Stefan Bonner und Anne Weiss
die Hälfte von 333?
Bewerber: 150 Rest 1.
Chef: Nennen Sie mir doch bitte drei große Weltreligionen. Bewerber: Christentum, katholisch und evangelisch.
Chef: Nennen Sie mir wenigstens drei skandinavische Länder. Bewerber: Schweden, Holland und Nordpol.
Wer solche Beispiele liest, dem fallen offenbar direkt eigene Erfah rungen dazu ein. So meldet sich auf Pelhams Webseite ein »Jörg« zu Wort: »Das klingt echt sehr realistisch. Ich hatte heute einen Azubi von Saturn im Reisebüro: Er wollte entweder für einige Tage nach Rom, oder vielleicht auch nach Italien. Er hat aber auch schon was von ›diesem schiefen Ding‹ gehört – wäre auch cool. Er meinte den Turm in Pisa. HILFE! Das Schlimme ist eigentlich, dass solche Menschen tatsächlich durchkommen. Und die sollen mal unsere Rente sichern? Leute, sorgt vor, so gut ihr könnt!«
Auch die Personalleiter sind ob der mangelhaften Güte der Bewerber verstört. Der Eignungstest, den diese bei Cordula Hofer ablegen müssen, wurde vor zehn Jahren durchschnittlich mit 90 von 130 möglichen Punkten bestanden. Heute liegt der Durch schnitt bei 50 von 130 Punkten. Mit diesem schleichenden Nie dergang hat sich die Personalleiterin zwangsläufig abgefunden. Was sie allerdings immer noch verzweifeln lässt, sind Anschreiben, die mit der Anrede »Sehr geehrter Herr und Frau Personalbüro« beginnen.
»Wenn es heißt ›dumm fickt gut‹, dann werden wir wohl in ein paar Jahren eine Welt voller Pornodarsteller haben.« Aus einem Internetforum
Es scheint so, als würden sich in Deutschland sehr viele junge Men schen bei »Herrn und Frau Personalbüro« bewerben. Und wenn wir trotz qualifizierten Fehlwissens irgendwann doch einen Job ergat-tern, beginnt das Chaos spätestens im Arbeitsalltag.
Nicht schlecht staunte etwa Peter Kerner, Controller bei einem mittelständischen Automobilzulieferer, über einen seiner Trainees. Kerner hatte zwischendurch mal kurz um die Ecke gemusst. Als er in sein Büro zurückkam, traf ihn fast der Schlag. Der junge Kollege hatte ein Gespräch für Kerner entgegengenommen und erklär te dem Anrufer gerade nonchalant: »Tut mir leid, Herrn Kerner können Sie gerade nicht sprechen, der ist auf dem Klo!« Der junge Mann wurde nicht übernommen.
PR-Berater Norbert Meyer hat bereits die eine oder andere Be gegnung der dritten Art mit uns hinter sich. Er nimmt die Generation Doof trotz der erlittenen Kollateralschäden in Schutz. »Man muss zugeben, dass Etikette und Umgangsformen im Beruf an den Schulen und Unis keine große Rolle spielen«, sagt er. »Daher liegt die Schuld nicht bei den jungen Leuten, sondern bei den Lehrern, Professoren und natürlich bei den Eltern.«
Ein Kurs zum Thema »Umgangsformen im Büro« brächte sei-ner Ansicht nach mehr als die x-te Schulstunde zur Fauna der Tun dra und Taiga oder das zehnte Seminar zur Problematik des frühen Adoleszenzromans. Weniger Verständnis hat Meyer im Gegensatz dazu für ganz alltägliche Schlampereien, die eher auf schlechte Manieren zurückzuführen sind. »Wenn sich am Ende der Woche eine Batterie schmutziger Kaffeetassen auf dem Schreibtisch stapelt, macht das am Montagmorgen beim ersten Kundentermin kei nen guten Eindruck«, sagt er. »Und ich kann wohl von jedem, der hier arbeitet, erwarten, dass er zumindest einmal in der Woche die Spülmaschine ausräumt.«
Tatsächlich fühlen sich die jungen Mitarbeiter in seiner Agentur nur selten genötigt, Hand anzulegen; oft steht Meyer nach getaner Arbeit spätabends selbst in der Büroküche und räumt auf. Ebenso stört es ihn, dass sich aus der Generation Doof wohl niemand mehr um Grußformen schert. In seiner Agentur herrscht ein lockeres Kli ma, ganz trendig ist man per Du. Dass derjenige, der den Raum be tritt, die Anwesenden grüßt, kann man aber dennoch voraussetzen – doch das scheint zu Meyers Praktikanten und jungen Mitarbei tern noch nicht durchgedrungen zu sein. Büroetikette zählt nicht zu ihren vordringlichsten Interessengebieten. Seit ein paar Jahren setzt er daher stärker auf erfahrene ältere Mitarbeiter und macht einen immer weiteren Bogen um die Generation Doof.
Mal ehrlich: Was würden Sie nach solchen Erlebnissen als Unternehmer tun? Richtig: Sie würden Ihre zukünftigen Mitarbeiter wohl mit der Lupe auswählen, aus Angst, den Dummen im Sack einzustellen.
Aus unternehmerischer Sicht ist es oft kostengünstiger, eine Stelle länger nicht zu besetzen, falls sich kein geeigneter Bewerber findet, anstatt mühsam
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