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Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Titel: Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicia Englmann , Rola El-Halabi
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Region stammten.
    Wenn hier ein Sponsor 2000 Euro gibt, ist das für ihn und für mich viel, aber für 2000 Euro brennt über dem Ring noch nicht eine einzige Glühbirne. Doch höhere Einzelbeträge waren damals kaum einzuwerben. Daher war das Eintrittsgeld der Zuschauer besonders wichtig. Mit dem Erwin-Scharff-Haus mieteten wir vorsichtshalber keine allzu große Halle. Dass sie innerhalb von vier Wochen ausverkauft war, überraschte mich selbst – erleichterte mich einerseits natürlich, steigerte andererseits aber auch den Druck. Jetzt musste ich den vielen Zuschauern ja auch etwas bieten und ihre Erwartungen an meinen Kampf erfüllen.
    Obwohl das Training sehr gut lief und ich mich sehr fit fühlte, blieb der Stress mit der Vorbereitung. Nach jedem Training hatte ich eine Liste mit Organisatorischem abzuarbeiten. Hier eine Mail schreiben, da ein Sponsorengespräch, dort noch einen Brief schicken. Optimal war diese Vorbereitung nicht, denn abgesehen von meinen Anstrengungen für meine körperliche Fitness hatte ich auch ständig mit dem Stress durch das Organisieren der Veranstaltung zu kämpfen – und ich war tief in meinem Inneren noch das Sensibelchen, das ich schon immer gewesen war. Die Rola, die in der Schule gehänselt worden war.
    Doch plötzlich hing mein Foto gefühlt an jeder Ulmer Litfaßsäule, an jeder Brücke. Auf einmal erkannten mich fremde Leute auf der Straße und sprachen mich an. Es gab sogar Artikel über mich in der Zeitung. Es war für mich, als würde die halbe Stadt mich beobachten, und damit hatte ich nicht gerechnet. Ich musste daher, außer mich auf Loly Muñoz einzustellen, auch damit fertig werden. Weil die Leute durchwegs positiv auf mich reagierten, gelang es mir. Niemand sah mich schief an, weil ich Boxerin war, obwohl ich das im Stillen befürchtet hatte. Jeder, der auf mich zukam, sprach mir Mut zu und motivierte mich auf seine ganz eigene Art und Weise. Dafür war ich sehr dankbar.
    Das Chaos wurde aber nicht kleiner, je näher der Kampf rückte, sondern größer. Es gab so viel zu tun, dass auch ich mitanpacken musste, statt mich wenigstens in den letzten Tagen nur auf den Sport und die Gegnerin konzentrieren zu können. Am Tag vor dem Kampf lief ich durch die Halle und klebte 1000 kleine Nummernschildchen auf 1000 Stühle. Drei Stunden vor dem Kampf stand ich an der Kasse und gab die bestellten Eintrittskarten aus, weil unsere Kassenkraft damit überfordert war. Aber das kannte ich ja von zu Hause, von unserer KFZ-Firma oder aus dem Restaurant – ich musste immer mitanpacken, immer vieles gleichzeitig schaffen, und am wohlsten fühlte ich mich ohnehin, wenn ich wichtige Aufgaben selbst erledigte. Ich wies also die Kassenkraft noch einmal ein, obwohl ich mich jetzt eigentlich in der Kabine endlich mental hätte auf den Kampf vorbereiten wollen.
    Von meinen Gedanken her war ich in diesem Moment eher Veranstalterin als Leistungssportlerin. Mir schwirrte im Kopf herum, ob die Ehrengäste auch richtig saßen, ob die Stühle alle richtig aufgestellt waren, ob das Licht passte. Ich wollte all diese Leute, die an mich glaubten, einfach nicht enttäuschen, ihnen einen guten Kampf bieten. An meine Gegnerin dachte ich dabei nicht, auch nicht daran, dass ich in wenigen Stunden vielleicht Weltmeisterin sein konnte. Auch nicht daran, dass der Sieg der Lohn für die vergangenen 18 Jahre wäre. An diesem Abend wollte ich für die Gäste einen guten Kampf liefern und nicht für mich gewinnen. Eigentlich tat mir das gut, denn wenn ich nur an meine Leistung und an mich gedacht hätte, wäre ich womöglich zu verkrampft gewesen. So konnte ich letztlich in den Ring steigen und den Ereignissen einfach ihren Lauf lassen.
    Als ich in die Halle einlief, überraschte mich die gewaltige Atmosphäre. Ich trug meinen Mantel mit den silbernen Pailletten, die Leute jubelten mir zu, Standing Ovations. Ich bekam Gänsehaut, und als ich oben im Ring stand, dachte ich mir: »Das ist echt cool.«
    Die erste Runde lief bombastisch gut für mich. Zweite Runde, dritte, vierte, fünfte, sechste – alles super. Ich führte und dachte schon, dass der Abend perfekt würde. Und dann kam die siebte Runde. Da gab mir Loly richtig einen auf die Nase. Den Schlag hatte ich einfach nicht kommen sehen. Meine Nase war schon immer meine Schwachstelle; ich bekomme schon Nasenbluten, wenn mir nur zu heiß ist. Ich kassierte also den Treffer, und meine Nase blutete. Nicht nur ein bisschen, sondern wie ein Wasserfall. Und

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