Stefan Bonner und Anne Weiss
loszuwerden, und, und, und. Der ganze Spaß kostet Geld, und es kommt uns ungeheuer dringlich vor, unsere Bedürfnisse so-fort zu befriedigen.
Dank zielgruppengerechten Werbebombardements steigen un-sere Ansprüche und Begehrlichkeiten mit jedem Tag. Schon bei Kindern drehen sich die täglichen Gespräche auf dem Schulhof um immer extremere Konsumwünsche, egal, ob es um Turnschuhe, Markenklamotten, das neue Nintendo DS oder aktuelle Computerspiele geht. Mama und Papa versuchen den Kleinen jeden Wunsch zu erfüllen, selbst wenn es das finanzielle Budget sprengt.
Bei geburtenschwachen Jahrgängen ist es durchaus verständlich, wenn den wenigen Kindern mehr monetäre Aufmerksamkeit zuteil wird. Wie man wirtschaftet und mit Geld umgeht, lernt der Nach wuchs auf diese Weise aber nicht. Durch den selbstverständlichen Überfluss entsteht eine Anspruchshaltung, die sich im späteren Leben verheerend auswirken kann. Haben wollen, sagt diese Hal tung, und zwar sofort! Im späteren Erwachsenendasein bekommt man immense Probleme, wenn man sich wegen seines finanziellen Unwissens die eigenen großen Wünsche und Träume nicht mehr erfüllen kann. Dann macht sich Konsumfrust breit.
»Das Geld ist nicht weg, es gehört jetzt nur jemand anderem.« André Kostolany Sicher könnte man diesen Frust verhindern, wenn in der Familie von Anfang an mehr über Geld gesprochen würde. Aber die Ver antwortung schieben die Eltern weg, und auch die Schulen übernehmen diesen Part nicht. Im Gespräch mit den Autoren bestätig ten diverse Pädagogen, dass Finanzen und Wirtschaft im Lehrplan deutscher Schulen eher die zweite oder dritte Luftgitarre spielen. Das grundlegende Problem ist für Lehrer, oft das völlige Desinter esse der Schüler an diesen Themen.
»Wenn ich über Wirtschaft und Geld rede, sehe ich in den Gesichtern, dass immer mindestens zwei Drittel der Kinder abschalten«, erklärt Sabine K., Lehrerin an einem Gymnasium in Hessen. Für sie ist klar: Wenn die Eltern ihren Kindern von Anfang an die Wichtigkeit finanzieller Entscheidungen erklären würden, dann hätte das Thema einen anderen Stellenwert.
Aber solange sich nichts an der finanziellen Bildung in deutschen Schulen und vor allem in den Familien ändert, besteht die Gefahr, dass sich große Teile der Generation Doof vorzeitig in die »neue Unterschicht« verabschieden oder sich, statt einem Job nachzugehen, seelisch schon einmal auf ein Leben mit Hartz IV oder auf Altersarmut vorbereiten können.
Das reale Leben und die Fähigkeit, sich darin zurechtzufinden, müssen wieder ernster genommen werden als das scheinbar ver briefte Recht auf die Erfüllung aller Konsumwünsche oder die Le bensflucht in virtuelle Internetwelten wie Second Life. Auch Videospiele wie Die Sims, die Simulation einer Familie, in der man seine Spielfigur optisch nach eigenem Wunsch gestaltet und sich dann ohne weiteren Kraftaufwand daranmacht, das eigene Luxusheim zu bauen, sind für das Gespür, das man für Lebensanstrengung besitzen sollte, nicht gerade hilfreich. Wozu soll man anpacken oder überhaupt aufstehen, wenn alles mit ein bisschen Daumenwackeln vom Fernsehsessel aus zu erreichen ist? Natürlich muss auch im Spiel Geld verdient werden, aber der Aufwand dafür steht in kei nem Verhältnis zur Anstrengung im wirklichen Leben. Da wundert es kaum noch, wenn die Nachbarstochter nach dem Abi und den ersten Absagen auf Bewerbungen heulend zusammenbricht, weil der Besitz des ersehnten Dreier-Cabrio in unerreichbare Ferne gerückt zu sein scheint.
Vielleicht würde es schon helfen, wenn einmal monatlich in Schulen und Familien mit den Kindern über Geld gesprochen würde. Zumindest würde uns das wohl John D. Rockefeller raten, der einmal gesagt hat, es sei »besser, einen Tag im Monat über sein Geld nachzudenken, als einen ganzen Monat dafür zu arbeiten«. Und der Mann kannte sich nun wirklich mit Geld aus.
Die Wiege der Dummheit:
Warum unsere Bildung schlecht ist Wer trägt die Schuld an der mangelhaften Ausbildung und Lebenstüchtigkeit der Generation Doof? Sind es tatsächlich Eltern und Schulen? Oder hat der Unwille, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, etwas mit der gesellschaftlichen Stimmung, dem Zeitgeist, zu tun? »Phlegma ist das Ergebnis der Verhältnisse, die wir heute schon haben«, hat dm-Gründer Götz Werner gesagt, und er hatte recht, denn wir fühlen uns durch unser Umfeld in unse rer Entwicklung gehemmt und machen gerne die »Umstände« in Deutschland für
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