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Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Titel: Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicia Englmann , Rola El-Halabi
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Boxen ist einer gegen einen, und dadurch ist es eine der ehrlichsten Sportarten, die ich mir vorstellen kann. Einer ist besser, einer gewinnt – so sollte es sein.
    Durch das ganze Drumherum wird dieser Sport aber kaputt gemacht. Es gibt viel zu wenig Transparenz, bei den Kämpfen und auch sonst. Allein, dass es 20 Box-Weltverbände gibt, ist verwirrend genug. Die erfolgreichen Boxer sehen schon aus wie Weihnachtsbäume, weil es so viele Weltmeistergürtel gibt. Und da soll der durchschnittliche Fernsehzuschauer nicht skeptisch werden, wenn er wieder einmal einen Titelkampf sieht? Soll nicht denken, dass das ein abgekartetes Spiel ist? Dass da jemand unbedingt Weltmeister werden soll, um etwas mehr zu verdienen, und schon vor dem Titelkampf ausgemacht ist, wer gewinnt? Die vielen Verbände und Titel entwerten letztlich die Weltmeisterschaft eines Einzelnen, denn es scheint, als könnte sich bald jeder irgendeinen Gürtel umhängen. Wer soll sich da noch auskennen? Beim Fußball gibt es einen Weltmeister und fertig. Das ist sportlich.
    Mein Vater und ich mussten einen anderen Weg gehen als den über die Boxställe und Verbände. Weil ich ohne Geschichte und Geld nicht bei einem großen Boxstall unterkam, der mich dann promotet und unterstützt hätte, mussten wir alles selbst machen. Ich wollte mich trotzdem ganz auf meinen Sport konzentrieren, so als wäre ich bei einem großen Boxstall, daher erledigte mein Vater alles andere. Es waren mit ihm immer etwa fünf, sechs Leute im Hintergrund, die mir – teilweise ehrenamtlich – viel abgenommen haben; aber eben auch die eigenen Entscheidungen. Die traf mein Vater für mich.
    Die Selbstständigkeit und der Erfolg, den wir gemeinsam hatten, schweißten uns natürlich zusammen. Wir waren ein großartiges Team, und wir waren zusammen erfolgreich. Statt mich, wie jede andere erwachsene Frau, von meinem Vater zu lösen und auf eigenen Beinen zu stehen, band ich mich nun nicht nur privat, sondern auch professionell immer enger an ihn.
    Doch kann ich stolz sagen: Ich bin eine Selfmade-Weltmeisterin. Alles habe ich mir selbst erkämpft. Im Ring. Wir hatten nicht genug Geld, um zu versuchen, die großen Verbände zu schmieren oder eine weitgehende Imagekampagne zu fahren. Es gab keine Strategie, um mich, Rola, als Marke aufzubauen. Wir hatten schon genug mit den Details zu tun. Wenn wir einen Kampf organisierten, mussten wir alles selbst auf die Beine stellen, von der Lampe über dem Ring über den Kartenverkauf bis zur Endreinigung der Halle. Wir mussten als El-Halabi Boxing auch die gesamte Finanzierung eines solchen Events schultern, die Bezahlung der Gegnerin und die Bezahlung der Verbände inklusive. Profiboxen ist ein Geschäft, da wird einem nichts geschenkt, auch dann nicht, wenn man aus eigener Kraft Weltmeisterin geworden ist. Aber umso besser fühlt es sich an, wenn man es geschafft hat.

Brennen
    Ich bin Rola, die brennt. Ich weiß, wofür ich trainiere, warum ich mir das alles antue. Nicht für meinen Vater oder für meinen Trainer, oh nein, für mich tue ich das alles. Für dieses großartige Gefühl, da oben im Ring zu stehen. Als Siegerin.
    Das ist meine Motivation. Der Lohn für alle Mühen. Ich brauche mich nach dem Training nicht selbst mit Schokolade oder einer neuen Tasche oder sonst was zu belohnen, ich brauche nur an dieses Gefühl zu denken, dann geht das Training weiter. Immer wenn ich mal keinen Bock habe, überlege ich: Wenn ich jetzt weitermache, dann kann ich dieses Gefühl wieder haben.
    Dabei geht es nicht um den fetten WM-Gürtel, den ich mir umschnallen kann. Es ist nur dieser eine Moment. Meine Motivation ist immer das Gute, das am Ende dabei herauskommt. Das ist im Leben genauso. Ich denke ja nicht: »So, jetzt bringe ich den Müll raus, und wenn das erledigt ist, darf ich mir einen Kaffee machen.« Ich sage mir: »Wenn ich den Müll rausbringe und die Wohnung putze, riecht es hinterher angenehm.«
    Mein Trainer Jürgen Grabosch weiß das, aber er weiß auch, wie er mich ansprechen muss, damit ich wirklich noch das Letzte aus mir heraushole, wirklich alles gebe. Wie ich mich danach fühlen werde, ist mir klar, wie ausgelaugt ich bin, wenn ich wirklich Vollgas gegeben habe. Er braucht mich nicht anzuschreien, aber er ist ein Mensch, der sowieso nie laut wird. Es ist der Ton, den er anschlägt, der mich motiviert. Weil ich ihn so lange kenne, merke ich an seinem Ton sofort: »Aha, jetzt ist er gerade unzufrieden, weil ich etwas nicht so

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