Steh dir nicht im Weg
möchte es erahnen, was die anderen von ihm erwarten. Dieses Verhalten setzt sich natürlich auch im Erwachsenenalter fort. Die Einschärfung »Sei nicht wichtig« findet sich bei den ganz unauffälligen Typen, die man kaum wahrnimmt, weil sie sich bevorzugt im Hintergrund |186| aufhalten. Sie hassen es, im Mittelpunkt zu stehen oder gar einmal gefeiert zu werden. Sie wünschen und fordern schon gar nichts für sich. Es fällt ihnen schwer, sich abzugrenzen, und es muss wirklich hart auf hart kommen, bevor sie jemandem eine Bitte abschlagen. Kämpferisch erlebt man sie höchstens, wenn sie als Robin Hood für die anderen streiten. Wenn es um die gerechte Sache eines anderen geht, sind sie sogar bereit, eigene Nachteile in Kauf zu nehmen.
Beispiel: So erging es einer Teilnehmerin, die sich sehr für Asylsuchende engagierte. Für ihre Schützlinge kämpfte sie wie eine Löwin, und sie war auch sehr erfolgreich darin, den Asylanten Jobs zu verschaffen – da konnte sie mit Engelszungen reden. Nur für sich selbst fand sie keine Stelle, weil sie es partout nicht fertig brachte »sich anzupreisen«, wie sie es nannte. Das innere Verbot, einmal ihre eigenen Fähigkeiten in den Mittelpunkt zu stellen, war einfach zu groß.
Die Bedeutsamkeit der eigenen Person kann mit einer ganzen Reihe automatisierter negativer Gedanken immer wieder heruntergespielt werden:
Ich darf nicht so egoistisch sein.
Was ich denke, ist doch eigentlich gar nicht wichtig.
Was ich zu sagen habe, interessiert eh keinen.
Ich hasse es, wenn alle auf mich schauen, denn sie finden mich bestimmt unmöglich.
So im Mittelpunkt zu stehen, ist einfach nur peinlich.
Sei bloß still, sonst blamierst du dich noch.
Ich müsste mich viel mehr um x, y und z kümmern.
Ich sollte meine Frau/meinen Mann/meine Eltern/meine Kinder (die Liste kann beliebig verlängert werden) mehr unterstützen.
Ihn/sie jetzt auch noch um Hilfe zu bitten, wäre wirklich eine Zumutung.
|187| Jemand, für den alle anderen immer am wichtigsten sind, tut sich sehr schwer damit, Nein zu sagen. Die Forderungen der anderen haben Priorität, denn:
Für den anderen ist das jetzt so wichtig, da muss ich mich mal zurückstellen.
Ich kann ihn in der schwierigen Situation doch nicht hängen lassen.
Das kann ich nicht verantworten, ihm das zu verweigern, was soll er denn von mir denken?
Wenn ich Nein sagen würde, wäre er bestimmt stinksauer, das halte ich nicht aus.
Wenn ich ablehne, will sie bestimmt nie wieder etwas mit mir zu tun haben.
Wenn ich nicht mithelfe, hält man mich für arrogant.
Aber wenn es darum geht, etwas für sich selbst zu fordern, wird der Mensch mit der »Sei nicht wichtig«-Einschärfung durch negative Gedankenmuster blockiert. Ähnliche Gedanken wie die folgenden könnten sich zum Beispiel einstellen, wenn es darum geht, ein Gehaltsgespräch zu führen:
Das steht mir gar nicht zu.
Was wäre denn, wenn jeder so etwas fordern würde – das kann man doch nicht machen.
Was ich da will, ist ja eigentlich gar nicht wichtig.
Man würde mich für gierig und unbescheiden halten, wenn ich das verlangen würde.
Einfach frech zu sagen, was ich will, ist ein unmögliches Benehmen.
Auch wenn man als Jobsuchender oder als Selbstständiger eigentlich darauf angewiesen ist, »sich gut zu verkaufen«, hat man mit dieser Einschärfung sehr schlechte Karten:
|188| Wenn ich das alles erzähle, hält man mich doch für einen Angeber.
Jetzt übertreibe bloß nicht, wenn du aufzählst, was du schon alles gemacht hast.
So toll ist das jetzt auch wieder nicht, da haben andere wahrscheinlich bedeutend mehr drauf.
Auf das bisschen, was ich kann, brauche ich mir wahrhaftig nichts einzubilden, verglichen mit anderen ist das gar nichts.
Ich hasse es, mich so anpreisen zu müssen.
Wenn man selbst glaubt, gar nicht wichtig zu sein, hat man der eigenen Ansicht nach auch kein Anrecht darauf, sich einmal etwas ganz Besonderes zu gönnen, auch wenn man noch so gern möchte:
Was sollen denn die Leute von mir denken?
Damit sehe ich aus wie ein Angeber.
Das wirkt ja, als wollte ich um jeden Preis auffallen.
So etwas Schönes habe ich eigentlich gar nicht verdient.
Das ist eigentlich viel zu fein für mich.
Passt das überhaupt zu mir?
Leistet man sich trotzdem das schicke Outfit, das teure Auto, den exklusiven Schmuck oder das Designermöbel, zahlt man mit dem schlechten Gewissen und legt noch Zins und Zinseszins drauf.
Denk nicht
Die Einschärfung »Denk nicht« ist paradoxerweise besonders bei sehr
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