Stefan Bonner und Anne Weiss
eines Redakteurs in seiner Agentur beworben. Zum Aufgabengebiet sollte vor allem das Verfassen von Pressemitteilun-gen und längeren Artikeln für Kundenzeitschriften und Imagebro schüren gehören. Ansätze von Allgemeinbildung wären also keinesfalls von Nachteil gewesen. Um das Eis zu brechen, begann Meyer das Gespräch mit gepflegtem Smalltalk und erkundigte sich nach dem letzten Urlaub der jungen Dame. »Sie erzählte mir dann, dass sie mit ihrem Freund auf Korsika war und dort die Pyrenäen bestie gen hätte«, erinnert sich Meyer und seufzt.
Er ist nicht der einzige Chef, der solche Geschichten erzählen kann. Dass junge Menschen häufig auf die praktischen Anforderungen des Berufslebens nicht vorbereitet sind und auf konkrete Fragen fantasievolle Auskünfte geben, die mit der Realität nichts gemein haben, zeigen auch Gespräche mit Personalchefs großer Unternehmen.
»Viele leben in einer Traumwelt, die mit dem Joballtag nicht vereinbar ist«, bestätigt Cordula Hofer, Personalleiterin bei einem großen deutschen Medienunternehmen. Mit der Generation Doof ist sie bestens vertraut. Jährlich bewerben sich bei ihr Dutzende Stu denten um begehrte Jobs in der kreativen Branche. Hofer hat schon oft miterlebt, wie hart der Aufprall mancher Traumtänzer auf dem Boden der Realität sein kann: Wer das Studium überwiegend zum Ausschlafen genutzt und einen Großteil seiner Freizeit damit ver bracht hat, diese geschmeidig totzuschlagen, kann mit den hohen Anforderungen der Unternehmen nicht mithalten. Viele kommen wie orientierungslose Brummkreisel von der Uni und wissen überhaupt nicht, wo es langgeht. Cordula Hofers Fazit ist verheerend: Bewerbungsmappen ohne Rechtschreib-und Grammatikfehler sind Mangelware, ebenso wie eine gute Allgemeinbildung.
»Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei Wochen einen Job.«
Kurt Beck zu dem Arbeitslosen Henrico Frank Nach der persönlichen Reife vieler Bewerber darf man erst gar nicht fragen. Über ein gepflegtes Äußeres, seriöses Auftreten oder adäquates Ausdrucksvermögen verfügen die wenigsten, viele kom-men sogar zum Vorstellungsgespräch in Jeans und ohne das Blech aus der Nase zu nehmen. Besonders vermisst die Personalleiterin Sekundärtugenden, ohne die es im Beruf eben nicht geht: Pünkt lichkeit, Höflichkeit, Zuverlässigkeit, Zielstrebigkeit oder Durch-setzungsvermögen.
Ein Drittel der Bewerber kommt zu spät zum Bewerbungsgespräch. Einen triftigen Grund, warum sie sich für den angestrebten Beruf entschieden haben, können die meisten nicht angeben. Erfahrun gen wie diese machen viele Chefs. In einer DIHK-Umfrage haben sie ihrem Ärger Luft gemacht. Sie beklagen wie Cordula Hofer die mangelnde Ausbildungsreife der Bewerber. Zwei Drittel der Betrie be vermissen »mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen«, und immer noch mehr als die Hälfte der Firmen klagt über fehlende »elementare Rechenkenntnisse« sowie Leistungsbereitschaft und Motivation.
Wer es nicht glaubt, der kann sich im Fernsehen den filmischen Beweis ansehen. Sendungen wie 37‹ bringen in Beiträgen wie »Schule und dann nix« regelmäßig den Beleg dafür, wie dämlich man sich anstellen kann. Wie schwer vielen der Kampf um den Job fällt, kann man sich in der ProSieben-Dokusoap Deine Chance! 3 Bewerber – 1 Job ansehen. Zwei von drei Bewerbern gebärden sich dabei grundsätzlich so blöd, dass sie von vornherein keine Chance haben.
Darüber hinaus legt auch das Internet Zeugnis darüber ab, wie desolat die Performance der Generation Doof bei Bewerbungs gesprächen und in Einstellungstests ist. Beispielsweise kursieren im Webtagebuch von Moses Pelham, ehedem ein Bestandteil des Rödelheim Hartreim Projekts, Prüfungssituationen der Industrieund Handelskammer, die angeblich tatsächlich so stattgefunden haben. Ein Besucher auf der Webseite ist der Ansicht: »Ob die Teile authentisch sind, kann ich nicht garantieren. Aber wundern würde es mich keinesfalls.«
Chef: Wenn ein Sack Zement 10 Euro kostet und der Preis jetzt um 10 Prozent erhöht wird, wie teuer ist er dann?
Bewerber: Mit oder ohne Mehrwertsteuer?
Chef: Es geht jetzt nur um den Endpreis.
Bewerber rechnet wie wild mit dem Taschenrechner.
Chef: Und?
Bewerber: 11.
Chef: 11 was?
Bewerber: Prozent.
Chef: Sagen Sie mir einfach 10 Euro plus 10 Prozent, wie viel ist das? Bewerber: 10 plus 11 ist 21!
Chef: Dann erklären Sie mir bitte, was ein Dreisatz ist.
Bewerber: Mit Anlauf und dann weit springen.
Chef: Und was ist
Weitere Kostenlose Bücher