Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
an der die Geschützbatterie Stellung bezogen hatte. Marlborough stieg von seinem Pferd, gab die Zügel einem Burschen und trat zu dem Batteriekommandeur. Der Mann war Anfang dreißig, mittelgroß und von der Sonne gebräunt. Seine schwieligen Hände verrieten seinen Tätigkeitsbereich.
»Wie heißt Ihr?«
»Jonas Watson, Euer Hoheit. Major der Artillerie.«
»Also, Major Watson, in welche Richtung gedenkt Ihr Euer Feuer zu richten?«
Der Mann lächelte. Dann drehte er sich halb ab und deutete unmissverständlich auf die französischen Reihen. »Genau auf die Ansammlung Pferde dort drüben, Sir. Auf ausdrücklichen Befehl von Colonel Blood, Euer Hoheit.«
Der Major bezog sich auf mehrere Schwadronen französischer Kavallerie, die an ihren blassgrauen Mänteln und schwarzen Manschetten zu erkennen war.
»Ja, ich denke, Ihr habt recht. Und welchen Neigungswinkel gedenkt Ihr einzuhalten, um Euer Ziel zu treffen?«
»Nicht mehr als acht Grad, Euer Hoheit.«
»Lasst mich sehen.«
Marlborough trat zu einer der großen Zwölfpfünder, deren Lauf aus Messing bestand. Er bückte sich und spähte den gut fünf Fuß langen Lauf entlang.
»Ihr braucht Euren Neigungswinkel lediglich um zwei, nein, ein Grad zu verringern, Major Watson. So, das müsste Eure Geschosse in die Mitte des Feindes bringen. Macht nur weiter, Major.« Mit diesen Worten schwang er sich wieder in den Sattel und trabte zurück zu seiner Position. Der Generalstab folgte dem Herzog, worauf der leicht verdutzte Offizier der Artillerie sich wieder seinen Pflichten widmete.
»Seht Ihr, Hawkins, wie sehr die Männer es mögen, wenn ich Interesse an ihren Tätigkeiten bekunde? Sie wissen es zu schätzen. Und genau das unterscheidet den guten General von dem schlechten.«
Marlborough blickte hinüber zu den Franzosen und bewertete die Lage im Stillen neu. Er sprach zu niemandem speziell, als er sagte: »Wir müssen diesen Fluss überqueren, ehe der Feind erkennt, was wir tun. Seid gewiss, wenn Marschall Tallard ein wahrer General ist, wird er versuchen, uns davon abzuhalten. Es wird entscheidend sein, dass wir uns jenseits des weichen Untergrunds festsetzen, bevor Tallard Zeit hat, seine Reiter zu mobilisieren. Beten wir zu Gott, dass Prinz Eugen bald so weit ist.«
***
Inzwischen schallten von der französischen Seite sehr misstönende Klänge über die Ebene, allerdings undeutlich und wie aus weiter Ferne. Nur gelegentlich konnte man eine Melodie heraushören. Die Musik König Ludwigs. Die hochtrabende Stimme der imperialistischen Bestrebungen des Sonnenkönigs.
Marlborough rieb sich das Ohr, als habe er Schmerzen. Dann blinzelte er, schüttelte den Kopf und wandte sich an Cardonell.
»Was ist das für ein Lärm? Ich denke, das können wir besser, wie, Adam? Lasst die Musikanten aufspielen. Sollen sie spielen, was sie wollen. Etwas Mitreißendes. Den Lillibullero , Over the hills and far away , den Grenadiers’ March . Eine Melodie, die die Seele berührt.«
Sein Blick wanderte zu Hawkins. »Jetzt ist die Musik gefragt. Das wird die Männer aufbauen und die Franzosen vielleicht beunruhigen.«
Während er dies sagte, brach eine weitere Salve Artilleriefeuer über sie herein. Die schweren Eisenkugeln wühlten sich mit furchtbarer Wucht in den Erdboden und bahnten sich ihre Wege zwischen all den bäuchlings liegenden Rotröcken. Und obwohl die Soldaten am Boden lagen, fanden die Kanonenkugeln ihre Ziele.
***
Genau in diesem Augenblick, keine fünfhundert Meter weiter links bei dem flachen Gelände der dampfenden Marschen, war Steel mit seinen Gedanken bei der bevorstehenden Schlacht. Er schaute hinüber zum Feind, ließ den Blick über die sonnenüberfluteten Felder gleiten. Der Kopf war ihm ein wenig schwer von dem Wein des Vorabends, und seine Sinne umspielte noch der Duft von Louisas Körper. Gestern, an einem Samstag, waren sie hierhergekommen und hatten zusammen mit anderen Einheiten aus Rowes Brigade Stellung beim Dorf Schwennigen bezogen. Der ausdrückliche Befehl lautete, den schmalen Übergang zu schützen, der so entscheidend für die herannahende Armee sein würde. Weiter vorn hatten die Pioniere dafür gesorgt, dass die Wege befahrbar waren. Im Laufe des Tages war es dann immer wieder zu kleineren Scharmützeln gekommen, als die Wachtposten beider Seiten einander entdeckten.
Gegen sechs Uhr abends hatten sich ihnen französische Dragoner genähert. Doch die Alliierten hatten ihre Linie gehalten, und mit Unterstützung der Foot Guards
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