Stefan Bonner und Anne Weiss
Vor allem Wirtschafts-und Geldmaga zine sind im Fernsehprogramm auf späten Programmplätzen zur Randgruppeninformation verkommen, genau wie viele andere Bil-dungsprogramme.
Auch die Bertelsmann-Stiftung fand am Beispiel der privaten Alterssicherung in ihrem Vorsorgereport heraus, dass den Deutschen bereits die Beschäftigung mit dem Thema Geld zuwider ist: Nicht einmal jeder zweite der Befragten kannte die Details eines Bausparvertrags, wusste, was im Fall einer Berufsunfähigkeit auf ihn zukommt, oder kümmerte sich um das Kleingedruckte in sei nen Kreditverträgen.
Und das im ehemaligen Wirtschaftswunderland, dem vermeintlichen Hort cleverer Geizkragen! Doch das Desinteresse unserer Generation sitzt tief, weil es bereits früh beginnt: In vielen Familien ist Geld allenfalls ein Randthema. Aus falscher Pietät oder wegen blanken Unwissens legen viele den Begriff »Bankge-heimnis« leider völlig falsch aus. Warum Opa sein Geld einmal im Monat zur Bank bringt, welche Zinsen er auf dem Sparbuch dafür bekommt und wie der Ansparplan aussieht, das hält er mindestens ebenso geheim wie die Alliierten das Datum für die Landung in der Normandie. Vater versteckt seine Fondspapiere noch besser als seine Pornosammlung, und wann und warum man irgendwann einmal anfangen sollte, fürs Alter vorzusorgen, darüber haben wir erst später vor zu reden. Viel später. Beim Sex hat sich die Aufklä- rung bezahlt gemacht; beim Thema Geld packt uns seltsamerweise übermäßige Scham.
Besonders Jugendliche tappen daher mangels besseren Wissens schnell in die Schuldenfalle. In einer Studie für den STERN fand das Institut für Jugendforschung heraus, dass Jugendliche heute so viel Geld zur Verfügung haben wie noch nie – Dreizehn-bis Vier undzwanzigjährige können jährlich im Schnitt 5656 Euro ausgeben. Allerdings sind sie offenbar nur schlecht in der Lage, mit ihrer Barschaft umgehen. Jeder Zehnte steht bei Freunden, Bekannten oder Banken durchschnittlich mit 1551 Euro in der Kreide. Das Geld geht drauf für Klamotten, Fastfood, Spiele, Musik und Filme oder Urlaub. Kostentreiber Nummer eins aber ist das Handy: rund 250 000 junge Erwachsene haben einen Eintrag bei der Schufa – wegen Telefonschulden.
Die Sorglosigkeit im Umgang mit dem Mobiltelefon beginnt früh. Silke, die bei einem großen Konzern arbeitet, der Klingeltöne verscherbelt, erklärt: »Manchmal rufen Eltern bei unserem Kundenservice an, die sich aufgebracht darüber beschweren, dass ihr Kind hundert Klingeltöne heruntergeladen hat. Sie vergessen dabei, wer ihm das Handy gegeben hat, und dass das Kind beim Kauf dreimal bestätigen muss, dass es den Ton auch wirklich ha-ben möchte, der 2,99 Euro kostet.« Das Einschätzungsvermögen, ob etwas teuer ist und ob man sich das wirklich leisten kann, fehlt hier völlig. Erst mal beschweren und die Verantwortung von sich weisen, das kann in keinem Fall schaden.
Doch das wäre der Clou an der Intelligenz: Kinder und Jugendliche sollten bereits von den Eltern oder in der Schulzeit lernen, was sie wissen müssen, um später ihren PC und vielleicht auch noch das eine oder andere Programm dafür bezahlen zu können. Sie sollten lernen, sich selbstständig Gedanken zu machen und sich ein gesun des Urteilsvermögen zuzulegen, damit sich die bösen Überraschungen in Grenzen halten.
Die Generation Doof hat sich in dieser Hinsicht zu lange in Sicherheit gewiegt. Wir sind die Wohlstandskinder, die erste Nach-kriegsgeneration, der es nie an etwas gefehlt hat. Im Gegenteil, alles war immer im Überfluss vorhanden: Strom kam aus der Steckdose, Sprudel aus dem Kasten, und wenn mal etwas kaputtging, gab es gleich Ersatz. Das Geld bekamen Mutti und Vati doch immer von den netten, hilfsbereiten Menschen in der Bank, und arbeiten ge-hen, das machten die doch eher zum Spaß, oder etwa nicht?
All diese Erkenntnisse haben wir verinnerlicht. Doch es wäre gut, wenn wir den Umgang mit Geld etwas ernster nehmen wür-den. Es kann nicht schaden, das Geld, das wir inzwischen selbst verdienen, für besondere Notfälle anzulegen. Aber das ist der Gene ration Doof schon deswegen nicht möglich, weil in unserem Leben ein »Notfall« den nächsten zu jagen scheint: das neue WAP-fähige Handy mit Acht-Pixel-Kamera und Fernsehkarte, das der beste Freund schon hat; der Flachbildschirm, der die Augen schont; die Extensions, die man dringend braucht, weil in dieser Saison wieder lange Haare in sind; die Laserbehandlung, um endlich das Arsch geweih
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