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Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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einem Mal wieder zurück in Oudenaarde und durchlebte aufs Neue, wie die Hannoveraner Kavallerie über die französische Infanterie hereinbrach. Er sah die Reihen der leuchtend bemalten Spielzeugfiguren, die so aufwändig aufgestellt worden waren. Und dann lief noch einmal das Blutvergießen vor seinem geistigen Auge ab. Hier auf dem Tisch jedoch floss kein Tropfen Blut, als die beiden Einheiten aufeinanderprallten.
    In Malbecs Stimme lag ein Hauch von Verärgerung. »Also dann, so sei es. Ihr habt Feindberührung. Gut gemacht, Captain. Ich gebe zu, dass Ihr mich überrascht habt. Aber schauen wir, was das Schicksal noch für uns bereithält.«
    Steel würfelte. Eine fünf.
    Malbec schüttelte den Kopf. »Aha, was sein muss, muss sein. Ihr habt die ersten Reihen meiner Infanterie vernichtet. Ihr seid durchgebrochen, Captain. Meinen Glückwunsch. Meine Infanterie wird aufgerieben.«
    »Ihr seid erledigt, Malbec. Eure gesamte rechte Flanke gerät in Unordnung. Ihr solltet Euch ergeben.«
    »Mag sein. Aber ich denke, nein. Seht her, was es hier noch aufzubieten gibt. Ich rücke mit meiner frischen Kavallerie vor, die hinter den Linien wartet, stürme und nehme es mit Euren erschöpften Dragonern auf. Dann seid Ihr sogar in der Unterzahl, Captain Johnson. Zwei Würfel …«, er würfelte eine Sechs und eine Fünf, »… et voilà! Keine englischen Dragoner mehr. Ich bin ein rücksichtsloser Gegner, nicht wahr? Ich kenne keine Gnade.«
    Steel beobachtete, wie er die Miniatur-Truppen bewegte, schüttelte den Kopf und lächelte. »Sehr clever. Aber Ihr seid in eine Falle gelaufen, Major. Habt Ihr meine Geschütze denn nicht gesehen?« Malbecs Miene verdüsterte sich. »Zwei Batterien«, fuhr Steel fort, »die Kartätschen aus einer Entfernung von fünfzig Yards abfeuern. Ich denke, da werde ich die Würfel wohl kaum bemühen müssen.«
    »Wisst Ihr was, Captain? Ich habe Eure Geschütze sehr wohl gesehen, aber ich hätte nie gedacht, dass Ihr das tun würdet. Ihr feuert aus kurzer Distanz auf meine Pferde, geradezu kaltblütig. Das ist nicht das Werk eines Engländers. Jemand, der an Fairness denkt, tut so etwas nicht.«
    Wieder stutzte Steel. Ein Engländer? Malbec beliebte wohl, mit ihm zu spielen.
    »Ihr vergesst, dass ich Ire bin, Major.«
    »Tut mir leid. Natürlich. Es liegt wohl daran, dass wir Englisch sprechen. Und jetzt werde ich mit meiner Infanterie auf Eure Geschützmannschaften feuern. Und das war’s dann.«
    »Das könnt Ihr nicht so einfach. Ihr würdet durch die Reihen Eurer eigenen Kavallerie feuern.«
    »Nun, sie haben ihren Zweck erfüllt.«
    Steel starrte Malbec an. »Das widerspricht allen Prinzipien des Krieges.«
    »Captain, Ihr werdet doch nicht mehr auf der Grundlage von Prinzipien kämpfen? Wie englisch von Euch! Verzeihung, irisch.«
    »Das gebietet Eure Verantwortung, die Ihr als Kommandeur habt«, stieß Steel zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Malbec lachte. »Verantwortung? Ich beweise doch nur aufs Neue, dass man im Spiel des Krieges keiner Seele vertrauen darf. Meint Ihr nicht auch, Captain? Insbesondere wenn man sich im Herzen der feindlichen Kriegsmaschinerie befindet, so wie Ihr.«
    Steel entdeckte einen selbstzufriedenen Zug um Malbecs Mundwinkel. Das überlegene Lächeln des Majors sprach Bände. »Wie lange wisst Ihr es schon? Wer ich wirklich bin, meine ich.«
    »Oh, noch gar nicht so lange«, erwiderte Malbec. »Und ich muss sagen, ich bin erfreut. Wisst Ihr, gleich bei unserer ersten Begegnung habe ich mir den Kopf zerbrochen, wo ich Euch schon einmal gesehen haben könnte. Und was Eure Unterkunft anbelangt – nun, wir haben hier keine Geheimnisse in Les Invalides.«
    In Steels Kopf arbeitete es. Rasch schaute er sich in dem Raum um. Noch hatte er seinen Degen. Es gab nur eine Tür, vor der ein Wachposten stand. Sie befanden sich im zweiten Stock; also war es zu hoch, um aus dem Fenster zu springen, ohne sich zu verletzen. Außerdem vermutete er, dass Malbec weitere Wachen hatte rufen lassen. Er kam zu dem Schluss, dass er noch auf seine Gelegenheit zur Flucht warten musste.
    Malbec drehte einen kleinen Soldaten in der Hand und fuhr unbekümmert fort: »Ja, wo könnte ich Euch gesehen haben? Genau das habe ich mich gefragt. Immer und immer wieder bin ich in Gedanken sämtliche Begegnungen durchgegangen, die ich im Verlauf der letzten Jahre mit den Iren hatte. Und so fragte ich mich, wart Ihr vielleicht in England, als Gefangener?«
    Während Malbec seine Gedankengänge

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