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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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abends. Dem Boten folgte ein junger Lieutenant, kaum älter als sechzehn, aus Sir James’ Bataillonsstab. Steel wusste, dass der junge Mann ihm nun alles mitteilen würde, was er wissen musste.
    Der Lieutenant war so aufgeregt, dass er sich beim Sprechen verhaspelte. »Das Regiment ist Teil der großen Angriffswelle, Sir. Wir sollen um sieben Uhr vorrücken. In einer breiten Marschsäule, Captain. Sechzehn Bataillone. Fünfzehntausend Mann, alles in allem, müsst Ihr wissen.«
    Zu diesem Zeitpunkt wusste Steel längst, dass ihr Ziel – die St. Andrew- und St. Magdalen-Abschnitte der Festung – unter dem Dauerbeschuss der großen Belagerungsgeschütze gelitten hatte. Die Grenadiere würden im Schritttempo vorrücken und den Feind in den Breschen der Verteidigungsanlagen angreifen. Diesmal sollte es kein Himmelfahrtskommando sein, zumindest waren sich die Generäle in diesem Punkt einig. Steels Kompanie bildete die Vorhut beim Angriff – ein Frontalangriff auf eine hartnäckig verteidigte Stellung.
    Eigentlich sollte es keine zum Tode verdammte Vorhut geben – die forlorn hope , wie es im Militärjargon hieß –, aber Steel wusste, dass seine Grenadiere im Grunde genau das waren: Eine zahlenmäßig hoffnungslos unterlegene Stoßtruppe, die geradewegs in den Höllenschlund geschickt wurde. Da war es auch nicht von Bedeutung, dass die Generäle an die Übermacht ihrer Belagerungsgeschütze glaubten. Steel hatte Angriffe dieser Art schon viele Male erlebt.
    Mit einem Seufzer zog er den Degen und prüfte die Schärfe der Schneide mit dem Daumen.
    Von links wehte Trommelwirbel heran.
    Steel schaute zu Hansam. »Wie spät hast du’s, Henry?«
    Hansam warf einen Blick auf seine geliebte Sprungdeckeluhr. »Dreißig Minuten nach der vollen Stunde, Jack. Es wird Zeit.«
    Steel nickte. Also dann. Wieder einmal würden sie das Schicksal herausfordern. Für Königin Anne.
    »Los geht’s, Jungs. Und denkt dran, schön die Köpfe unten halten, als wolltet ihr durch einen Schneesturm stapfen. Bleibt zusammen, wie ich es euch beigebracht habe. Einige von uns werden fallen, Jungs. Aber die meisten, das verspreche ich euch, kommen durch, und dann zeigen wir den Franzmännern, zu was wir fähig sind. Wir stürmen diese verfluchte Stadt. Treten wir König Ludwig in den Arsch, Männer, und jagen wir seinen Grand Marshal zurück nach Paris!«
    Rauer Jubel brandete entlang der Reihen auf. Wieder erklangen die Trommelwirbel, drängender jetzt. Einer der Küchenburschen ging an den Reihen der Männer entlang und schenkte die vorgeschriebene Ration Rum aus, die es vor jedem Angriff gab. Die meisten tranken gierig, und denen, die den Rum ablehnten, wurde die Ration entrissen. Mancher Soldat war heilfroh, wenn er mit leicht benebelten Sinnen in das feindliche Feuer vorrücken durfte. Einer der jüngeren Männer erbrach den Rum und den Rest seiner Frühmahlzeit auf den Boden des Grabens.
    Slaughter fluchte. »Was für eine Verschwendung, Mann! Cochrane, du dreckiger kleiner Wicht, du wirst die Sauerei aufwischen, wenn wir zurück sind.«
    »Ja, Sergeant. Danke, Sergeant.«
    Ein Lachen und Prusten ging durch die Reihen.
    »Das reicht jetzt, Jungs! Augen nach vorn! Offizier anwesend.«
    Steel nickte den Männern und Slaughter zu. »Fertig, Sergeant?«
    »Könnte nicht besser sein, Sir. Hoffe, die Kanonen haben ganze Arbeit geleistet.«
    »Die Generäle scheinen dieser Ansicht zu sein. Und wem können wir sonst vertrauen?«
    Plötzlich wurde der Erdboden von einer gewaltigen Explosion erschüttert. Sofort duckten die Männer sich, richteten sich dann aber ebenso schnell wieder auf, um sich einen Überblick zu verschaffen. Jenseits der matschigen Ebene, in der äußeren Mauer der ersten Befestigungsanlage, waberte eine Wolke aus Staub und Dreck in den Himmel.
    »Verdammt, Sergeant!«, rief einer der jüngeren Kameraden. »Was war das denn?«
    »Das, meine Junge, war ein Stollen der Mineure. Einer von unseren Mineuren, zum Glück. Sieh’s dir genau an, Hooper. Das sieht man nicht alle Tage. Und merk dir die Stelle gut, denn da müssen wir hin.«
    Die Männer reckten die Hälse, um einen Blick über die Brustwehr werfen zu können. Steel kletterte auf die Feuerstufe, denn er rechnete nicht damit, dass die Franzosen unmittelbar nach einer solchen Detonation ihr Artilleriefeuer sprechen ließen. Als Rauch und Staub sich allmählich verflüchtigten, konnte man eine riesige, v-förmige Bresche in der Festungsmauer erahnen. Der Abschnitt war

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