Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
Vom Netzwerk:
schlichte schwarze oder rote Kappen, von denen einige innen mit Metallreifen verstärkt waren. Die einst scharlachroten Uniformröcke wiesen ein stumpfes Ziegelrot auf und waren von Schlamm und Dreck besudelt. Außenstehende hätten die Männer im Graben nicht für Soldaten, sondern eher für Landarbeiter gehalten. Dennoch wusste Steel, dass der Kampfeswille seiner Leute ungebrochen war. Es waren immer noch seine Jungs, auch wenn sie jetzt alle lieber an einem anderen Ort gewesen wären, anstatt in den stinkenden Gräben Flanderns ausharren zu müssen.
    Er sprach einen der Grenadiere an, der an der Grabenböschung lehnte und fast eingeschlafen war. »Guten Morgen, Mackay. Noch eine Mütze voll Schlaf nachholen?«
    Der Mann rappelte sich hoch, salutierte und erntete einen finsteren Blick von seinem Sergeant. »Ja, Sir. Das heißt, nein, Sir, ich wollte … äh … bloß schnell die Muskete überprüfen.«
    Steel konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Aha, Ihr wolltet also Eure Muskete inspizieren. Nun, dann sorgt dafür, dass kein Dreck in den Lauf kommt. Und falls die Franzmänner über die Brustwehr stürmen, solltet Ihr auf der Hut sein, sonst fallt Ihr schnell in einen Schlaf, aus dem Ihr nicht mehr erwacht.«
    Die anderen lachten und folgten Steel, während Slaughter Mackay mit einem Kopfschütteln strafte.
    Steel wandte sich Hansam zu. »Siehst du, Henry. In anderen Regimentern und wahrscheinlich in allen anderen Kompanien hätte der Kommandant diesen Mann beschuldigt, auf dem Posten eingeschlafen zu sein. Man hätte ihm Strafen androhen können. Aber ich tue das nicht. Willst du wissen, warum? Ich sage es dir. Aus Respekt. Dieser Mann dort, Mackay, ist seit Blenheim an meiner Seite, und ich achte ihn und weiß, dass er Achtung vor mir hat. Habt Ihr das gehört, Sergeant? Nicht, dass Ihr Mackay unter Eurer Fuchtel habt.«
    Der Sergeant schüttelte den Kopf und fragte sich, ob sein Captain – der Mann, der nicht nur sein Vorgesetzter war, sondern auch ein treuer Freund – allmählich weichherziger wurde. Oder lag es am Eheleben? Slaughter hatte schon andere Offiziere erlebt, denen die Ehefrauen die harten Kanten abgeschliffen hatten. Hatte es jetzt auch Captain Steel erwischt?
    Hansam indes wusste, dass Steel mit dieser Lektion eine bestimmte Absicht verfolgte. Es gab Zeiten, da war es wichtig, die Disziplin in der Armee aufrechtzuerhalten. Aber bei einem Mann wie Mackay wären die Peitschenhiebe, die in anderen Kompanien verhängt wurden, fehl am Platze gewesen, denn es stimmte: Die fünf Jahre der gemeinsamen Feldzüge gegen die Franzosen hatten dafür gesorgt, dass die Veteranen in den Reihen der Grenadiere Respekt voreinander hatten. Außerdem war klar, dass jeder Sturmlauf von der Zitadelle lange im Voraus gemeldet würde. Spätestens dann wäre Mackay aufgewacht.
    Allmählich lichtete sich der Nebel.
    »Ich hasse Belagerungen«, meinte Slaughter. »Wenn Ihr’s genau wissen wollt, Sir, ich hab dafür gar nichts übrig. Dauernd sitzt man in diesen verdammten stinkenden Gräben. Wann können wir denn endlich kämpfen?«
    Lieutenant Hansam hatte die Antwort parat. »Das ist nun mal die Natur der Belagerung, Sergeant. Statisches Kriegsführen nennt man das. Ist für keine der Seiten eine angenehme Sache.«
    »Da habt Ihr wohl recht, Sir. Der elendste Ort auf Erden, wenn Ihr mich fragt.«
    Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Steel zugestimmt, doch im Augenblick teilte er diese Ansicht nicht. Denn ihm fiel zumindest ein anderer Ort ein, der noch schlimmer gewesen war als die Gräben: Ein Keller in Paris, in dem ein Stuhl immer noch die Spuren von Steels Blut aufwies. Aber jetzt war nicht die Zeit, solche Dinge zu erwähnen.
    »Es sei denn, man sucht sich – wie Mr. Williams hier – eine eigene gemütliche ›Zitadelle‹ und macht mit dem wichtigen Geschäft des Lebens weiter, wie, Tom?«
    Williams nickte, da er nicht sprechen konnte. Er saß in einer kleinen Ausbuchtung des Grabens, die gegen Regen mit Leinwand geschützt war. Der junge Mann nagte einen gerösteten Hühnerschenkel ab, den er sich vom Drehspieß geholt hatte, an dem noch vier weitere knusprige Hühner steckten. Einer der Trommlerburschen drehte den Spieß über dem Feuer. Williams grinste und schluckte.
    »Abgesegnete Fourage, Sir«, betonte er schließlich. »Vom Herzog persönlich genehmigt, zumindest für die Dauer der Belagerung. Zwei Kameraden haben das Federvieh heute früh gebracht. Französische Hühner. Gute Qualität, Sir.

Weitere Kostenlose Bücher