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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Generation Doof
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den Personalleitern im Gespräch vor die Füße geworfen, und die haben den Köder höchst erfreut geschluckt.
    Geholfen hat wahrscheinlich auch, dass Christina ihren Le benslauf vorher ein wenig aufpoliert hatte: Aus den drei Wochen Schüleraustausch in die USA wurde ein einjähriges HighschoolJahr; aus der Japanisch-AG in der Schule wurden »gute Japanisch-Kenntnisse in Wort und Schrift«; und die Tätigkeit als Basketball-Jugendtrainerin funktionierte sie kurzerhand in »die Organisation des Vereinsbereichs Basketball« um, damit Soziales und Führungskompetenz nicht zu kurz kamen.
    Alles nicht völlig erlogen, aber ziemlich geschönt. Warum? »Ers tens muss ich mich besser präsentieren als alle anderen«, erklärt Christina. »Zweitens muss ich ja irgendwie meine Wissenslücken und die fehlende Praxis kaschieren.« Nur so hatte sie eine Chance gegen Mitbewerber, die bereits mehr Berufserfahrung mitbrach-ten.
    Tricksen, Tarnen, Täuschen – die Angehörigen der Generation Doof wären als Bewerber mitunter ein klarer Fall für Vor sicht Falle! , wenn es diese Sendung über Nepper, Schlepper und Bauernfänger noch gäbe. Wer nur mit einem mittelmäßigen Ab schluss die FH oder Uni verlässt, muss sich eben etwas Besonderes einfallen lassen, um an einen Job zu kommen. Viele Nichtskön-ner verschanzen sich daher gerne hinter der Fassade eines High-Potentials. »Das Problem ist, dass manche davon dann auch glau ben, kompetent zu sein«, meint Heinrich Wottawa, Psychologe und Professor an der Uni Bochum, in einem Interview mit dem manager-magazin über die Nichtswisser im Schlaupelz. Wir sind eben so überzeugend, dass wir sogar uns selbst von unserer Dar-bietung täuschen lassen.
    »Wer nur die Hälfte weiß, weiß gar nichts.«
    Capital Viele von uns verlassen als Dipl. Doof den Hörsaal oder als ausgebildeter Zeitvertreiber die Werkhalle und verstehen nicht allzu viel von dem, was sie nun da draußen in der harten Berufswelt sollen. Und wer um seine Schwächen weiß, wird diese stets geschickt tarnen. So wie Christina Lenker gehen daher viele Bewerber ihre Karriere an. Denn eines haben wir aus der Werbung gelernt: Die Verpackung zählt, nicht das Produkt. Über achtzig Prozent der Bewerber sind eine Mogelpackung – sie lügen, dass sich die Balken biegen, haben Psychologen der Universität Massachusetts ermittelt. »Sei einfach du selbst« – diesem Motto folgen nur noch die Dümmsten der Generation Doof und werden bei Daimler, Siemens & Co. schon beim Vorcasting aussortiert. Ehrlich hartzt am schnellsten.
    Von völlig übertriebenen Selbstdarstellungen kann auch die Personalleiterin Cordula Hofer berichten. Gerade um die Top-Jobs in wem Medienunternehmen bewerben sich immer wieder unverfro-rene Schaumschläger. Besonders achtet sie auf Phrasenschleudern, also Menschen, die herausheben, wie »flexibel und teamorientiert« sie sind, dass sie ständig eine »neue Herausforderung suchen« und so »belastbar und engagiert« sind, dass man getrost einen Lkw auf ihnen parken könnte.
»Wenn Sie an einem Interviewtag acht solcher Bewerber durch-schleusen«, erklärt Cordula Hofer, »dann sind Sie am Ende genauso schlau wie vorher. Wer nur die Stellenausschreibung aus wendig herbetet, verrät nichts über seine wahre Persönlichkeit.« Viele Jobsuchende kommen Hofer daher mittlerweile wie billige Abziehbilder vor: Alle können dasselbe, wollen dasselbe und scheinen dieselbe Person zu sein – nur die Haarfarbe ändert sich von Gespräch zu Gespräch. Individualität ist Mangelware geworden.
    Doch die wenigsten stehen wirklich hinter dem, was sie da behaupten. »Ich frage die Bewerber immer, ob sie schnell gelangweilt sind, weil sie ständig neue Herausforderungen suchen«, sagt Cordula Hofer schmunzelnd. »Die meisten kommen dann in arge Er klärungsnot.«
    Besser ist es also, sich erst gar nicht beim Mogeln ertappen zu lassen. Oder man bereitet sich auf Nachfragen so gut vor, dass man dem Personalchef gleich die Breitseite zeigen kann. Christina Lenker hatte sich für ihr Vorstellungsgespräch bestens gewappnet. Auf die Frage, was Flexibilität denn für sie bedeute, hat sie ihrem Wunsch-Brötchengeber erst mal gut ein halbes Dutzend Städte auf-gezählt, in denen sie in den vergangenen zehn Jahren gelebt haben will. Natürlich hat sie auch hier die Wahrheit wieder ein wenig zu ihren Gunsten frisiert: In Hamburg, einem der angegebenen Orte, wohnt beispielsweise ihre Großmutter. Die besucht sie jedes Jahr drei-oder

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