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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Generation Doof
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Kirche: Eigentlich glauben wir nicht an den ganzen Krempel oder sind nur Hobby-Gläubige, die lediglich wegen der Hochzeit in Weiß und der Geschenkeflut an christlichen Feiertagen noch in der Kirche sind. Wenn uns je-doch etwas Schlimmes widerfährt und der Beistand einer höheren Macht gefragt ist, fangen wir plötzlich an zu beten wie wild. So geht es uns auch mit Erziehungsprofis, über die wir gerne läs tern, deren Hilfe wir aber einfordern, sobald es brenzlig wird und wir selbst nicht weiterkommen. Dann besinnen wir uns plötzlich auf Sprichwörter wie das aus Afrika stammende: »Für die Erzie hung eines einzigen Kindes braucht es ein ganzes Dorf.« Das heißt ins Doofe übersetzt: Soll sich doch das Dorf um meine Blagen kümmern, ich komm nicht mehr klar.
    Ein Beispiel dafür ist Das Lehrerhasser-Buch. Die Bekenntnisse einer leidgeprüften Mutter, der Journalistin Gerlinde Unverzagt, trafen die richtige Leserschaft zur richtigen Zeit. Die Generation Doof sprach darauf an wie ein Geigerzähler auf radioaktives Material. Wussten wir’s doch schon immer, dass unsere Kinder überall ungerecht behandelt werden, vor allem in Kita und Schule! Es ist schon seltsam, dass eine ganze Eltern-Nation gerade auf jener Spe zies rumhackt, die sich maßgeblich um die Aufzucht ihrer Lenden-früchte kümmert.
    Kindergärten und Schulen sind heute nämlich häufig die letzten Bastionen von Benimm, Anstand und Wertvorstellungen. Was in den Familien versäumt wird, kann oft nur hier nachgeholt werden. Vollkommen fair, finden die Eltern der Generation Doof, denn schließlich werden die Lehrer und Erzieher ja genau für diesen Job bezahlt.
    Wenn also bei Grubes zu Hause abends mit den Fingern Pizza vor dem Fernseher gegessen wird, dann hat die Kindergärtnerin am nächsten Tag allerhand zu tun. Sie muss Nicole-Claire erst mal beibringen, dass man sich bei einem gemeinsamen Mittagessen mit den anderen Kindern an einem großen viereckigen Brett mit vier Beinen, auch Tisch genannt, versammelt. Klein-Cedrik versteht derweil die Funktionsweise eines Stuhls nicht so ganz, Chi ara-Anna erzählt lautstark vom Frühstücksfernsehprogramm, und Noelle-Kassandra probiert, ob die Gabel nicht auch ins Auge ih-res Tischnachbarn passt. Schaut unsere Erziehtante mal nicht hin, wirft Laura dem Lukas-Alexander flugs den Suppenteller an den Kopf – alles kein Problem, das Kind soll sich schließlich entfalten. Niklas ist derweil mit dem Nachtisch, der eigentlich für alle da war, klammheimlich in eine ruhige Ecke verschwunden. Das kennt er so von zu Hause, da ist er nämlich das einzige Kind und bekommt immer alles, was er will.
    So viel Verziehung wieder zu reparieren ist auf Deutsch gesagt ein Scheißjob und manchmal schwieriger, als auf einer Aktionärs versammlung alle Bedürfnisse der Kleinanleger zu befriedigen. Die Eltern gehen jedoch lieber mit ihrem Unmut über die Erzieher aufs Parkett, als Verständnis für deren Situation zu signalisieren.
    »Meinen Kindern habe ich beigebracht, selbstständig zu den-ken. Wenn dann in der Schule einer kommt, der meint, ihnen et-was sagen zu können, dann sollen sie ruhig zurückschlagen«, meint die zweifache Mutter Sabine Arndt, neununddreißig. Sich nichts gefallen zu lassen ist ja schön und gut, aber wenn Sabines Kinder Ernst machen, erkennen wir deren Kindergartentante demnächst an ihrem schillernden Veilchen.
    Ein wenig mehr Beherrschung und Manieren wären manchmal schon angebracht. Wo kämen wir hin, wenn Kindergärtnerinnen beim Elternsprechtag sagen müssten: »Also irgendwie ist das nicht okay, wenn Noah in meine Tasche uriniert, nur weil ich ihm mal die Meinung gesagt habe.« (Vielleicht würde sie auch nicht »urinie-ren« sagen, sondern ganz ungezwungen »pinkeln«.) Und wenn eine aufgeklärte Mutter darauf antworten würde: »Er hat aber einen gu-ten Grund gehabt.« (Noah hat zu Hause zu hören bekommen, er solle ruhig weiter in ihre Tasche pissen, denn die Erzieherin sei ja nur eine minderbezahlte, schlecht ausgebildete, besserwisserische Zicke.)
    Im günstigsten Fall führt ein solches Verhalten der Eltern zur Respektlosigkeit des Nachwuchses gegenüber Pädagogen, im schlechtesten Fall zu Übergriffen wie dem, der im Mai 2007 in Stuttgart für Fassungslosigkeit sorgte: Ein Junge ging mit einem Messer auf seine Erzieherin los.
Für die Generation Doof gilt: Lehrkörper und Lehrkörperinnen sind immer an allem schuld, sie sind für alles verantwortlich und jeder meint, über ihren Job

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