Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
seinem Mund entwich nur ein Stöhnen. Ein Rinnsal Blut lief ihm aus dem Mundwinkel.
Steel zog den Degen zurück, worauf der Franzose reglos dastand; sein Degen zeigte zum Boden und hing schlaff in seiner Hand. Langsam schwankte er vor und zurück. Dabei begann sein Kopf zu wippen, sodass er wie eine groteske Marionette aussah. Und dann warf er Steel ein Lächeln zu, das Steel nie vergessen würde. Denn in Malbecs Augen lag nicht mehr der Ausdruck bitteren Hasses, sondern so etwas wie Erleichterung und Dank. Dann sank der Major zu Boden, und sein Blick erlosch.
Steel stand über Malbecs Leiche.
Er bückte sich, nahm dem Major die Krawatte ab und säuberte damit die Klinge seines Degens, ehe er die Waffe zurück in die Scheide schob.
Dann warf er den blutigen Fetzen Stoff zu Boden, wandte sich von dem Toten ab und schritt langsam durch die kleine flämische Stadt, um den Leichnam seiner Frau nach Hause zu bringen.
Zum historischen Hintergrund
Die Schlacht von Oudenaarde bezeichnete einen Wendepunkt im Spanischen Erbfolgekrieg. Sie hatte spürbare Auswirkungen auf beide Armeen. Die Franzosen wurden nach Frankreich zurückgedrängt und erholten sich nie mehr von der Niederlage. Oudenaarde steht gleichsam für das Ende der imperialistischen Träume Ludwigs XIV.
Für den Herzog von Marlborough ergab sich mit dem Sieg von Oudenaarde die nie dagewesene Möglichkeit, in Frankreich einzumarschieren. Wie in diesem Roman beschrieben, stieß er auf Ablehnung vonseiten der Niederländer und – ungewöhnlich – auch vonseiten Eugen von Savoyens. Damit war die Gelegenheit verspielt, den Krieg frühzeitig zu beenden. Wäre Marlboroughs Plan aufgegangen, hätte dies zweifellos Einfluss auf die Friedensverhandlungen gehabt, und die europäische Geschichte wäre sicherlich anders verlaufen. Stattdessen verwüsteten die Alliierten den Norden Frankreichs, sehr zu Ludwigs Verdruss, und lösten Panik in Paris aus.
Die Belagerung von Lille hatte Marlborough sich als Auftakt für das Eindringen in Frankreich vorgestellt. Wenn es ihm gelungen wäre, die Stadt rasch zu erobern, hätten sich die Niederländer vermutlich nicht mehr gegen einen Einmarsch in Frankreich aussprechen können.
Doch der Kampf um Lille wuchs sich zu einem Strudel des Todes aus, der wie keine andere Schlacht der Neuzeit den furchtbaren Schützengrabenkrieg des Ersten Weltkriegs vorwegnahm. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass in der Schlacht um Frankreichs zweitgrößte Stadt an einem einzigen Tag so viele Alliierte ums Leben kamen wie insgesamt in der Schlacht von Oudenaarde. Dennoch wurde der Belagerung von Lille ungerechterweise wenig Aufmerksamkeit zuteil.
Die Schlacht von Wijnendale ist ebenfalls eines der faszinierendsten kleineren Gefechte des Krieges, und General Webb gehört zweifelsohne zu den unbekannteren Helden Großbritanniens.
Zusammengelegte Grenadierbataillone – wie das von Steel befehligte – waren keine Seltenheit und boten einen großen Verband von erfahrenen Kämpfern. Ein solches Bataillon ist für Wijnendale verbürgt und hat womöglich großen Anteil an Webbs Sieg gehabt, der so bedeutsam für den weiteren Verlauf der Belagerung war.
Der Graf von Cadogan scheint die Lorbeeren für diesen Triumph geerntet zu haben. Marlboroughs Gegner in England warfen dem Herzog daher vor, seinen Freund in diesem Punkt bevorzugt zu haben. Doch später wurde Webb die ihm zustehende Anerkennung zuteil; das Parlament dankte ihm ausdrücklich für den Sieg, und im folgenden Jahr wurde er zum Lieutenant-General befördert. Dennoch, von diesem Moment an wurde Webb zur treibenden Kraft innerhalb der Tory-Bewegung gegen Marlborough.
Das Friedensangebot an Ludwig entspricht der Wahrheit. Marlborough und Cadogan hatten in ganz Europa ein ausgeklügeltes Spionagenetzwerk etabliert, das sie im Hinblick auf französische Truppenbewegungen und Pläne mit Informationen versorgte. Unabhängig davon wissen wir jedoch, dass sich im Mai 1708 ein Niederländer, Herman van Petkum, in Paris aufhielt, um Friedensverhandlungen zu führen, aber seine Forderungen wurden als zu überzogen erachtet. Der Herzog von Marlborough hatte seinem Neffen, dem Herzog von Berwick, ein Friedensangebot unterbreitet. Berwick zählte zu Ludwigs Generälen. Aber Ludwig zog es vor, allein mit den Niederländern zu verhandeln. Letzten Endes brachten es weder der König noch seine Generäle übers Herz, sich vor Marlborough zu erniedrigen.
Die Episode mit der Blockade und der
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