe er den Degen aus der Scheide zog und sich die Muskete umhängte. Die Männer taten es ihm gleich. Sie durften sich jetzt nicht durch klappernde Geräusche verraten. Die Grenadiere, inzwischen barhäuptig wie ihr Lieutenant, hatten den Drill verinnerlicht und warteten den nächsten Befehl ab, ausgerüstet mit Musketen samt Bajonett und zwei Ledertaschen: In der einen befand sich Munition, in der anderen zwei Granaten. Jeder der Männer entzündete die langsam schwelende Lunte in der Glut des Küchenofens und befestigte sie sorgfältig an einem Knopfloch des Uniformrocks.
Steel gab mit Handzeichen die Richtung vor und wies seine Männer an, ihm durch die Gasse zu folgen. Leise verließen sie das Haus. Von der Anhöhe bei der Scheune war immer wieder Musketenfeuer zu hören, was nur bedeuten konnte, dass Taylor mit seinen Leuten durchhielt. Vielleicht hatte auch Jennings, wo immer er stecken mochte, genügend Männer für eine heftige Gegenwehr zusammengetrommelt. In einer Reihe schlichen die Grenadiere die Hauswände entlang. Genau für diese Einsätze waren sie ausgebildet. Sie verließen sich auf ihre Eingebung, nutzten jeden erdenklichen Schutz und blieben vor allem vollkommen ruhig.
Aus der parallel verlaufenden Straße konnte man die Schüsse hören, die Slaughters Männer abgaben und die immer wieder von lauten Salven aus den Mündungen der französischen Musketen beantwortet wurden. Die Gegner hatten ihre gesamte Feuerkraft auf die Barrikaden gerichtet, sodass die Kugeln das Holz zerfetzten oder die Uniformen mit tödlicher Präzision durchschlugen.
Steel und seine Leute folgten dem Verlauf der Gasse, wobei sie Acht gaben, sich nicht zu lange zwischen zwei Häusern aufzuhalten. Kurz darauf waren sie auf Höhe der französischen Reihen. Drei Häuser befanden sich unmittelbar in der Flanke der Gegner. Das musste genügen. Steel deutete mit einer kreisenden Handbewegung die Granaten an und schickte je drei Grenadiere in die Häuser. Sie würden schon wissen, wo sie sich positionieren mussten, um die Franzosen mit Feuer zu bestreichen. Steel und sein letzter Mann, Hopkins, betraten das Gebäude in der Mitte und erklommen die schmale Stiege. In einer Schlafkammer kroch Steel zum Fenster. Er wusste, dass seine Grenadiere nur auf seinen Befehl warteten.
Steel holte tief Luft. Er beruhigte sich einen Moment lang und griff zu seiner Muskete. Vorsichtig öffnete er den Riegel des Fensters und machte es auf, ehe er den Hahn der Waffe spannte. Seine Männer und er hatten längst das Pulver in die Pfanne gestreut. Steel griff in seine Patronentasche, holte eine Papierhülse hervor, biss das Ende ab und füllte das Pulver in den Lauf. Rasch ließ er die Kugel folgen, nahm den Ladestock zur Hand und rammte das Geschoss tief in den Lauf. Er war bereit.
Vorsichtig spähte er über den Fenstersims und zielte. Der Offizier gehörte ihm. Steel fixierte den Mann über die Zielvorrichtung. Der Offizier war ein gut aussehender Bursche, kaum älter als zwanzig. Bestimmt ein Fähnrich. Der genaue Gegenpart zu Williams. Wieder beschäftigte ihn der Gedanke, warum diese Männer ein solches Blutbad an Zivilisten angerichtet hatten. Doch nun war keine Zeit für derlei Fragen. Steel legte den Finger um den Abzug, spürte, wie die Waffe sich an Schulter und Wange schmiegte, und drückte
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